Theologe von der Universität Jena in internationales Netzwerk zur Prophetenforschung aufgenommen
Die Propheten des Alten Testaments gelten als Botschafter Gottes, sie warnten, mahnten und verkündeten Gottes Plan für die Zukunft. Doch welche Art von Menschen waren sie ursprünglich? „Es gibt die Auffassung, dass es politische Berater am Königshof waren, andere hingegen sehen in ihnen Kritiker und Gegner des Establishments“, sagt Prof. Dr. Hannes Bezzel von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. „Die Texte zeichnen beide Bilder und innerhalb der Forschung wird über alle Konfessionen hinweg kontrovers darüber diskutiert“, so der Juniorprofessor für Altes Testament.
Hannes Bezzel befasst sich insbesondere mit dem Buch des Propheten Jeremia – einer der drei sogenannten großen Propheten der hebräischen Bibel. Für seine Forschungen wird er zukünftig zusätzliche Unterstützung erhalten: Denn der Jenaer Theologe ist kürzlich in das „Edinburgh Prophecy Network“ aufgenommen worden. Das 2006 gegründete internationale Netzwerk vereint rund 30 Theologen und Altorientalisten – unter anderem aus Großbritannien, Frankreich, Finnland, Deutschland und den USA – und dient als Forum, um aktuelle Entwicklungen in der Prophetenforschung in einem kleinen Rahmen zu diskutieren. Alle zwei Jahre veranstalten die Netzwerkmitglieder eine Tagung, deren Beiträge publiziert werden. „Die Aufnahme in das Netzwerk hilft mir nicht nur für meine eigene Arbeit, sie ist ein großer Gewinn für die gesamte Theologische Fakultät der Universität Jena“, sagt Hannes Bezzel. Der enge Kontakt zu internationalen Fachkollegen erleichtere weitere Kooperationen, wie etwa gemeinsame Forschungsprojekte und die Betreuung von Doktorarbeiten, betont Bezzel und ergänzt: „Durch diese internationale Anbindung können wir unsere Nachwuchswissenschaftler stärker ins Gespräch bringen und ihnen dabei helfen, sich in der Forschergemeinschaft zu etablieren.“
Derzeit forscht Hannes Bezzel über die Fremdvölkerorakel, die beispielsweise auch im Buch Jeremia vorkommen. Fremdvölkerorakel sind prophetische Worte, die nicht-israelitischen Königreichen und Völkern – wie etwa Babylon und Ägypten – Unheil ankündigen. „Es war eine der Hauptaufgaben von Propheten, den Königshof in bedrohlichen politischen Situationen zu beraten und im Kriegsfall dem eigenen Volk möglichst ein günstiges Orakel zu geben, das heißt den eigenen Sieg vorherzusagen“, erklärt Bezzel. Interessant dabei sei, dass diese Texte immer wieder auf neue Feinde und Besatzer hin übertragen und aktualisiert wurden. „Brisant für Leser aller Zeiten sind sie nicht zuletzt deswegen, weil sie die Frage nach dem Verhältnis Gottes zur Gewalt aufwerfen“, sagt der Wissenschaftler. Dass in den Texten der Frieden des eigenen Volkes mit dem Untergang anderer Nationen einhergeht, sei jedoch nicht als Aufruf zur Gewalt gegen andere Völker zu verstehen, betont der Jenaer Theologe. „Die Überlieferung der Texte erfolgte aus einer Situation der Ohnmacht heraus: Man sehnte sich nach Frieden und erhoffte sich Trost und Rettung durch Gott.“ Zudem, so Bezzel, enthalten die Prophetenbücher stets auch Stimmen, die Gewalt kritisieren, vor einem Krieg warnen – und die Bedrohung durch Feinde als Strafe für schuldvolles Verhalten des eigenen Volkes deuten: „Im biblischen Endtext stehen diese unterschiedlichen Positionen zum Teil direkt nebeneinander – diese Spannung beschäftigt die Forschung seit jeher und sie zu erklären ist nach wie vor schwierig“, macht der Jenaer Theologe deutlich.
Kontakt:
Jun.-Prof. Dr. Hannes Bezzel
Theologische Fakultät der Universität Jena
Fürstengraben 6, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 941115
E-Mail: hannes.bezzel[at]uni-jena.de
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