Tagung zur Lehrerbildung nach Herbart vom 2.-4. April an der Universität Jena
Jena (18.03.03) Spätestens nach PISA und den schrecklichen Ereignissen im Erfurter Gutenberg-Gymnasium ist die pädagogische Ausbildung der Lehrer ins Zentrum des öffentlichen Interesses gerückt. Politiker, Eltern, Ausbilder und Schüler fordern Lehrer, die nicht nur gute Fachleute, sondern auch Didaktiker sind. Aufgabe der Lehrer ist es, bei den Kindern Interesse zu wecken, sie durch den Unterricht nicht nur zu bilden, sondern auch zu erziehen und dies durch abwechslungsreiche außerunterrichtliche Angebote wie Wanderungen, Theateraufführungen, Chor oder Fußball zu unterstützen. Aufgabe der Universitäten und Hochschulen ist es, solche Lehrer auszubilden. Diese Forderungen sind zwar aktuell, aber nicht neu. Johann Friedrich Herbart (1776-1841) und die heute fast unbekannten Herbartianer entwickelten bereits die Theorie vom "vielseitigen Interesse" als Ziel des "erziehenden Unterrichts" und vom "Schulleben". Vom 2. bis 4. April findet am Institut für Erziehungswissenschaften der Friedrich-Schiller-Universität Jena ein Kolloquium statt, das sich diesen Aspekten widmet.
Unter dem Titel "Herbartianische Konzepte der Lehrerbildung - Geschichte oder Herausforderung?" nähern sich 30 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aktuellen Fragen der Lehrerbildung aus historischer Perspektive. Ausgerichtet wird die von der SCHOTT JENAer GLAS GmbH geförderte Tagung der internationalen Arbeitsgruppe Herbartianismus vom Lehrstuhl für Allgemeine Pädagogik und Theorie der Sozialpädagogik der Uni Jena.
Die Herbartianer stellten die Pädagogik, die bis dahin hauptsächlich auf Erfahrung beruhte, auf eine wissenschaftliche Grundlage und engagierten sich dafür, dass künftige Lehrer an den Universitäten nicht nur eine fachwissenschaftliche Ausbildung, sondern auch eine pädagogische erhielten. In Analogie zur Ausbildung der Mediziner, die ihr Können nicht nur in Vorlesungen und Seminaren, sondern auch am Krankenbett erwerben, forderten sie die Einrichtung von Universitätsübungsschulen für die praktisch-pädagogische Lehrerbildung. Zwei der wichtigsten Herbartianer, Karl Volkmar Stoy (1815-1885) und Wilhelm Rein (1847-1929), lebten in Jena und leiteten hier eine Universitätsübungsschule.
Die Herbartianer gerieten zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Ost und West in Vergessenheit. Die Reformpädagogen lösten sie in den 20er Jahren ab. Mit dem historischen Abstand von heute lässt sich allerdings konstatieren, dass so einiges, was sich reformpädagogisch nennt, eigentlich herbartianisch ist. "Manch ein historischer Pädagoge sieht sogar die Wurzeln des Projektunterrichts im Herbartianismus", unterstreicht die Jenaer Tagungsorganisatorin PD Dr. Rotraud Coriand, die die am Lehrstuhl von Prof. Dr. Michael Winkler angesiedelte Herbartianismus-Forschungsstelle leitet.
Auf dem Programmheft des Kolloquiums ist die Zeichnung eines Stoy-Studenten mit dem Titel "Pädagogische Schwimmanstalt Jena" abgebildet. Sie zeigt die ins kalte Wasser springenden studentischen Lehrer. Nicht alle machen dabei eine gute Figur, einer muss gar aus der Umkleidekabine gezerrt werden, andere haben sichtlich Spaß. Stoy steht mit einer Schwimmmeister-Stange am Beckenrand und passt auf, dass keiner ertrinkt. "Geschichte oder Herausforderung?" - dieser Frage stellen sich die zwölf Referenten aus dem In- und Ausland während der Jenaer Tagung. "Natürlich wird auf internationalen Kolloquien an Universitäten keine Bildungspolitik gemacht, es können aber Denkanstöße von ihnen ausgehen", merkt Prof. Winkler dezent an, was er sich von der Tagung erhofft. Die Beiträge sollen daher auch publiziert und so der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Kontakt:
Prof. Dr. Michael Winkler / PD Dr. Rotraud Coriand
Institut für Erziehungswissenschaften der Uni Jena
Carl-Zeiß-Platz 1, 07745 Jena
Tel.: 03641 / 945311 oder 945315
E-Mail: Michael.Winkler@uni-jena.de / src@uni-jena.de
http://www2.uni-jena.de/erzwiss/herstart.html.
Satire: Der Herbartianer Karl Volkmar Stoy betätigt sich als Bademeister in der Universitätsübungssc ...
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History / archaeology, Teaching / education
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German
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