Wie weit verbreitet ist Mobbing im Öffentlichen Dienst? Das untersucht der Würzburger Jurist Sebastian Hartmann in einer aktuellen Studie. Dabei geht er auch der Frage nach, inwieweit der Gesetzgeber bei diesem Thema gefordert ist. Für die Studie werden noch Teilnehmer gesucht.
Im Öffentlichen Dienst geben doppelt so viele Menschen an, Mobbing am eigenen Leib erfahren zu haben, wie in den meisten Branchen der Privatwirtschaft. Rund zehn Prozent berichten von Mobbingattacken gegen sie selbst. Das ist das Ergebnis einer deutschlandweiten Untersuchung aus dem Jahr 2002, die von der Bundesregierung zwei Jahre zuvor in Auftrag gegeben worden war.
Neue Zahlen will jetzt der Würzburger Diplom-Jurist Sebastian Hartmann ermitteln; er hat deshalb im Rahmen seiner Doktorarbeit eine Online-Umfrage gestartet, an der sich möglichst viele Mitarbeiter aus Behörden und Verwaltung beteiligen sollen. Hartmann forscht am Lehrstuhl für Staatsrecht, Völkerrecht, Internationales Wirtschaftsrecht und Wirtschaftsverwaltungsrecht der Universität Würzburg. Ziel seiner Arbeit ist es, die aktuelle Situation darzustellen, spezifische Probleme im Öffentlichen Dienst zu erfassen und den Bedarf einer „rechtlichen Ausgestaltung“ zu ermitteln.
Hohe Hürden auf rechtlicher Seite
„Bislang gibt es vom Gesetzgeber keine Definition, was unter Mobbing zu verstehen ist“, erklärt Sebastian Hartmann. Wenn der Chef morgens im Büro die eine Mitarbeiterin freundlich grüßt, den anderen Mitarbeiter aber nicht: Ist das schon Mobbing? Dazu äußert sich der Gesetzgeber nicht. In der Literatur wird für den Mobbing-Nachweis in erster Linie ein lang andauernder Prozess gefordert, in dem sich unterschiedliche Aktionen wie Perlen in einer Kette aneinander reihen und aufeinander aufbauen.
„Auf rechtlicher Seite ist die Hürde also hoch: Wer sich vor Gericht wehren will, muss über einen längeren Zeitraum hinweg gravierende Fälle dokumentieren“, sagt Hartmann. Gleichzeitig werde das Schlagwort „Mobbing“ mittlerweile inflationär gebraucht und komme häufig auch in Situationen zum Einsatz, in denen zumindest aus rechtlicher Sicht die Kriterien bei Weitem nicht erfüllt sind.
Wer an der Studie teilnehmen kann
Wer an Hartmanns Studie teilnehmen will, muss kein Mobbing-Opfer oder Täter sein oder Mobbingfälle beobachtet haben. Dem Juristen geht es auch darum, herauszufinden, wie Beschäftigte im Öffentlichen Dienst rechtliche Möglichkeiten im Kampf gegen Mobbing einschätzen, welche Maßnahmen ihrer Meinung nach sinnvoll sein könnten. So zeigen erste Zwischenergebnisse der Befragung schon jetzt, dass weder Täter noch Opfer davon ausgehen, dass klare Verbote Mobbing verhindern können. „Allerdings glauben beide Seiten, dass rechtliche Maßnahmen helfen könnten, wenn es um die Beweisbarkeit geht“, so Hartmann.
Mobbing im Öffentlichen Dienst stellt nach Ansicht des Juristen nicht nur wegen der hohen Fallzahlen eine Besonderheit dar. Anders als in der Privatwirtschaft, wo Mobbingopfer kündigen und auf Schmerzensgeld klagen, komme es im Öffentlichen Dienst so gut wie nie zur Klage. „Hier lassen sich die Betroffenen eher versetzen oder krank beziehungsweise dienstunfähig schreiben“, sagt Hartmann. Dabei hat der Staat in seiner Rolle als „Arbeitgeber“ eine Fürsorgepflicht den Beschäftigten gegenüber. Demnach sollte er auch ein Interesse daran haben, Mobbing zu definieren.
Österreich als Vorbild
Österreich hat seit Kurzem solch eine Regelung. Dort heißt es im Beamten- Dienstrechtsgesetz, dass die Beschäftigten „einander mit Achtung zu begegnen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen“ haben. Im Umgang mit Vorgesetzten, Kollegen und Mitarbeitern sollen sie „Verhaltensweisen oder das Schaffen von Arbeitsbedingungen unterlassen, die deren menschliche Würde verletzen oder dies bezwecken oder sonst diskriminierend sind“.
Will Sebastian Hartmann mit seiner Doktorarbeit dazu beitragen, solch eine Regelung auch in Deutschland einzuführen? Nicht in erster Linie, sagt er. Ihm gehe es vor allem darum zu untersuchen, wie Mobbing im Öffentlichen Dienst aus rechtlicher Sicht zu bewerten ist und wie entsprechende Vorschriften dagegen ausgestaltet sein müssten. Dennoch: Ein Antimobbing-Gesetz schwebt „als Fernziel am Horizont“, wie er sagt.
Zur Person
Sebastian Hartmann (25) ist Diplom-Jurist. Er hat an der Universität Würzburg Rechtswissenschaften studiert und das erste Staatsexamen erfolgreich abgelegt. Derzeit ist er für den Aufbaustudiengang „Europäisches Recht“ eingeschrieben.
Die Umfrage
Die Umfrage wendet sich an alle Beschäftigen im Öffentlichen Dienst in Deutschland; die Daten werden selbstverständlich anonym erhoben. Die Teilnahme dauert nur wenige Minute. Das Passwort lautet „Spiegel0130“.
Hier geht’s zur Umfrage: https://evasys.zv.uni-wuerzburg.de/evasys_02/online.php
Kontakt
Sebastian Hartmann, T: (0931) 31-80061, shartmann@jura.uni-wuerzburg.de
Wer sich vor Gericht gegen Mobbing wehren will, muss hohe Hürden überwinden. Ein Antimobbing-Gesetz ...
Foto: Sebastian Hartmann
None
Criteria of this press release:
Journalists, all interested persons
interdisciplinary
transregional, national
Research projects
German
Wer sich vor Gericht gegen Mobbing wehren will, muss hohe Hürden überwinden. Ein Antimobbing-Gesetz ...
Foto: Sebastian Hartmann
None
You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.
You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).
Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.
You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).
If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).