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12/03/2014 10:46

Leben nach dem Überleben

Arne Dessaul Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Sie hatten nur mit Glück die Vernichtungslager überlebt – und kehrten nach dem Krieg ausgerechnet in jene Orte zurück, wo ihnen Unrecht und unbeschreibliches Leid zugefügt worden war. In seinem gerade erschienenen Buch „Leben nach dem Überleben. Juden in Bochum nach 1945“ skizziert der RUB-Historiker Dr. Hubert Schneider die Schicksale von 60 Juden. Einige von ihnen waren direkt nach Kriegsende in ihre Heimatstadt Bochum zurückgekehrt und haben dort noch 1945 eine neue jüdische Gemeinde gegründet.

    Vor dem Vergessen bewahrt
    Bis 1947 war diese neue jüdische Gemeinde in Bochum auf etwa 50 Mitglieder angewachsen. Doch warum kamen diese wenigen Überlebenden in jene Stadt zurück, die es wenige Jahre zuvor zugelassen hatte, dass sie nach Jahren der Diskriminierung in die Konzentrations- und Vernichtungslager verschleppt wurden? Und wie gestaltete sich das Zusammenleben im Nachkriegsdeutschland vor dem Hintergrund von andauerndem Antisemitismus, Entnazifizierung, der Diskussion um Wiedergutmachung und der grundsätzlichen Frage, ob man nicht doch in ein anderer Land ziehen sollte, beispielsweise nach Israel? Ob und wie es den Juden gelang, in der deutschen Nachkriegsgesellschaft Fuß zu fassen, wird in Biografien in erzählt. Die 60 Lebensgeschichten bilden den Hauptteil von Schneiders Buch. Mit ihnen liefert der Historiker ein nahezu vollständiges Bild der Bochumer jüdischen Gemeinde zwischen 1945 und 1954 – und bewahrt gleichzeitig die Schicksale dieser Menschen vor dem Vergessen. Außerdem werden auf diese Weise erstmals die Biografien aller Mitglieder einer jüdischen Nachkriegsgemeinde in Deutschland nachgezeichnet. Bochum stehe zugleich beispielhaft für die unmittelbare Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, so Hubert Schneider. „Denn die hier geschilderten Erfahrungen machten Juden überall in Deutschland, wo auch immer sie sich in Gemeinden zusammenschlossen. Bochum war überall“, konkretisiert der Autor.

    Der Autor
    Dr. Hubert Schneider, 17. Februar 1941 in Karlsruhe als Sohn einer Arbeiterfamilie geboren, fand über Umwege zur Geschichtswissenschaft: Schon mit 14 Jahren musste er in der Industrie arbeiten, holte aber auf der Abendschule sein Abitur nach und studierte dann, zuerst gegen den Willen der Familie, in Freiburg Geschichte, Germanistik und Politik. 1967 machte er sein Staatsexamen und arbeitete anschließend als Lehrer. Eine Bekanntschaft mit Moritz Schlesinger, einem deutsch-jüdischen Diplomaten der Weimarer Zeit, beeinflusste seine Entscheidung für die Wissenschaft. 1972 wurde Schneider promoviert und arbeitete bis 1974 an der Pädagogischen Hochschule in Karlsruhe, danach bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2004 an der RUB. Am Lehrstuhl für Osteuropäische Geschichte spezialisierte er sich auf die Geschichte der Sowjetunion, Polens und der Tschechoslowakei. Besonders engagierte er sich für den Erhalt der jüdischen Spuren und der Erinnerung an die Juden in Bochum sowie für den deutsch-polnischen Studierendenaustausch. Zuletzt ist von Hubert Schneider das Buch „Die ‚Entjudung‘ des Wohnraums – ‚Judenhäuser‘ in Bochum. Die Geschichte der Gebäude und ihrer Bewohner“ erschienen. Sie enthält zahlreiche Biografien von Mitgliedern der alten Bochumer jüdischen Gemeinde.

    Titelaufnahme
    Schneider, Hubert: „Leben nach dem Überleben. Juden in Bochum nach 1945“. Herausgegeben vom Verein „Erinnern für die Zukunft e.V.“ in Verbindung mit dem Stadtarchiv – Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte, Lit Verlag, Münster 2014, 488 Seiten, 29,80 EUR, ISBN 978-3-643-12796-9.

    Weitere Informationen
    Dr. Hubert Schneider, Tel. 0234/701307
    hubert.schneider@rub.de

    Angeklickt
    Presseinformation zu Dr. Hubert Schneider Buch „Die ‚Entjudung‘ des Wohnraums – ‚Judenhäuser‘ in Bochum“
    http://aktuell.ruhr-uni-bochum.de/pm2010/pm00254.html.de


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    Criteria of this press release:
    Journalists
    History / archaeology, Social studies
    regional
    Scientific Publications
    German


     

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