idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
06/02/2015 12:56

Arterielle Thrombose - Gefährlichen Blutgerinnseln vorbeugen

Luise Dirscherl Stabsstelle Kommunikation und Presse
Ludwig-Maximilians-Universität München

    Thrombosen in Schlagadern entstehen oft, weil atherosklerotische Ablagerungen im Gefäßinneren aufreißen und Blutplättchen an der verletzten Stelle verklumpen. LMU-Mediziner vergleichen zwei neue Strategien, wie dem vorgebeugt werden kann.

    Blutgerinnsel in Schlagadern – sogenannte arterielle Thrombosen – gehören zu den häufigsten Ursachen für Herzinfarkte und Schlaganfälle. Sie entstehen durch Verletzungen der Blutgefäße, etwa wenn atherosklerotische Plaques an den Gefäßinnenwänden aufreißen und die in den Gefäßen zirkulierenden Thrombozyten (Blutplättchen) aggregieren. Pharmakologische Thrombozytenhemmer wie Aspirin hemmen diesen Prozess und können vor Thrombosen schützen. Allerdings wirken sie nur begrenzt, außerdem hemmen sie die Blutplättchen im gesamten Körper und können deswegen Blutungen verursachen. „Daher ist es unser Ziel, antithrombotische Medikamente zu entwickeln, die einerseits wirksamer sind, und andererseits weniger Nebenwirkungen haben“, sagt Professor Wolfgang Siess (Institut für Prophylaxe und Epidemiologie der Kreislaufkrankheiten), dessen Team nun die Wirksamkeit zweier neuer Strategien der Thrombozytenhemmung verglichen hat. Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin JACC (Journal of the American College of Cardiology).

    Die Ruptur atherosklerotischer Plaques kann die Bildung arterieller Thrombosen initiieren, weil dabei Plaquematerial wie Kollagen mit dem zirkulierenden Blut in Verbindung kommt. Kollagen ist ein Strukturprotein des Bindegewebes und der wichtigste Aktivator für Thrombozyten: Diese heften sich an das Kollagen an und setzen bestimmte Lockstoffe frei, durch die weitere Thrombozyten rekrutiert werden. „In der Folge aggregieren die Thrombozyten und bilden einen Thrombus, der im Extremfall zum Verschluss der Gefäße führen kann“, sagt Siess.

    Thrombozytenaggregation an Plaque-Kollagen gezielt hemmen

    Während für die Bindung an `normale` Kollagene noch ein weiterer Thrombozyten-Rezeptor eine wichtige Rolle spielt, aggregieren Thrombozyten an Plaque-Kollagene ausschließlich mithilfe des Rezeptors Glykoprotein VI (GPVI), der nur bei Thrombozyten vorkommt. „Diese Eigenschaft wollen wir nutzen: Durch die Hemmung von GPVI kann möglicherweise selektiv die Thrombozyten-Aktivierung durch Plaque-Kollagen verhindert werden, ohne dass es zu einer gesteigerten Blutungsneigung an anderen verletzten Stellen der Gefäße kommt“, sagt Siess.

    Dabei gibt es grundsätzlich zwei Strategien: „Zum einen können verschiedene Antikörper eingesetzt werden, die direkt GPVI auf den Thrombozyten hemmen“, sagt Siess, „eine andere Möglichkeit ist, die Bindung an das Plaque-Kollagen zu verhindern, indem ein im Labor hergestelltes sogenanntes GPVI-Fc Fusionsprotein eingesetzt wird, das am Kollagen die Bindungsplätze für die Thrombozyten besetzt“. Beide Strategien haben die Wissenschaftler in Kooperation mit internationalen Kollegen sowie der advanceCOR GmbH untersucht und deren Effektivität verglichen.

    Schnelle Strömung macht GPVI-Fc effektiver

    Dabei zeigte sich, dass die Antikörper GPVI sehr effektiv hemmen, und zwar unabhängig von der Fließgeschwindigkeit des Blutes. GPVI-Fc war vergleichsweise weniger wirksam. „Überraschenderweise ist die Hemmung durch GPVI-Fc jedoch strömungsabhängig: Je höher die Fließgeschwindigkeit des Blutes war, desto stärker ausgeprägt war die Hemmung“, erzählt Siess, „bei niedriger Fließgeschwindigkeit lagern sich trotz GPVI-Fc immer einige Thrombozyten in Strömungsnischen an Plaque-Kollagene an und verursachen über ihre Lockstoffe die Bildung von Thrombozytenaggregaten. Bei höheren Fließgeschwindigkeiten werden diese Lockstoffe weggeschwemmt, sodass nur selten kleine Thrombozytenaggregate gebildet werden. “ Da zur Ruptur neigende Plaques vor allem an arteriellen Engstellen mit höherer Fließgeschwindigkeit vorkommen, kann man mit GPVI-Fc die arterielle Thrombusbildung nach Ruptur von Risiko-Plaques möglicherweise gezielt hemmen.

    Insgesamt schließen die Wissenschaftler, dass die neuen GPVI-Hemmer Blutgerinnseln in Schlagadern besser und nebenwirkungsfreier entgegenwirken als die derzeitige Standardtherapie mit Aspirin und sogenannten P2Y12 Antagonisten. „Dabei ist die Anwendung von GPVI-Fc, welches nur lokal wirksam wird, wahrscheinlich sicherer, als die von GPVI- Antikörpern, die besser wirken, aber Thrombozyten systemisch hemmen und deshalb mit einem höheren Blutungsrisiko als GPVI-Fc behaftet sein könnten“, sagt Siess, „diese Erkenntnisse sollten beim Design klinischer Studien bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen berücksichtigt werden“.
    göd

    Publikation:
    Differential inhibition of human atherosclerotic plaque-induced platelet activation by
    dimeric GPVI-Fc and anti-GPVI antibodies: functional and imaging studies
    Janina Jamasbi, Remco TA Megens, Mariaelvy Bianchini, Götz Münch, Martin Ungerer, Alexander Faussner, Shachar Sherman, Adam Walker, Pankaj Goyal, Stephanie Jung, Richard Brandl, Christian Weber, Reinhard Lorenz, Richard Farndale, Natalie Elia, Wolfgang Siess
    JACC 2015
    doi:10.1016/j.jacc.2015.03.573
    http://content.onlinejacc.org/article.aspx?articleID=2300735

    Kontakt:
    Prof.Dr.med. Wolfgang Siess
    Institut für Prophylaxe der Kreislaufkrankheiten
    Klinikum Innenstadt, LMU München
    Tel +49 89 4400 54380; Fax +49 89 4400 54382
    E-Mail: wsiess@med.uni-muenchen.de


    Images

    Criteria of this press release:
    Journalists
    Biology, Medicine
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).