Der Neurologe Dr. Arseny Sokolov und seine Kollegen konnten erstmals nachweisen, dass das Kleinhirn und der Stirnlappen im Großhirn direkt miteinander in Verbindung stehen. Der Tübinger Promotionspreisträger 2012 wurde für diese am Universitätsklinikum Tübingen durchgeführte Arbeit von der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN) mit dem diesjährigen Alois Kornmüller Preis ausgezeichnet.
Die Forschungsarbeit beschäftigte sich vorrangig mit der Beteiligung des Kleinhirns an der visuellen Wahrnehmung von Körperbewegungen. Unter Federführung von Prof. Marina Pavlova, Abteilung für Biomedizinische Magnetresonanz am Universitätsklinikum Tübingen, die seit Jahren international Pionierarbeit auf dem Gebiet der Wahrnehmung von Körpersprache und sozialer Kognition leistet, und in Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik für Neurochirurgie (Ärztlicher Direktor Prof. Marcos Tatagiba), konnten die Neurowissenschaftler zeigen, dass Patienten mit Tumoren in bestimmten Anteilen des linken Kleinhirns entsprechende spezifische Defizite aufweisen (Sokolov et al., 2010).
Diese Befunde wurden durch das bildgebende Verfahren funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRT) bei gesunden Probanden bestätigt, und eine funktionelle Kommunikation zwischen Kleinhirn und der für die Bewegungswahrnehmung wichtigen Regionen im Stirnlappen des Großhirns nachgewiesen (Sokolov et al., 2012).
Bisher ging man allerdings davon aus, dass das Kleinhirn keine direkte Verbindung zum Stirnlappen besitzt. Mithilfe von Diffusion Tensor Imaging (DTI), das als einziges Verfahren in vivo anatomische Verbindungen darstellen kann, fanden nun Dr. Sokolov und seine Kollegen erstmals Hinweise darauf, dass auch eine direkte anatomische Verbindung zwischen beiden Gehirnstrukturen besteht. Die Publikation erschien auf der Titelseite der renommierten internationalen Fachzeitschrift Cerebral Cortex (Sokolov et al., 2014). Die DGKN zeichnete die Arbeit mit dem prestigeträchtigen Alois Kornmüller Preis 2014 aus.
Aufgrund der Bedeutung intakter Verbindungen im neuronalen Netzwerk für die Wahrnehmung von Körperbewegungen und für das Verständnis von Körpersprache und somit für soziale Kognition, können diese Daten für künftige Forschung im Bereich neuropsychiatrischer Erkrankungen wie Autismus richtungweisend werden. „Darüber hinaus ist diese neue neuroanatomische Erkenntnis von möglicher Relevanz für Verständnis und Behandlung neurologischer Erkrankungen wie Schwindel oder Epilepsie, bei denen Kleinhirn und Stirnlappen wichtige Schaltzentralen darstellen“, erklärt Dr. Sokolov. Aktuell konzentriert sich der Tübinger Forscher während einem Auslandsaufenthalt in Lausanne beim international führenden Neurologen Prof. Richard Frackowiak auf Erholungsprozesse nach Kleinhirnschädigung. Mit Erfolg, wie die jüngste Auszeichnung mit dem People’s Choice Poster Award für seine Präsentation beim Kongress der Cognitive Neuroscience Society in Boston beweist.
Referenzen
Sokolov AA, Erb M, Grodd W, Pavlova MA. (2014). Structural loop between the cerebellum and the superior temporal sulcus: evidence from diffusion tensor imaging. CEREBRAL CORTEX 50: 626-632.
Sokolov AA, Erb M, Gharabaghi A, Grodd W, Tatagiba MS, Pavlova MA. (2012). Biological motion processing: the cerebellum communicates with the right STS. NEUROIMAGE 59: 2824-2830.
Sokolov AA, Gharabaghi A, Tatagiba M, Pavlova M. (2010). Cerebellar engagement in an action observation network. CEREBRAL CORTEX 20: 486-491
Medienkontakt
Universitätsklinikum Tübingen
Radiologische Klinik, Abteilung Biomedizinische Magnetresonanz
Professor Dr. Marina Pavlova
Tel. 07071/29-8 14 19
E-Mail: marina.pavlova@uni-tuebingen.de
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Medicine, Psychology
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Personnel announcements, Scientific Publications
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