idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
03/28/2003 09:25

14. NiK: Die Gewerbeabfallverordnung - typisch deutsches "bürokratisches Monster"?

Dipl.-Ing. Stefan Schmidt Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML

    Die Gewerbeabfallverordnung (GewAbfVO) - seit Anfang des Jahres in Kraft - stellt die betroffenen Akteure noch immer vor große Probleme. Offene Rechtsfragen, großzügiger Interpretationsspielraum und ein enormes Maß an Komplexität führen zu einer Verunsicherung aller Beteiligten und einer mangelhaften Umsetzung in der Praxis. So lautet das Fazit des 14. Treffens des Netzwerks innovativer Kreislauftechnologien NiK zum Thema "Die Gewerbeabfallverordnung - Intention und Praxis" am 25. und 26. März 2003 am Fraunhofer IML in Dortmund.

    "Steine statt Brot" versprach Helmut Paschlau, Consultant im Bereich Umweltschutz und Abfallwirtschaft, in der Eröffnungsrede des 14. Netzwerktreffens. Und in der Tat servierte er "harte Kost". Ausführlich diskutierte er gravierende Mängel der Verordnung: So bestünden z.B. in der Frage, ob die Verordnung auch bei Import, Export und Durchleitung von Abfällen gelte, divergierende Rechtsauffassungen. Auch sei der Begriff der "Haushaltungen" nicht eindeutig definiert und eine Abgrenzung von Abfällen aus Haushaltungen bzw. solchen, die nicht aus Haushaltungen stammen, in einigen Fällen äußerst schwierig. Des Weiteren habe gemischter Output aus Sortieranlagen eine 19er Abfallschlüsselnummer und sei damit von der GewAbfVO im Weiteren gar nicht erfasst. Als Konsequenz sei die vorgegebene Sortierquote förmlich gar nicht einhaltbar, da der Abfall nicht bilanzierungspflichtig und in der Folge "deponierungsfähig" sei. Die Ziele der GewAbfVO würden aufgrund dieser und anderer Mängel - grob - nicht erreicht, die Verordnung selbst sei ein "typisch deutsches bürokratisches Monster".
    Auch in Nordrhein-Westfalen sei man sich dieser Probleme bewusst, so Gudrun Both vom Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MUNLV NRW). Entsprechend habe man bereits eine Arbeitshilfe mit Erläuterungen zur GewAbfVO per Erlass zum 3. Januar 2003 eingeführt und den Abfallwirtschaftsbehörden zur Anwendung empfohlen. Darüber hinaus existiere eine "Feiwillige Vereinbarung zur Abgabe von Selbstverpflichtungserklärungen zur Umsetzung der Gewerbeabfallverordnung" zwischen dem MUNLV NRW, dem VKS, dem VKU, dem BDE und dem BVSE. Die Umsetzung der GewAbfVO in NRW, so Gudrun Both, werde damit intensiv unterstützt.
    Die Industrie, so Astrid Ingenhag vom BDI, bezeichne die Verordnung trotz Arbeitshilfe und freiwilliger Selbstverpflichtungserklärung als praxisfremd. Der Vollzug sei durch die existierenden Mängel vor große Probleme gestellt. Gleichzeitig erwarte die Industrie als Auswirkung der GewAbfVO einen hohen Getrennthaltungs- sowie Finanzierungsaufwand, nehme gleichzeitig aber auch an, dass höhere Erlöse für verwertete Abfälle möglich seien. Grundsätzlich rechtfertige der Vorwurf der Scheinverwertung den Aufwand zum Vollzug der komplexen und unpraktikablen Verordnung nicht.
    Ungeachtet dessen habe sich die ALBA AG aus Velten bei Berlin als eines der wenigen privaten Entsorgungsunternehmen frühzeitig und gezielt auf die GewAbfVO vorbereitet, war dem Vortrag von Dr. Roland Kaldich und Rainer Lerch zu entnehmen. Durch eine Neuorganisation im Unternehmen und eine Neuausrichtung auf den Kundennutzen habe man in der Folge das Produkt "ALBA Plus" definiert. Es ermöglicht die getrennte Sammlung der Gewerbeabfälle, die Sammlung als Gemisch mit Vorbehandlung und Einhaltung der Verwertungsquoten, die Sammlung als spezielles Gemisch zur energetischen Verwertung sowie die Sammlung als spezielles Gemisch zur Verwertung inklusive Nassabfälle mit Ausnahmegenehmigung.
    Werner Meys von der USB Umweltservice Bochum GmbH führte als Vertreter eines kommunalen Entsorgungsunternehmens zwei Thesen ins Feld: Erstens verändere die GewAbfVO nichts an der momentanen Wettbewerbssituation, die von Monopolen bestimmt sei, da der Zugriff auf die "energetische Verwertung" gewährleistet bliebe, d.h. es fände keine Erhöhung des Preises für die Entsorgung einer Tonne Gewerbeabfall statt. Zweitens führe die GewAbfVO nicht zu neuen Anlagen mit einer ökologisch sinnvollen und tiefergehenden Verwertung, sondern zur Auslastung von "Spotmengenkapazitäten" in den NRW-Verbrennungsanlagen und zur rechtlich möglichen Outputregelung bei Boden- und Bauschuttaufbereitungsanlagen.
    Wolfgang Bagin vom Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises Böblingen konstatierte: "Die Umsetzung der Gewerbeabfallverordnung bringt mehr Gebührengerechtigkeit!". Der Landkreis setze folglich auf einen konsequenten Vollzug der Verordnung durch entsprechende Regelungen in der Abfallwirtschaftssatzung, durch die Durchsetzung der Mindestbehälterpflicht sowie durch eine Kontrolle der Betriebe. Diese jedoch hätten zum Teil Widerspruch eingelegt, so dass derzeit Muster-Widerspruchsverfahren sowie Klageverfahren anhängig seien. Auf den Ausgang dieser Verfahren, so Wolfgang Bagin, dürfe man gespannt sein.
    Das 14. Netzwerktreffen unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Uwe Clausen, Leiter des Fraunhofer IML und Inhaber des Lehrstuhls für Verkehrssysteme und
    -logistik an der Universität Dortmund, sowie Dr. Gregor Eckerth und Peter Meyer aus der Abteilung Entsorgungslogistik des Fraunhofer IML verdeutlichte durch Fachvorträge sowie öffentlich geführte Diskussionen die Mängel der Gewerbeabfallverordnung. Gleichzeitig wurden Lösungsmöglichkeiten und Wege der Umsetzung konkretisiert. Das Netzwerktreffen hat damit erfolgreich einen Beitrag für innovative Kreislauftechnologien geleistet.
    Ansprechpartner
    Dipl.-Ing. Peter Meyer
    Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML
    Bereich Logistik, Verkehr und Umwelt
    Joseph-von-Fraunhofer-Straße 2-4
    44227 Dortmund
    Telefon: +49 (0)231 / 9743 - 2 38
    Telefax: +49 (0)231 / 9743 - 4 51
    Email: krw-netzwerk@iml.fhg.de
    Internet: www.krw-netzwerk.de


    More information:

    http://www.krw-netzwerk.de
    http://iml.fhg.de


    Images

    Criteria of this press release:
    Biology, Economics / business administration, Environment / ecology, Law, Oceanology / climate, Politics, Social studies, Traffic / transport
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications, Research projects, Scientific conferences
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).