idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
10/16/2014 00:01

Informativer Toilettengang

Dr. Susanne Diederich Stabsstelle Kommunikation
Deutsches Primatenzentrum GmbH - Leibniz-Institut für Primatenforschung

    Emily liebt Paul, Nazis raus, Gib AIDS keine Chance und schließlich Sanifair – Gute Reise: Informationsaustausch in öffentlichen Toiletten ist weit verbreitet. So auch bei den Weißfuß-Wieselmakis, die anstelle von Schrift Duftmarken nutzen, um sich ihren Artgenossen mitzuteilen. Iris Dröscher und Peter Kappeler vom Deutschen Primatenzentrum haben in ihrer jetzt veröffentlichten Studie festgestellt, dass der auf Latrinenbäumen abgegebene Urin dazu dient, Kontakt zu Familienmitgliedern zu halten und Eindringlinge zu warnen. Latrinen sind für nachtaktive Tiere, die nicht im engen Kontakt zueinander leben, verlässliche Informationsquellen und dienen der sozialen Bindung der Tiere untereinander.

    Die Nutzung von Latrinen, also speziellen Orten zur Ausscheidung von Exkrementen, ist im Tierreich durchaus verbreitet. Da bislang jedoch unklar war, warum gerade Primaten dieselben Latrinen immer wieder benutzen, haben die DPZ-Wissenschaftler dieses Phänomen nun bei den Weißfuß-Wieselmakis (Lepilemur leucopus) in Süd-Madagaskar untersucht. Sind sie ein Hinweis an andere, dass dieses Gebiet oder dieser Partner verteidigt wird? Oder zeigen sie an, ob ein Weibchen fruchtbar ist? Dienen sie vielleicht dem Informationsaustausch und der sozialen Bindung innerhalb einer Gruppe? Um diese Fragen zu beantworten, haben die Forscher untersucht, wo genau sich die Latrinen befinden und ob diese zu verschiedenen Jahreszeiten oder von Individuen verschiedenen Alters und Geschlechts unterschiedlich genutzt werden. Dafür haben Iris Dröscher und Peter Kappeler 14 Weißfuß-Wieselmakis mit Radiosendern markiert und ihr Verhalten über den Zeitraum eines Jahres beobachtet. Insgesamt kamen dabei über 1000 Beobachtungsstunden zusammen.

    Verbundenheit dank Latrine

    Weißfuß-Wieselmakis sind nachtaktive Baumbewohner, die ausschließlich im Süden Madagaskars vorkommen und zu den sogenannten Lemuren gehören. Jede Familie, die aus den Eltern und ihrem Nachwuchs besteht, bewohnt zwar ein eigenes Gebiet, allerdings gehen sich die Familienmitglieder meist aus dem Weg, weder schlafen Wieselmaki-Paare auf denselben Bäumen noch gehen sie gemeinsam auf Futtersuche. Etwas hat die Familie aber gemeinsam: zentral im Territorium gelegene Latrinenbäume, welche die Tiere gezielt immer wieder aufsuchen um dort ihre Notdurft zu verrichten. Iris Dröscher und Peter Kappeler haben herausgefunden, dass die Latrinen dazu dienen, die Vertrautheit und die soziale Bindung zwischen den einzelnen Mitgliedern einer Wieselmaki-Gruppe aufrecht zu erhalten, da diese sonst nur sehr wenig Kontakt zueinander haben. Die Duftsignale werden vor allem über den am Baumstamm befindlichen Urin aufgenommen, während der sich am Boden des Latrinenbereiches akkumulierende Kot nicht wesentlicher Bestandteil des Informationsaustausches ist.

    Botschaft: Mein Weibchen wird verteidigt!

    Auffällig war, dass männliche Tiere öfter die Latrinen aufsuchten, wenn sie einen Eindringling in ihrem Territorium wahrgenommen hatten. Außerdem setzten Männchen Duftmarken aus ihren spezialisierten Drüsen ausschließlich in Latrinen ab. „Die Latrinen werden also auch verwendet um anzuzeigen, dass hier jemand ist, der seine Partnerin verteidigt“, sagt Iris Dröscher, Doktorandin in der Abteilung Verhaltensökologie und Soziobiologie am Deutschen Primatenzentrum.

    Latrinen als verlässliche Informationsquellen

    „Über Duftmarken werden eine Vielzahl an Informationen wie die sexuelle und individuelle Identität transportiert und können außerdem dazu dienen, die eigene Präsenz zu signalisieren,“ so Dröscher. „Die Latrinen werden genutzt, um Individuen-spezifische Informationen auszutauschen.“

    „Gerade nachtaktive Arten, die unter eingeschränkten Sichtverhältnissen und im losen Kontakt mit ihren Partnern leben, brauchen verlässliche Informationsquellen, um ihr Sozialgefüge aufrecht zu erhalten“, sagt Peter Kappeler, Leiter der Abteilung Verhaltensökologie und Soziobiologie am DPZ und Professor an der Universität Göttingen. „Dieses Informationszentrum haben die Weißfuß-Wieselmakis in den Latrinenbäumen gefunden.“

    Link zum Artikel: http://link.springer.com/article/10.1007/s00265-014-1810-z

    Originalpublikation

    Dröscher I, Kappeler PM (2014): Maintenance of familiarity and social bonding via communal latrine use in a solitary primate (Lepilemur leucopus). Behavioral Ecology and Sociobiology Epub ahead of print. doi:10.1007/s00265-014-1810-z

    Kontakt

    Iris Dröscher
    Tel: +49 551 39-7345
    E-Mail: iris.droescher@gmail.com

    Dr. Susanne Diederich (Kommunikation)
    Tel: +49 551 3851-359
    E-Mail: sdiederich@dpz.eu


    More information:

    http://link.springer.com/article/10.1007/s00265-014-1810-z - Link zur Originalpublikation
    http://www.dpz.eu/de/infothek/mediathek/videos.html - Link zum Video "Interne Kommunikation bei Weißfuß-Wieselmakis"


    Images

    Ein junger Weißfuß-Wieselmaki (Lepilemur leucopus) während seiner nächtlichen Aktivität.
    Ein junger Weißfuß-Wieselmaki (Lepilemur leucopus) während seiner nächtlichen Aktivität.
    Foto: Hajarimanitra Rambeloarivony
    None

    Iris Dröscher bei der Standortpeilung ihrer Studientiere.
    Iris Dröscher bei der Standortpeilung ihrer Studientiere.
    Foto: Hajarimanitra Rambeloarivony
    None


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Biology
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Ein junger Weißfuß-Wieselmaki (Lepilemur leucopus) während seiner nächtlichen Aktivität.


    For download

    x

    Iris Dröscher bei der Standortpeilung ihrer Studientiere.


    For download

    x

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).