Für schwerbehinderte Hochschulabsolventen ist es schwierig, einen akademischen Karriereweg einzuschlagen. An der Uni Würzburg hilft hier das Projekt „PROMI – Promotion inklusive“. Vizepräsidentin Barbara Sponholz konnte bereits den zweiten „PROMI“ der Uni begrüßen – Christoph Wendel.
Astrophysiker Christoph Wendel leidet an spinaler Muskelatrophie – auch als „Muskelschwund“ bezeichnet – und promoviert am Lehrstuhl für Astronomie der Universität Würzburg. Wendel wird in den kommenden drei Jahren bei Professor Karl Mannheim arbeiten.
„Ich bin außerordentlich glücklich, dass ich so einen kompetenten Doktoranden gewonnen habe, der mit einer kaum vorstellbaren Gabe ausgezeichnet ist“, sagt Mannheim, der sich als Leiter des Lehrstuhls mit der Beschäftigung des Schwerbehinderten auf Neuland begibt. Wendel sei in der Lage, auch komplexeste Systeme zu analysieren und zu verstehen.
24 Stunden Assistenz täglich
Durch seine Erkrankung ist Wendel jedoch 24 Stunden am Tag auf eine Assistenz angewiesen. Er sitzt im E-Rollstuhl und kann im Wesentlichen nur seinen Kopf bewegen. Diese Einschränkung hält ihn jedoch nicht davon ab, sich wissenschaftlichen Themen zu widmen. „Beim Promovieren ist die geistige ja die Hauptarbeit“, sagt Wendel und ergänzt: „Deswegen ist es eine optimale Aufgabe für mich, weil ich geistig fit bin – nur körperlich sehr eingeschränkt.“
Der Arbeitstitel seiner Promotion lautet: „Erklärung und Modellierung der Hochenergie-Spektren extragalaktischer Gamma-Strahlungsquellen anhand numerischer Simulationen.“ Laut Wendel geht es ihm darum, „die Strahlung von bestimmten Objekten außerhalb der Milchstraße zu erklären.“ Damit in Zusammenhang stehe auch die Untersuchung schwarzer Löcher.
Vergleich mit Stephen Hawking
Dass er aufgrund seiner äußeren Erscheinung manchmal mit dem britischen theoretischen und Astrophysiker Stephen Hawking verglichen wird, spielt für ihn keine große Rolle. „Er ist als Physiker sicherlich ein Vorbild. Aber auch nicht mehr als andere“, sagt Wendel.
Doktorvater Karl Mannheim ergänzt jedoch: „Ich finde, das ist ein gutes Beispiel. Es zeigt, dass Inklusion gelingen kann, dass Menschen mit großen körperlichen Einschränkungen Großartiges leisten können.“
Uni Würzburg als Vorreiter in Bayern
Die Themen Inklusion und Integration werden an der Uni Würzburg immer wichtiger. „Deswegen hat die Universitätsleitung dem PROMI-Vorhaben auch sofort zugestimmt“, sagte Vizepräsidentin Sponholz. Im vergangenen Herbst wurde mit Informatiker Bernhard Schneider der erste „PROMI“ eingestellt. Sponholz hofft, dass körperlich eingeschränkte Menschen in der Zukunft verstärkt den Weg in die Wissenschaft finden. Die Uni Würzburg ist die einzige Universität in Bayern, die sich an dem bundesweiten PROMI-Projekt beteiligt.
Fakten zum bundesweiten Projekt
Im Rahmen von „PROMI-Promotion inklusive“ richten 15 deutsche Unis bis Herbst 2015 insgesamt 45 sozialversicherungspflichtige Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter mit einer Behinderung ein. „Durch diese Art der Anstellung haben die Promovierenden auch einen Rechtsanspruch auf benötigte Hilfsmittel – ein wesentlicher Unterschied zu einem Stipendium“, sagt Christina Stabel vom Arbeitgeberservice Schwerbehinderte Akademiker der ZAV (Zentrale Auslands- und Fachvermittlung) der Bundesagentur für Arbeit.
Das Projekt soll schwerbehinderten Akademikern eine Promotion ermöglichen und somit ihre Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt erhöhen. 70 Prozent der Kosten übernehmen die Projektträger, der Rest liegt bei den Universitäten selbst, im Fall von Wendel beim Lehrstuhl von Karl Mannheim. Weiterer Partner von „PROMI“ ist das Unternehmensforum; das Projekt wird vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) gefördert.
Kontakt
Sandra Ohlenforst, KIS (Kontakt- und Informationsstelle für Studierende mit Behinderung und chronischer Erkrankung), T (0931) 31-84052, kis@uni-wuerzburg.de
PROMI-Promovend Christoph Wendel mit Professor Karl Mannheim (Leiter des Lehrstuhls für Astronomie) ...
(Foto: Marco Bosch)
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