Am 22. April 1915 setzte das deutsche Militär erstmals Chlorgas gegen die alliierten Truppen ein. Fritz Haber, der Chemienobelpreisträger von 1918, hatte den Angriff an der Westfront bei Ypern (Belgien) vorbereitet und führte ihn mit seiner „Gastruppe“ durch. Der Einsatz von über 160 Tonnen Chlorgas forderte bei diesem Angriff der deutschen Truppen über 1.000 Tote und 4.000 Verletzte.
„Der erste Giftgaseinsatz als chemische Massenvernichtungswaffe erfolgte durch deutsche Truppen im Ersten Weltkrieg und war ein klarer Verstoß gegen die Haager Landkriegsordnung. Wir gedenken der Opfer und ihrer entsetzlichen Leiden unter dem Giftgas Chlor“, so Dr. Thomas Geelhaar, Präsident der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh). Er nimmt am 21. April 2015 an einer Gedenkveranstaltung zu 100 Jahren Einsatz chemischer Waffen als Massenvernichtungsmittel im belgischen Ypern teil, zu der die 2013 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Organisation für das Verbot chemischer Waffen (Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons, OPCW) eingeladen hat.
Die GDCh gab sich 1995 einen Verhaltenskodex, dem sich alle GDCh-Mitglieder verpflichten und der Bestandteil der GDCh-Satzung ist. Darin heißt es u. a.: „Die GDCh und ihre Mitglieder unterstützen und fördern eine nachhaltige und dauerhafte Entwicklung in Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt. Sie handeln stets auch im Bewusstsein ihrer Verantwortung gegenüber künftigen Generationen. Sie beachten die für ihre Arbeit und deren Ergebnisse und Wirkungen geltenden Gesetze und internationalen Konventionen und stellen sich gegen den Missbrauch der Chemie, z. B. zur Herstellung von Chemiewaffen und Suchtmitteln.“ GDCh-Präsident Thomas Geelhaar dazu: „In Deutschland und weltweit ist auf Basis des Chemiewaffenübereinkommens viel erreicht worden. Wir Chemiker blicken mit Entsetzen und Scham auf das zurück, was unsere Forschung auch möglich machte: chemische Massenvernichtungswaffen, entwickelt und mit verbreitet durch damals hochangesehene Chemiker. Wir blicken aber auch mit Zuversicht in die Zukunft, denn bereits die jüngste Vergangenheit zeigt, dass fast alle Länder zusammenstehen, um Entwicklung und Einsatz von Chemiewaffen zu verhindern. Und was die Chemie angeht: Der Verhaltenskodex der GDCh macht Schule. So hat die OPCW die Initiative der deutschen ständigen Vertretung aufgegriffen und im Frühjahr 2015 Experten aus aller Welt eingeladen, angelehnt an den Eid des Hippokrates in der Medizin, entsprechende ethische Richtlinien für Chemiker unter Beteiligung der GDCh auszuarbeiten.“
Die GDCh unterstützt eine in Berlin-Dahlem stattfindende internationale Konferenz und Gedenkveranstaltung „100 Jahre Giftgaskrieg: Forschung, Einsatz, Folgen chemischer Massenvernichtungswaffen“, zu der das Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft und das Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte am 21. und 22. April in das Harnack-Haus einladen.
Die Gesellschaft Deutscher Chemiker wurde 1949 gegründet und ist mit rund 31.000 Mitgliedern die größte chemiewissenschaftliche Gesellschaft Kontinentaleuropas. Ihre Vorläuferorganisationen waren die 1867 gegründete Deutsche Chemische Gesellschaft und der Verein Deutscher Chemiker, 1887 gegründet. Beide Organisationen durften nach Ende des Zweiten Weltkriegs ihre Vereinstätigkeiten nicht weiter fortführen. Eine aktuelle Aufarbeitung zu den Verstrickungen deutscher Chemiker in der NS-Zeit bietet das gerade erschienene Buch „Chemiker im Dritten Reich“ des Wissenschaftshistorikers Professor Helmut Maier. Die umfassende Studie wurde von der Gesellschaft Deutscher Chemiker in Auftrag gegeben und erscheint im Verlag Wiley-VCH.
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