Immer mehr Patienten, die chronisch an Hepatitis C erkrankt sind, können auf Heilung hoffen. Seit die Europäische Arzneimittelbehöre im Januar
2014 das erste hochwirksame Medikament zur interferonfreien Therapie gegen die Lebererkrankung zugelassen hat, verzeichnen Mediziner auf diesem Gebiet eine rasante Entwicklung. Mit den jüngst erfolgten Zulassungen für „Ledipasvir/Sofosbuvir“ als Einzeltablette sowie „Paritaprevir/r plus Ombitasvir“ und „Dasabuvir“ hat die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) nun bereits zum vierten Mal in kürzester Zeit ihre Therapieempfehlungen ergänzt.
Das aktuelle „Addenum“ zur „S3-Leitlinie Hepatitis C“ ist auf der Homepage der DGVS abrufbar. Die Fachgesellschaft empfiehlt Ärzten, die Patienten mit Hepatitis C behandeln, sich über die neuesten Entwicklungen zu informieren.
„Mit jedem neuen Medikament wird das Spektrum der Behandlungsmöglichkeiten erweitert“, sagt Professor Dr. med. Thomas Berg, Leiter der „Sektion Hepatologie“ an der Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie am Universitätsklinikum Leipzig. „Inzwischen ist bei mehr als 90 Prozent aller Hepatitis C-Patienten eine Heilung möglich“. Die jüngst zur Kombinationstherapie zugelassenen Präparate kommen für Patienten mit Hepatitis C-Viren der Genotypen 1 oder 4 als eine von je vier Therapieoptionen in Frage. Eine positive Entwicklung zeichne sich zudem bezüglich der hohen und vielfach diskutierten Behandlungskosten von Hepatitis C-Patienten ab, so Berg. Mit Ablauf des ersten Jahres nach Zulassung haben sich Hersteller und Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nun erstmals auf niedrigere Kosten für ein Medikament verständigt. Statt bisher etwa 100 000 Euro kostet eine zwölfwöchige Kombinationsbehandlung mit den neuen Wirkstoffen zwischen 56 000 und 68 000 Euro. Durch eine Reduktion der Therapiedauer auf acht Wochen, die bei vielen Patienten ohne Vorbehandlung und ohne fortgeschrittene Erkrankung möglich ist, sinken die Therapiekosten auf unter 50 000 Euro. Die Kosten werden außerdem mit einer jährlichen Staffelung noch weiter sinken. „Wir gehen davon aus, dass diese Entwicklung für die anderen Präparate beispielhaft ist“, sagt Berg. Nur im ersten Jahr nach der Zulassung dürfen die Pharmaunternehmen die Preise frei bestimmen.
Bis ins Jahr 2011 war eine Kombinationstherapie aus den Wirkstoffen „Ribavirin“ und „Interferon“ der Standard für die Behandlung der Hepatitis C-Infektion. „Vor allem die Einnahme von Interferon war bei vielen Patienten mit heftigen Nebenwirkungen verbunden“, erklärt DGVS-Experte Berg. Nicht selten mussten Patienten die Behandlung deshalb frühzeitig abbrechen. Als 2011 die ersten direkt gegen das Virus aktiven Wirkstoffe „Boceprevir“ und „Telaprevir“ auf den europäischen Markt kamen, erhielten manche Patienten fortan eine erweiterte „Tripeltherapie“. „Für einen Teil der Patienten wurde dadurch schon eine deutliche Steigerung der Heilungsraten erzielt“, kommentiert Berg. „Doch zu dem Fortschritt in den vergangenen 14 Monaten ist dies kein Vergleich“. Seitdem haben bereits sieben neue Wirkstoffe grünes Licht von der Zulassungsstelle erhalten. Die neu zugelassenen Medikamente greifen ebenfalls direkt am Vermehrungszyklus der Viren an und sind auch ohne Interferon einsetzbar. „Im Gegensatz zu früher gibt es kaum Nebenwirkungen“, so Berg.
Bei der stetigen Aktualisierung ihrer Therapieempfehlung beachten die Experten neben den neuen Zulassungen auch die wachsenden Erkenntnisse, die aus großen klinischen Studien resultieren. „Die Datenbasis zu den neuen Therapiemöglichkeiten wächst täglich“, so Professor Dr. med. Christoph Sarrazin, stellvertretender Direktor der Medizinischen Klinik 1 am Universitätsklinikum Frankfurt.
Gemeinsam mit den anderen an der Leitlinie beteiligten Organisationen hat die DGVS eine Expertengruppe ins Leben gerufen, die die Entwicklungen verfolgt und die Empfehlungen zeitnah anpasst. „Normalerweise dauert die Aktualisierung einer Leitlinie mindestens zwei Jahre“, erklärt Sarrazin. „Bei Veränderungen von so großer klinischer Bedeutung wie in diesem Fall ist es sinnvoll, von den regulären Abläufen abzuweichen.“ In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) ist es den Experten gelungen, Ärzten und Patienten rasch ein Behandlungs-Update zur Verfügung zu stellen. „Wichtig war es uns dabei, die methodischen Voraussetzungen zu berücksichtigen, die die Qualität der Leitlinie gewähren und alle beteiligten Fachgesellschaften miteinzubeziehen“, betont Sarrazin. „Ich kann mir gut vorstellen, dass dieses Vorgehen auch für andere Bereiche Modellcharakter haben kann“.
Die Empfehlungen der DGVS im Internet:
http://www.dgvs.de/leitlinien/therapie-der-chronischen-hepatitis-c/
Die neuen Medikamente zur Hepatitis C-Therapie im Überblick:
• Sofosbuvir. Zulassung in Europa im Januar 2014. Für alle HCV-Genotypen (1 bis 6). Als Kombinationstherapie mit anderen Medikamenten.
• Simeprevir. Zulassung im Mai 2014. Für die HCV-Genotypien 1 und 4. Als Kombinationstherapie mit anderen Medikamenten.
• Daclatasvir. Zulassung im August 2014. Für HCV-Genotypen 1 bis 6. Als Kombinationstherapie mit anderen Medikamenten.
• Ledipasvir. Zulassung im Dezember 2014. Für HCV Genotypen 1,3,4 und 6. Nur als Fixkombination mit Sofosbuvir.
• Paritaprevir + Ombitasvir und Dasabuvir (als Kombinationstherapie). Zulassung Januar 2015. Für HCV Genotyp 1.
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