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11/10/2014 12:03

Saarbrücker Graduiertenkolleg „Europäische Traumkulturen“ untersucht den Traum als Kulturphänomen

Gerhild Sieber Pressestelle der Universität des Saarlandes
Universität des Saarlandes

    Der Traum hat die Menschen schon immer fasziniert. Er konfrontiert uns mit einer rätselhaften Erlebniswelt, die Künstler und Intellektuelle aller Epochen zu ergründen versuchen. Wie Träume im europäischen Kulturraum vom Mittelalter bis in die Gegenwart in Kunst und Kultur dargestellt werden, ist Gegenstand des neuen interdisziplinären Graduiertenkollegs „Europäische Traumkulturen“ (GRK 2021) an der Universität des Saarlandes. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Forschungs- und Qualifizierungsprogramm für Doktoranden viereinhalb Jahre lang mit insgesamt 2,7 Millionen Euro. Start ist am 1. April 2015.

    Das Graduiertenkolleg ist eines von derzeit nur fünf literatur- oder kunstwissenschaftlich ausgerichteten Programmen bundesweit.

    „Obwohl wir alle Träume kennen, sind sie in ihrer Fremdartigkeit doch ein Faszinosum für uns. So funktioniert die Logik im Traum anders als in der normalen Wirklichkeit: Es treten Sprünge in Raum und Zeit auf, unser vernünftiges Denken wird in Frage gestellt oder Erinnerungen und aktuelle Erlebnisse verschmelzen auf irritierende Art und Weise“, sagt Christiane Solte-Gresser. Die Professorin für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Saar-Uni ist Sprecherin des neuen Graduiertenkollegs, das ab April kommenden Jahres erforscht, wie sich Träume über die Jahrhunderte hinweg in den Medien niedergeschlagen haben. „Wir möchten verstehen, wie man sich in verschiedenen Disziplinen, Kulturkreisen und Epochen mit Träumen auseinandersetzt“, erklärt die Literaturwissenschaftlerin. „Wir werden Träume in Kunst und Kultur untersuchen, also Träume in Romanen und Gedichten, auf der Bühne, im Film oder in Gemälden.“ Viele verschiedene Ausdrucksformen seien hier vorstellbar.

    Der Blick soll dabei bis zurück ins Mittelalter gehen und Traumerlebnisse oder -phantasien in den einzelnen historischen Epochen unter die Lupe nehmen. „In einem Roman von Novalis beispielsweise, der der Frühromantik zuzuordnen ist, wird nicht nur ausführlich von einem Traum erzählt. Der Protagonist diskutiert auch mit seinem Vater darüber, ob Träume etwas mit der Wirklichkeit zu tun haben – etwa, ob sie so etwas sind wie eine Handlungsanweisung oder die Vorwegnahme eines wunderbaren Ereignisses“, erläutert Solte-Gresser. In modernen Traumtexten ginge es hingegen eher um die Zerstörung oder Irritation von Wahrnehmungsgewohnheiten. Somit könne das Graduiertenkolleg auch einen Beitrag zur aktuellen Traumwissenschaft liefern, denn „in Literatur, Musik und anderen Medien wird immer auch darüber nachgedacht, welche Funktionen Träume haben und in welchem Verhältnis sie zur Realität stehen.“

    Ein weiterer Schwerpunkt ist der Vergleich von Traumdarstellungen in unterschiedlichen europäischen Kulturen. So sollen neben dem deutschsprachigen und romanischen Kulturbereich mit Spanien, Frankreich und Italien auch die slawischen Kulturen, zum Beispiel Russlands und Polens, sowie die anglophonen Kulturräume mit einbezogen werden. Eine große Rolle spielen Träume beispielsweise bei Shakespeare, was nicht nur der Titel seiner berühmten Komödie „Ein Sommernachtstraum“ zeigt.

    Rund 2,7 Millionen Euro fließen im Rahmen des Graduiertenkollegs bis September 2019 an die Saar-Uni. Zehn Promotionsstellen und eine Postdoktorandenstelle sollen davon finanziert werden. Darüber hinaus bietet das Qualifizierungsprogramm Platz für bis zu acht weitere Doktoranden. Für das Programm bewerben können sich „Literaturwissenschaftler aller Couleur sowie Musik-, Film- und Kunstwissenschaftler – also alle, die sich für Kunstwerke im weitesten Sinne interessieren“, wirbt Prof. Solte-Gresser. „Unser Graduiertenkolleg ist eines von ganz wenigen DFG-geförderten Doktorandenprogrammen, die sich mit Literatur beschäftigen, und das allererste literatur- und kulturwissenschaftliche Verbundprojekt dieser Größenordnung an der Saar-Uni“, betont sie. Neben Literaturwissenschaftlern hat die Saarbrücker Professorin auch Musik-, Kunst- und Filmwissenschaftler mit ins Boot geholt, „die Experten für die ästhetische Darstellung von Träumen sind.“ Damit außerdem eine interdisziplinäre Auseinandersetzung mit dem Thema Traum möglich ist, gehören Vertreter weiterer wissenschaftlicher Disziplinen zum Team, etwa aus der Philosophie, der Theologie und der Medizingeschichte. „Die Medizinhistorikerin wird beispielsweise der Frage nachgehen, wie Träume in der Psychiatrie aufgezeichnet worden sind“, erklärt Solte-Gresser.

    Die Ergebnisse ihrer Arbeit wollen die Wissenschaftler und Nachwuchsforscher über Publikationen und öffentliche Veranstaltungen in der Landeshauptstadt hinaus auch in einem „Traum-Wiki“ zusammentragen: „Wir werden gemeinsam eine überregionale Wissensplattform aufbauen, auf der wir unsere Forschungen öffentlich machen und zur Diskussion stellen“, erklärt Solte-Gresser.

    Hintergrund:
    Am neuen Graduiertenkolleg sind folgende Professorinnen und Professoren als Antragsteller beteiligt: Jun.-Prof. Amalia Barboza (Kulturtheorie), Manfred Engel (Kultur- und Literaturwissenschaft), Joachim Frenk (Britische Literatur- und Kulturwissenschaft), Jun.-Prof. Stefanie Kreuzer (Literatur- und Medienwissenschaftlerin), Nine Miedema (Mediävistik), Patricia Oster-Stierle (Französische Literaturwissenschaft), Janett Reinstädler (Hispanistik / Romanische Literatur u. Kulturwissenschaft), Sigrid Ruby (Kunstwissenschaft), Henrieke Stahl (Slawische Literaturwissenschaft, Universität Trier) und Christiane Solte-Gresser (Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft).

    Als assoziierte Wissenschaftler sind folgende Professorinnen und Professoren beteiligt: Astrid Fellner (Amerikanistik), Martin Meiser (Evangelische Theologie), Peter Riemer (Klassische Philologie), Petra Gehring (Philosophie), Henry Keazor (Kunstwissenschaft, Universität Heidelberg), Dorothea Redepenning (Musikwissenschaft, Universität Heidelberg), Yvonne Wübben (Germanistik, Medizingeschichte, Universität Bochum) und Hans Jürgen Wulff (Filmwissenschaft, Universität Kiel)

    Hinweis für Hörfunk-Journalisten: Sie können Telefoninterviews in Studioqualität mit Wissenschaftlern der Universität des Saarlandes führen, über Rundfunk-Codec (IP-Verbindung mit Direktanwahl oder über ARD-Sternpunkt 106813020001). Interviewwünsche bitte an die Pressestelle (0681 302-4582) richten.

    Kontakt:
    Prof. Dr. Christiane Solte-Gresser
    Tel.: 0681 302-3516
    E-Mail:solte@mx.uni-saarland.de


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    Criteria of this press release:
    Journalists, all interested persons
    Cultural sciences, History / archaeology, Language / literature, Media and communication sciences, Music / theatre
    transregional, national
    Advanced scientific education, Research projects
    German


     

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