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11/12/2014 09:25

Tuberkulose-Studie: Diagnosemethoden bei immungeschwächten Patienten nur begrenzt aussagekräftig

Melanie Löw Pressestelle der Universität des Saarlandes
Universität des Saarlandes

    An Tuberkulose erkranken oft Menschen mit einem geschwächten Immunsystem, etwa HIV-Patienten. Eine Infektion bedeutet aber nicht, dass die Krankheit ausbricht. Erstmals haben Forscher bei über 1500 immungeschwächten Patienten aus elf europäischen Ländern gängige, derzeit verfügbare Haut- und Bluttests verglichen und untersucht, wie zuverlässig sich mit ihnen eine Infektion diagnostizieren lässt. Die umfangreiche Studie wurde von Professorin Martina Sester von der Saar-Uni koordiniert. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Tests unterscheiden, abhängig davon, an welcher Immunschwäche die Patienten leiden. Sie helfen allerdings nur begrenzt, das Erkrankungsrisiko abzuschätzen.

    Die Studie wurde in der renommierten Fachzeitschrift „American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine“ veröffentlicht.

    Etwa ein Drittel der Weltbevölkerung ist mit einem Tuberkulose-Erreger infiziert. Meistens handelt es sich um das Bakterium Mycobacterium tuberculosis, das die Erkrankung auslöst – aber auch verwandte Mykobakterien sind weitverbreitet. Die Atemwegserkrankung bricht allerdings nur bei einem kleinen Teil der Infizierten aus. Ein erhöhtes Risiko haben insbesondere Menschen mit einer Immunschwäche. Bei einer Infektion ohne Erkrankung sprechen Experten von einer latenten Tuberkulose, beim Ausbruch der Krankheit von einer Tuberkulose.

    Um eine Infektion zu erkennen, setzen Mediziner auf zwei Diagnoseverfahren: Bei einem Hauttest injiziert der Arzt dem Patienten Tuberkulin in die oberste Hautschicht. Es handelt sich dabei um ein Eiweißgemisch, das Bestandteile des Erregers enthält. Ist das Immunsystem des Patienten schon einmal mit einem Tuberkulose-Erreger in Kontakt gekommen, hat es bereits Zellen gebildet, die gegen das Tuberkulin reagieren. Nach etwa zwei Tagen bildet sich an der Einstichstelle eine deutliche Verhärtung. „Das bedeutet aber nicht unbedingt, dass der Patient sich mit Mycobacterium tuberculosis infiziert hat, da das Tuberkulin Partikel enthält, die auch bei anderen Mykobakterien vorkommen“, erläutert Professorin Martina Sester, Leiterin des Instituts für Transplantations- und Infektionsimmunologie der Saar-Uni. „Außerdem ist die Methode bei immungeschwächten Patienten nicht aussagekräftig. Sie können infiziert sein, das Immunsystem ist aber nicht in der Lage, zu reagieren. In der Folge fällt der Test negativ aus.“

    Als Alternative zum Hauttest gibt es zwei einfach zu handhabende Bluttest-Verfahren, bei denen nach rund 24 Stunden ein Ergebnis vorliegt. Das Blut wird mit Bestandteilen des Erregers versetzt, die nur bei Mycobacterium tuberculosis vorkommen. Im Anschluss wird die Reaktion der Blutzellen auf diese Bestandteile erfasst. Dazu bestimmen die Mediziner die Konzentration eines Proteins des Immunsystems (Interferon-γ). „Ist das Ergebnis positiv, ist der Patient infiziert“, sagt Sester.

    Erstmals haben jetzt Forscher die Tests in einer europaweiten Studie verglichen und untersucht, inwieweit ihre Ergebnisse bei immungeschwächten Patienten aussagekräftig sind. Außerdem sind sie der Frage nachgegangen, ob sich mit ihnen das Erkrankungsrisiko abschätzen lässt. Insgesamt haben sie über 1500 Patienten aus elf Ländern in 17 Kliniken beobachtet. Koordiniert wurde das Vorhaben von Professorin Martina Sester am Homburger Uniklinikum. Betrachtet wurden fünf Patientengruppen: HIV-Infizierte, Menschen mit Organ- und Stammzellentransplantationen, Rheuma-Erkrankte sowie Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz. Die Teilnehmer mussten sich einem Haut- sowie beiden Bluttests unterziehen. Über zwei Jahre hinweg haben die Ärzte überprüft, bei welchen Probanden es zur Tuberkulose kommt.

    Die Studie zeigt, dass die Bluttests bei Patienten mit Immunschwäche besser zum Nachweis einer Infektion geeignet sind, allerdings nur begrenzt zur Abschätzung des Risikos einer Erkrankung. „Rund 25 bis 30 Prozent der Patienten mit Rheuma oder Niereninsuffizienz hatten laut der Tests eine Infektion. Allerdings kam es bei keinem zu einer Tuberkulose“, so Sester. Zu einem Ausbruch der Krankheit kam es bei nur zehn HIV-Infizierten und einem Patient mit Organtransplantation – bei sechs davon ergab das Testergebnis keinen Hinweis auf eine Infektion, nur zwei hatten bei allen Tests ein positives Resultat.

    Die Forscher werden nun weiter an der Entwicklung der Testmethoden arbeiten, um die Diagnose zu verbessern und das Risiko einer Erkrankung besser vorherzusagen. An der Studie waren 29 Forscher des Tuberkulosenetzwerkes TBNET aus elf Ländern beteiligt. Die Arbeit wurde in der renommierten Fachzeitschrift „American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine“ veröffentlicht: „Risk assessment of tuberculosis in immunocompromised patients - A TBNET study“
    DOI 10.1164/rccm.201405-0967OC

    Hintergrund
    Professorin Martina Sester leitet das Institut für Transplantations- und Infektionsimmunologie am Uniklinikum in Homburg. Sie ist zudem im Netzwerk „AITS-AIDS/TB Saar“ aktiv. Mit diesem Zusammenschluss möchten saarländische Wissenschaftler auf die Tatsache aufmerksam machen, dass immer mehr HIV-infizierte Menschen an Tuberkulose sterben. Ziel der Forscher ist es, Zusammenhänge besser zu verstehen und neue Therapien zu entwickeln. Die Europäische Union und die saarländische Staatskanzlei unterstützen das Vorhaben finanziell. Weitere Informationen unter http://aits-project.eu/

    Fragen beantwortet:
    Prof. Dr. Martina Sester
    Transplantations- und Infektionsimmunologie
    Tel.: 06841 16 23557
    E-Mail: Martina.Sester(at)uniklinikum-saarland.de


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    Professorin Martina Sester hat die europaweite Studie koordiniert.
    Professorin Martina Sester hat die europaweite Studie koordiniert.
    Foto: Rüdiger Koop
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    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars
    Biology, Medicine
    transregional, national
    Research projects, Research results
    German


     

    Professorin Martina Sester hat die europaweite Studie koordiniert.


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