IWF - Verantwortung für Rußland?
Erstaunlich ist für den Betrachter, daß sich der Internationale Währungsfonds (IWF) trotz schlechter Erfahrungen mit der Einhaltung von Konditionen erneut im wesentlichen mit Versprechungen der russischen Partner zufrieden gibt. Überhaupt lassen die Kreditbeziehungen zwischen dem IWF und der Russischen Föderation in den letzten fünf Jahren Zweifel aufkommen, ob das Direktorium des Fonds durch seine stark politisch motivierten Kreditentscheidungen nicht längst die strengen Kreditvergabemaßstäbe, das Prinzip der Konditionalität und damit die geldpolitische Autorität des Fonds ausgehölt hat, schreibt der Osteuropaexperte des HWWA, Dr. Klaus Bolz, in der jüngsten Ausgabe der vom HWWA herausgegebenen Monatszeitschrift Wirtschaftsdienst.
Welchen Beitrag das neuerlich aus 25 Einzelgesetzen bestehende Maßnahmenpaket zur Erhöhung der Steuereinnahmen und damit zur Entlastung des Staatshaushalts wird leisten können, sei durchaus umstritten. Von vornherein sei die vollständige Annahme durch die Duma unsicher gewesen und die Schätzungen von über 100 Mrd. Russische Rubel Steuereinnahmen gelte als unrealistisch hoch. Weshalb - so fragt der HWWA-Experte weiter - habe der IWF nicht endlich energisch darauf bestanden, gemeinsam mit der russischen Regierung und international anerkannten Wirtschaftsexperten eine verbindliche langfristige Reformstrategie zu entwickeln?
Die aktuelle Entscheidung des Fonds über einen weiteren Kredit sei wohl nicht wie noch der Kredit von vor zwei Jahren als eine gezielte Stütze zum dauerhaften Machterhalt Jelzins zu werten. Sinn machen könnte vielmehr die Absicht, Zeit zu gewinnen, um im Jahre 2000 einen verfassungsgemäßen Wechsel im Präsidentenamt zu ermöglichen. Für die Stabilität der Russischen Föderation und für Europa wäre es wünschenswert, wenn ein neuer Präsident sich auf eine breite Mehrheit stützen könnte. Er hätte bessere Chancen als derzeitig Boris Jelzin, bisher vernachlässigte langfristige Reformstrategien durchzusetzen.
Der IWF würde als Mitträger eines langfristigen Reformprogramms für Rußland eine Aufgabe übernehmen, die ihm satzungsmäßig und politisch nicht zukommt und für die er finanziell nicht ausgestattet sei. Mit dieser Zwiespältigkeit hat sich die Staatengemeinschaft aber wohl schon teilweise arrangiert, indem einige ihrer wichtigsten Repräsentanten von vornherein die jüngste Kreditentscheidung des Fonds zugunsten Rußlands unterstützten und sich folgerichtig auch zur Aufstockung der schrumpfenden Fondsreserven bereit erklärten. Auch die bisherigen Kritiker des IWF in dieser Frage werden umdenken müssen, denn eine bessere Lösung scheint nicht in Sicht.
Hamburg, 18.08.1998 Telefon 040 35 62 354
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