Mehr als die Hälfte der Menschen weltweit lebt in Städten – Tendenz steigend. Immer weniger entscheiden sich für das Landleben. Diese Entwicklung hat Konsequenzen und wirft Fragen auf: Sind flotter Großstadtalltag und ruhige Landromantik tatsächlich so gegensätzlich? Gibt es für alle genug zu essen und einen Arbeitsplatz? Und: Ist das Leben in Städten überhaupt noch sicher? Solchen und weiteren Fragen rund um das Thema Stadt- oder Landleben widmen sich kommenden Sonntag Sigrun Kabisch vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ und Leonore Scholze-Irrlitz von der Humboldt-Universität zu Berlin.
Sigrun Kabisch leitet am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig das Department Stadt- und Umweltsoziologie. Dort beschäftigt sie sich mit Chancen nachhaltiger Entwicklung urbaner Räume. „Das Leben in der Stadt ist für viele Menschen hoch attraktiv. Derzeit beobachten wir einen wahren Zustrom in große Städte“, sagt Sigrun Kabisch. Vieles erscheint dort einfacher und auf engem Raum erreichbar: hohe Lebensqualität, Arbeitsplätze, diverse Bildungs- und Kulturangebote sowie Dienstleistungen fast rund um die Uhr. Viele kleinere Kommunen auf dem Land dagegen verlieren Bewohner und bieten kaum Lebensperspektiven. „Doch das Stadtleben hat auch seine Kehrseite“, sagt Kabisch. „Noch ist der Verbrauch von Fläche, Wasser oder Energie überschaubar, doch die massive Nachfrage führt zu Preissteigerungen und Knappheiten.“ In ihrer Forschung untersucht sie große Wohnsiedlungen unter dem Aspekt des sozio-demografischen Wandels und umweltrelevanter Faktoren. Sie stellt fest, dass sich Menschenmassen, Produktionsstandorte und Umweltverschmutzung weltweit in urbanen Regionen konzentrieren. „Planloses Städtewachstum und die massive Ungleichverteilung von Infrastruktur und Gütern verursachen soziale Spaltung, wachsende Armut und zunehmende Kriminalität.“ Doch Sigrun Kabisch sieht auch Chancen in dem immensen Wachstum: Große Städte hätten das Potenzial, Lösungsansätze für menschgemachte Probleme zu liefern. „Sei es wirtschaftliches Wachstum, wissenschaftlicher Fortschritt oder kreative Ideen – die Stadt bietet vielseitige Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Weiterentwicklung.“
Leonore Scholze-Irrlitz leitet die Landesstelle für Berlin-Brandenburgische Volkskunde am Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin. Die Ethnologin beobachtet den zunehmenden Einzug der Landbewirtschaftung in die Metropolen. „Immer mehr Menschen wollen in Zeiten der Globalisierung gemeinschaftlich tätig werden und so ihre Lebensgrundlagen selbst sichern“, sagt Leonore Scholze-Irrlitz. Jung und Alt verwirklichen ihre Zukunftsvisionen in urbanen Räumen, indem sie beispielsweise mitten in der Stadt Gemüse anbauen und solidarisch Landwirtschaft betreiben. So entstehen zwischen ländlichen Nahrungsmittelproduzenten und städtischen Verbrauchern viele kleinteilige Netzwerke, die der Verknappung beispielsweise von Boden zum Anbau von Nahrungsmitteln oder von Trinkwasser in urbanen Gebieten entgegenwirken können. Doch welche Auswirkungen haben derartige Zusammenschlüsse auf die Entwicklung hin zu einer gemeinschaftlichen Natur- und Ressourcennutzung? Gehen Stadt und Land eine neue Symbiose ein? Und: Wie soll eine gesellschaftliche Teilhabe der Menschen in Stadt und Land heute aussehen? In der Helmholtz-Humboldt-Sonntagsvorlesung versucht die Ethnologin Antworten zu geben.
Helmholtz-Humboldt-Sonntagsvorlesung 2015
26. April, 11 bis 13 Uhr
In die Stadt oder aufs Land – wo leben wir besser?
Sigrun Kabisch, Department für Stadt- und Umweltsoziologie am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ
Leonore Scholze-Irrlitz, Landesstelle für Berlin-Brandenburgische Volkskunde am Institut für Europäische Ethnologie, Humboldt-Universität zu Berlin
Die Vorlesung findet im Audimax der Humboldt-Universität, Unter den Linden 6 in 10099 Berlin, statt.
Der Eintritt ist frei. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Eine kostenlose Kinderbetreuung wird angeboten.
Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie sowie Luftfahrt, Raumfahrt und Verkehr. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit 37.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 18 Forschungszentren und einem Jahresbudget von 3,99 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des großen Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894).
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Pressesprecher der Humboldt-Universität
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Criteria of this press release:
all interested persons
Environment / ecology, Social studies
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications, Transfer of Science or Research
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