Wissenschaftsmanagerinnen und -manager diskutieren mit Universitätskanzlerinnen und
-kanzlern in Gießen die Veränderungen durch New Public Management
Weniger Detailsteuerung und Bürokratisierung, mehr Ergebnis- und Leistungsorientierung, weniger Regelungen, mehr Eigenverantwortung der Hochschulen: Seit den neunziger Jahren dominieren die Ideen und die Instrumente des so genannten New Public Management (NPM) im deutschen Wissenschaftssystem. Autonomie lautet der Oberbegriff für diese Entwicklungen. Gleichzeitig erhielt das Wettbewerbsdenken in der Wissenschaft stärkeres Gewicht: Die Wissenschaftseinrichtungen werden einem „Quasi-Markt“ ausgeliefert und müssen sich mit ihren „Produkten“ – nämlich ihren Ergebnissen und Leistungen in Forschung und Lehre – bewähren. In letzter Zeit ist die Kritik daran lauter geworden.
„Wie wissenschaftsadäquat ist New Public Management?“ lautet darum die Leitfrage einer zweitägigen Veranstaltung, zu der der Arbeitskreis Fortbildung im Sprecherkreis der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands gemeinsam mit dem Zentrum für Wissenschaftsmanagement (ZWM) nach Gießen eingeladen hat. Die Veranstaltung, die dem Austausch von Erfahrungen und Perspektiven im Wissenschaftssystem dient, hat am Dienstag in der Aula der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) begonnen. Sie wurde durch Dieter Kaufmann, den Vorsitzenden des Zentrums für Wissenschaftsmanagement, und JLU-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee eröffnet.
„Die Reformen der letzten 15 bis 20 Jahre haben ohne Zweifel deutliche Verbesserungen für die Handlungsbedingungen der Hochschulen gebracht“, betont JLU-Kanzler Dr. Michael Breitbach als Gastgeber und Moderator der Veranstaltung: „Nichtsdestotrotz müssen wir uns mit Blick auf die verschiedenen Steuerungsinstrumente immer wieder die Fragen stellen, ob diese dem Wissenschaftssystem in seiner Eigenlogik gerecht werden, ob und welche nicht-intendierten Folgen den Reformprozess belasten. Nur so können wir gegebenenfalls rechtzeitig Kurskorrekturen vornehmen.“ Breitbach verweist in diesem Zusammenhang auch auf die laufende Gesetzgebung, die sich mit diesen Fragen zu beschäftigen hat. So stehe man auch in Hessen vor einer weiteren Novelle des Hessischen Hochschulgesetzes (HHG-Novelle).
Kritiker des New Public Management betonen, die Wissenschaft sei nicht primär an Verwertbarkeit orientiert, sondern müsse Teil öffentlicher Zukunftsvorsorge sein und bleiben. Die monetären Anreizsysteme beispielsweise bei der Reform der Professorenbesoldung ließen wesentliche Faktoren wie die Lehre außer Betracht und führten in der Forschung zu einem risikofreien Mainstream, der leichteren Zugang zu Drittmitteln und Publikationen verspreche. Und nicht zuletzt: Die Gewährung neuer Freiheiten für die Wissenschaftseinrichtungen berge die Gefahr, dass die Wissenschaftseinrichtungen sich zu weit vom Staat als ihrem Träger entfernen.
Die Veranstalter möchten mit diesem Austausch die unterschiedlichen Perspektiven auf NPM beleuchten und in Diskussionen sowohl einen Rückblick auf Nutzen und Ergebnisse als auch einen Ausblick auf Chancen und zukünftige Entwicklungen wagen.
Lebhafte Diskussionen bei der Veranstaltung in der Aula der Justus-Liebig-Universität Gießen.
Foto: JLU-Pressestelle / Rolf K. Wegst
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