Untersuchung am Fachbereich Psychologie im Rahmen eines Lehrforschungsprojekts
Um die Wirkung von Persönlichkeitsfaktoren, Qualifikationen, Strategien und Zielbildungen der Unternehmer auf den unternehmerischen Erfolg geht es bei der ersten großen Untersuchung über ost- und westdeutsche Kleinunternehmen (mit einem bis 50 Mitarbeitern), die Prof. Dr. Michael Frese am Fachbereich Psychologie der Justus-Liebig-Universität Gießen durchgeführt hat. Die Unternehmen sind in den Jahren 1990 bis 1992 gegründet worden. Über 200 Unternehmensgründer - davon 102 ostdeutsche und 99 westdeutsche - ,die auch zum Zeitpunkt der Erhebung rechtlich und finanziell dem Einzelunternehmen vorstanden, wurden befragt. Dabei wurden Fragebögen und strukturierte Interviews im Detail eingesetzt. Auch die Mitarbeiter der Unternehmen haben einen kurzen Fragebogen ausgefüllt. An der Untersuchung aktiv beteiligt waren Studierende des Fachbereichs im Rahmen eines Lehrforschungsprojekts. Das Projekt wurde gefördert durch das Landesschwerpunktprogramm Hessen-Thüringen.
Im folgenden werden einige wichtige Ergebnisse aus dem Projekt "Psychologische Erfolgsfaktoren bei kleineren Unternehmen" zusammengefaßt (vgl. das gerade erschienene Buch Frese, M. (Hrsg). Erfolgreiche Unternehmensgründer: Psychologische Analysen und praktische Anleitungen für Unternehmer in Ost- und Westdeutschland. Göttingen: Verlag für Angewandte Psychologie).
Zufriedenheit und Arbeitssituation
Die wichtigsten Ergebnisse zur Zufriedenheit und zur Arbeitssituation der kleineren Unternehmer: Die Unternehmer sind relativ zufrieden mit ihrer Arbeitssituation - mehr als 55% sowohl im Osten als auch im Westen Deutschlands. Die Arbeitszufriedenheit der Unternehmer ist also sehr hoch, und das gilt auch für die Mitarbeiter in den kleineren Unternehmen. Es gibt fast keine unzufriedenen Mitarbeiter in diesen Unternehmen, und das Betriebsklima wird durchgängig als gut oder sehr gut angesehen.
Allerdings sind die Unternehmer relativ wenig zufrieden mit den Banken. Zufrieden sind insgesamt nur 30% mit der Unterstützung, die sie durch die Banken erfahren haben. Eine sehr viel größere Zufriedenheit ergibt sich gegenüber Steuerberatern, Unternehmensberatern oder juristischen Beratern.
Erstaunlich ist es, mit wie wenig Startkapital die meisten Unternehmer angefangen haben. Im Osten Deutschlands haben fast 50% mit einem Startkapital unter DM 10.000 begonnen, im Westen Deutschlands beläuft sich die entsprechende Zahl auf unter DM 50.000.
Unternehmer arbeiten viel und lang. Das Minimalmaß ist fast immer in der Größenordnung von 50 Stunden, etwa ein Drittel der Unternehmer arbeitet sogar über 60 Stunden in der Woche. Man würde nun vermuten, daß darunter die Beziehungen zum Partner/zur Partnerin oder zu den Kindern leiden. Aber nur 13% der Unternehmer geben an, daß sie wegen der Unternehmensgründung zu wenig Zeit mit ihren Kindern verbringen können, und zwei Drittel der Unternehmer sind überzeugt davon, daß ihre Beziehung zum Partner/zur Partnerin aufgrund der Unternehmensgründung nicht gelitten hat.
Staatliche Hilfe hat nur eine Minderheit in Anspruch genommen: 40% im Osten und 20% im Westen. Überraschend ist, daß das durchschnittliche Wachstum solcher Unternehmen, die staatliche Hilfe verwendet haben, geringer ist als das von Unternehmen ohne staatliche Unterstützung. Offensichtlich hat es sich für diese Unternehmen nicht unbedingt rentiert, staatliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen.
Ziele der Kleinunternehmer
Was steht für die Unternehmer im Vordergrund? Was wollen Sie erreichen? Für sie persönlich steht ganz oben und ist ganz besonders wichtig: die Selbstverwirklichung und die Unabhängigkeit. Ein gutes Einkommen ist dann nur drittrangig. Im Sinne der unternehmensbezogenen Ziele interessiert die Unternehmer vor allem, daß sie zufriedene Kunden haben und besser sind als ihre Konkurrenten.
Wachstumsziele: Wachstum als Ziel wird nur von 45% der Unternehmer wirklich angestrebt. Dies ist besonders wichtig, weil Unternehmen, die nicht unbedingt weiter wachsen wollen, auch selten neue Leute einstellen. Obwohl es nur eine Minderheit ist, die wirklich wachsen will, ist das durchschnittliche Wachstum der Mitarbeiterzahlen ansehnlich. Fast 50% der kleinen Unternehmer stellen pro Jahr eine zusätzliche Person ein. Die meisten Unternehmen sind in den letzten Jahren zwischen 25% und 75% gewachsen.
Arbeitslosigkeit vor der Unternehmensgründung und Unternehmenserfolg: Es wird oft argumentiert, daß Unternehmer aus "Not", die sich nur aufgrund drohender Arbeitslosigkeit unabhängig gemacht haben, weniger gute Unternehmer seien. Die Untersuchung zeigt auf, daß dies überhaupt nicht der Fall ist, und daß es keine Rolle spielt, ob man sich wegen drohender Arbeitslosigkeit, wegen Unzufriedenheit mit einer Stelle, wegen der Attraktion, als Unternehmer unabhängig und frei zu sein oder sich selbst verwirklichen zu können, selbständig gemacht hat.
Persönlichkeit
Am wichtigsten für Unternehmer ist, daß sie eine hohe Selbstwirksamkeit, ein hohes Dominanzbedürfnis und eine hohe internale Kontrollüberzeugung haben. Das bedeutet, daß Unternehmer, die sich selbst verantwortlich für ihr Schicksal fühlen, die wissen, daß sie Dinge in den Griff bekommen können und die gerne in einer Gruppe dominieren und auch versuchen, andere Leute zu beeinflussen, besonders viel Erfolg aufweisen. Von den Unternehmern, die hohe Werte auf diesen drei Persönlichkeitsorientierungen aufweisen, gehören 89% zu den sehr erfolgreichen. Hat man nur geringe Werte in diesen drei Bereichen, dann gehören nur 11% von dieser Gruppe zu den erfolgreichen.
Förderung der Mitarbeiter
Besonders erfolgversprechend ist es, die Mitarbeiter zu fördern. Die Unternehmer, die das stark tun, sind zu 72% erfolgreich, solche die das nur in ganz geringem Maße tun, haben nur zu 28% Erfolg.
Nischenorientierung und persönliche Strategie
Im Osten ist es besonders wichtig, eine Nischenorientierung zu haben, viel Werbung zu betreiben und über eine klare betriebliche Zielplanung zu verfügen. 85% der Unternehmer im Osten, die versuchen, eine Nische zu besetzen, die viel Werbung betreiben und diese auch qualitativ genau überprüfen und die genau planen, wie sie im Betrieb vorgehen, sind besonders erfolgreich.
Persönliche Strategie: Damit verbunden ist, daß der Erfolg umso größer ist, je konkreter die Zielsetzungen sind, je mehr man als Unternehmer eine aktive Informationssuche aufnimmt und je mehr man seine eigene Zeit gut managt.
Konsequenzen für die Praxis
Man muß sich genau kennen und ein geschicktes Persönlichkeitsmanagement betreiben. Es geht nicht darum, aufgrund von Persönlichkeitseigenschaften Unternehmer auszuwählen, sondern darum, daß jeder Unternehmer weiß, wo seine Stärken und Schwächen liegen, und daß er entsprechende Strategien fährt, um die Stärken zu unterstützen und die Schwächen auszugleichen. Beispielsweise sollte ein nichtdominanter Unternehmer einen Manager einstellen, dem es Spaß macht, Leute zu beeinflussen, der gerne auch im Verkauf tätig ist. Das sind anscheinend triviale Aussagen, die aber von den meisten Unternehmern und von den meisten Beratern von kleineren Unternehmern noch nicht wirklich umgesetzt werden.
Unternehmer müssen aus Fehlern lernen, sie müssen gut planen, sie müssen ihre Zeit richtig einteilen, und sie müssen eine zielbezogene Strategie entwickeln. Das macht sie erfolgreich. Es ist nicht genug, nur gute Qualität und innovative Produkte anzubieten. Allein das führt nicht zum Erfolg.
Viel zu wenig wird bisher mitbedacht, daß das Management der Mitarbeiter eine wesentliche Quelle für den Erfolg darstellt. Unternehmer, die die Eigenverantwortung und Eigeninitiative ihrer Mitarbeiter fördern, haben sehr viel mehr Erfolg als solche, die das nicht tun.
Kurzum, psychologische Erfolgsfaktoren sind wichtig. Sie sind inzwischen etwas besser bekannt, und ohne sie zu beachten, ist es kaum möglich, als Kleinunternehmer wirklich erfolgreich zu sein.
Kontaktadresse:
Prof. Dr. Michael Frese
Fachbereich Psychologie
Otto-Behaghel-Str. 10F
35394 Gießen
Tel. 0641/99-26220
e-mail: Michael.Frese@Psychol.Uni-Giessen.de
Criteria of this press release:
Economics / business administration, Psychology, Social studies
transregional, national
Research projects, Scientific Publications
German
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