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07/28/2015 14:55

„Schalter“ zwischen Immunabwehr und Toleranz: Forschergruppe klärt Funktion des Rac-Proteins auf

Annika Bingmann Pressestelle
Universität Ulm

    Forscher des Ulmer Instituts für Pharmakologie und Toxikologie haben den Einfluss des so genannten Rac-Schalterproteins auf die Empfindlichkeit des B-Zellrezeptors gegenüber Antigenen untersucht. Denn dieser Rezeptor hat zwei Seiten: Einerseits ist er ein wichtiger Teil des adaptiven Immunsystems, das den Körper vor Gewebeschädigungen schützt. Andererseits sind überschießende Reaktionen mit Autoimmunerkrankungen und Tumoren des blutbildenden Systems assoziiert. Ein genaueres Verständnis der entsprechenden Mechanismen könnte eines Tages zu einer besseren Therapie von Leukämien und Lymphomen beitragen.

    Mit dem B-Zellrezeptor verhält es sich wie mit Dr. Jekyll und Mr. Hyde: Einerseits ist der Rezeptor auf der Oberfläche von weißen Blutkörperchen ein wichtiger Teil des adaptiven Immunsystems, das den Körper vor Gewebeschädigungen – zum Beispiel durch Mikroorgansimen – schützt. Andererseits sind überschießende Reaktionen mit Autoimmunerkrankungen und Tumoren des blutbildenden Systems assoziiert.
    Ein genaueres Verständnis der entsprechenden Mechanismen ist also nicht nur für die Grundlagenforschung wichtig, sondern könnte eines Tages zu einer besseren Therapie häufiger Erkrankungen, beispielsweise von Leukämien und Lymphomen beitragen. Forscher um Professor Peter Gierschik, Leiter des Ulmer Instituts für Pharmakologie und Toxikologie, und seine Mitarbeiterin Dr. Claudia Walliser haben den Einfluss des so genannten Rac-Schalterproteins auf die Empfindlichkeit des B-Zellrezeptors gegenüber Antigenen untersucht. Ihre Studie ist als „Paper of the Week“ (Beitrag der Woche) im Journal of Biological Chemistry erschienen, dem Organ der American Society for Biochemistry and Molecular Biology.

    Damit der B-Zellrezeptor als Regulator der Immunreaktion wirken kann, ist eine genaue Justierung seiner Empfindlichkeit gegenüber körpereigenen und körperfremden Antigenen – zum Beispiel von Viren und Bakterien – wichtig. Störungen der Signalübertragung dieses Rezeptors führen womöglich zu Immunschwäche, während eine überschießende Reaktion lebensbedrohliche Folgen haben kann. Nun haben Forscher der Ulmer Institute für Pharmakologie und Toxikologie sowie Biophysik mit Kollegen aus Karlsruhe und Tel Aviv (Israel) die Rolle des Schalterproteins Rac untersucht. Dieses Eiweiß regt offenbar die Produktion von Botenstoffen innerhalb der Zelle nach der Bindung von Antigenen an den B-Zellrezeptor an. Einen entsprechenden Regulations-Mechanismus hatten die Forscher um Prof. Gierschik bereits vor rund zehn Jahren im zellfreien System entdeckt. Mithilfe einer hochentwickelten fluoreszenzmiskroskopischen Methode, der so genannten konfokalen Spinning-Disc-Mikroskopie, konnten sie nun die Funktion des Schalterproteins Rac anhand genetisch veränderter B-Lymphozyten in Einzelzellen und in Echtzeit untersuchen. Dafür waren komplexe Vorarbeiten nötig: „Für unsere Untersuchungen haben wir B-Zellen genutzt, in denen die Gene eines Signalvermittlers von Rac ausgeschaltet worden waren. In diese Zellen konnten wir eine Mutante des Signalvermittlers einbringen, die nicht mehr auf Rac reagiert, aber alle sonstigen Signalvermittlerfunktionen ausübt“, erklärt Erstautorin Dr. Claudia Walliser.

    Das Ergebnis erklärt auch zahlreiche Befunde zur Funktion von Rac, die bereits im Menschen oder im Mausmodell erhoben worden sind: Rac erhöht die Empfindlichkeit des B-Zellrezeptors erheblich.
    „Das Schalterprotein wird durch den B-Zellrezeptor selbst und seine Korezeptoren aktiviert. Letztere helfen dem B-Zellrezeptor zu entscheiden, ob das Antigen körpereigen ist oder zum Beispiel von Mikroorganismen stammt. Ist es körperfremd, erhöht der Korezeptor die Empfindlichkeit des Rezeptors“, erläutert Gierschik. Dank dieser Ergebnisse verfügen die Forscher jetzt auch über ein aussagekräftiges Modell für die Interaktion des B-Zellrezeptors mit seinen Korezeptoren. Deren Zusammenspiel ist schließlich ausschlaggebend für die Feinjustierung der Rezeptor-Empfindlichkeit und somit die Balance zwischen Immunabwehr und Toleranz.

    Das Projekt wurde durch die DFG-Sonderforschungsbereiche (SFB) 497 und 1074 („Experimentelle Modelle und Klinische Translation bei Leukämien“, Sprecher Prof. Hartmut Döhner) sowie durch die International Graduate School in Molecular Medicine unterstützt. In weiterführenden Untersuchungen soll jetzt im SFB 1074 in Zusammenarbeit mit klinischen Gruppen untersucht werden, welchen Einfluss Rac auf die zielgerichtete Arzneimitteltherapie menschlicher Leukämien, beispielsweise der Chronisch Lymphatischen Leukämie (CLL) nimmt.

    Zum Hintergrund:

    Die Editoren der Zeitschrift „Journal of Biological Chemistry“ prämieren mit der Auszeichnung „Paper of the Week“ die bezüglich Qualität und wissenschaftlicher Bedeutung besten 2 % der jährlich mehr als 6600 Veröffentlichungen in dieser Zeitschrift.

    Weitere Informationen:
    Prof. Dr. Peter Gierschik: 0731/500-65500, peter.gierschik@uni-ulm.de
    Dr. Claudia Walliser: 0731/500-65508, claudia.walliser@uni-ulm.de

    Claudia Walliser, Kyrylo Tron, Karen Clauß, Orit Gutman, Andrei Yu. Kobitski,
    Michael Retlich, Anja Schade, Carlheinz Röcker, Yoav I. Henis, G. Ulrich Nienhaus, and Peter Gierschik. Rac-mediated stimulation of phospholipase C-2 amplifies B cell receptor-induced calcium signaling. Journal of Biological Chemistry. http://www.jbc.org/content/early/2015/04/22/jbc.M115.645739

    pdf:

    Signalübertragung in B-Zellen (Abbildung: Gierschik):
    Rolle des Schalterproteins Rac in der Signalübertragung in B-Zellen: Der B-Zell-Antigenrezeptor (BCR) erkennt das Antigen an der Außenseite der Zellmembran und aktiviert an deren Innenseite nacheinander die Proteine Brutons-Tryrosinkinase (Btk), B-Zell-Linkerprotein (BLNK) und Phospholipase C-2 (PLC2). Die PLC2 erzeugt dann intrazelluläre Botenstoffe, die viele B-Zellfunktionen regulieren (hier nicht gezeigt). Wenn die Erkennung des Antigens durch den BCR in der Nähe von Prozessen erfolgt, die auch eine Aktivierung der Complementkaskade beinhaltet (z.B. in der Nachbarschaft von pathogenen Mikroorganismen), dann bewirkt das Endprodukt der Kaskade, Complement C3d, nach Quervernetzung mit dem Antigen eine Aktivierung des B-Zell-Korezeptors CD21|CD19 und nachfolgend eine Aktivierung des GTP-bindenden Schalterproteins Rac im Zellinneren. Letztere führt zu einer starken Erhöhung der Antigen-Empfindlichkeit der B-Zelle. Das Antigen wird somit nur erkannt, wenn es in der richtigen extrazellulären Umgebung vorkommt. Die Verstärkung der Aktivierung von Rac durch den BCR selbst und durch Integrine, die die extrazelluläre Matrix erkennen, unterstützt diesen spezifischen Erkennungsprozess. Auf diese Weise ist der B-Zelle letztlich die Unterscheidung von Selbst- und Fremdantigenen möglich.


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    Prof. Peter Gierschik, Leiter des Ulmer Instituts für Pharmakologie und Toxikologie, und Dr. Claudia Walliser haben die Funktion des Rac-Proteins aufgeklärt
    Prof. Peter Gierschik, Leiter des Ulmer Instituts für Pharmakologie und Toxikologie, und Dr. Claudia ...
    Foto: Eberhardt/Uni Ulm
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    Criteria of this press release:
    Journalists
    Biology, Chemistry, Medicine
    transregional, national
    Research projects, Research results
    German


     

    Prof. Peter Gierschik, Leiter des Ulmer Instituts für Pharmakologie und Toxikologie, und Dr. Claudia Walliser haben die Funktion des Rac-Proteins aufgeklärt


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