Hamburger Meeresforscher untersuchten die Radioaktivität im Arktischen Ozean
Die dominierende Quelle von Radioaktivität im Arktischen Ozean sind die in früheren Jahren geschehenen Einleitungen aus den alten Betriebsteilen der atomaren Wiederaufbereitungsanlage Sellafield (ehemals Windscale) in England und nicht die versenkten Abfälle in Barents- oder Karasee. Eine Gefährdung der Bevölkerung oder der Meeresumwelt aus diesen Quellen ist auch in Zukunft nicht zu erwarten. Das ist das Fazit eines Forschungsvorhabens von Hamburger Meeresforschern.
Seit 1959 hat die ehemalige Sowjetunion große Mengen fester und flüssiger radioaktiver Abfälle in der Arktis versenkt: neben Behältern und Containern mit schwach radioaktiven Abfällen auch ganze Atomreaktoren, teilweise mit Kernbrennstoff. Die Verklappung - vor allem in der Karasee -
geschah in krassem Widerspruch zu den internationalen Regeln, insbesondere was den Abstand zur Küste und die Verklappungstiefe betrifft. So wurden beispielsweise abgewrackte und beschädigte atomgetriebene U-Boote in Fjorden entlang der Ostküste von Novaja Semlja in weniger als 50 Meter Tiefe versenkt.
Als die Versenkungen Anfang der 90er Jahre bekannt wurden, überschätzte man den Grad der Radioaktivität in diesem Gebiet zunächst erheblich. Aufgrund des international ausgelösten Drucks und der offeneren Informationspolitik Rußlands liegen inzwischen recht genaue Daten über die Verklappungen vor. Bei den Objekten handelt es sich im wesentlichen um 17 atomgetriebene Schiffsreaktoren, davon sieben mit Kernbrennstoff.
In einem vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie von 1995 bis 1998 geförderten Vorhaben über "Transport und Ausbreitung von Radioaktivität im Arktischen Ozean", dem Karasee-Projekt, erzielten Prof. Dr. Jan Backhaus und Dr. Ingo Harms vom Institut für Meereskunde der Universität Hamburg sowie Wissenschaftler des Bundesamtes für Schiffahrt und Hydrographie (BSH), Hamburg, Ergebnisse, die gegenwärtig keine großräumige Belastung dieser Meeresgebiete erkennen lassen. Die von BSH-Forschern gemessenen Konzentrationen in Wasser, Sediment und Fisch von radiologisch relevanten Radionukliden wie Caesium-137 und Plutonium sind durchweg niedriger als zum Beispiel in der Irischen See, der Nordsee oder der Ostsee.
Die Ozeanographen der Universität Hamburg betrieben sowohl hochaufgelöste Schelfmodelle der Kara- und Barentssee als auch großräumige Simulationen der Ausbreitung radioaktiver Substanzen aus den möglichen radioaktiven Quellen dieser Gebiete. Die Ausbreitung der seit 1965 praktizierten Sellafield-Einleitungen vollzogen sie im Computer nach. Diese bewirkten etwa 1979 in der Nordsee die höchsten Konzentrationen und erreichten, verfrachtet mit den Meeresströmungen, vier Jahre später die 3500 Kilometer entfernte Karasee. Ein Vergleich des Katastrophen-Szenarios in der Karasee mit den höchsten Sellafield-Konzentrationen in der Nordsee ergab für beide Meere vergleichbare Werte. Dieses erstaunliche Ergebnis erklärt sich aus der Tatsache, daß das gesamte in die Karasee verklappte radioaktive Inventar in etwa der durchschnittlich pro Jahr eingeleiteten Radioaktivitätsmenge aus Sellafield entspricht.
Die beteiligten Wissenschaftler stellen ihre Projektergebnisse am 8. September in einem Seminar ("Radioactivity in the Arctic Ocean and European Northern Seas") im Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie vor.
Ansprechpartner: Dr. Ingo Harms, Tel. 040/4123-2996, E-Mail: harms@ifm.uni-hamburg.de; Internet: www.ifm.uni-hamburg.de/
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Criteria of this press release:
Biology, Environment / ecology, Geosciences, Information technology, Oceanology / climate
transregional, national
Research projects
German
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