Etwa jeder Zehnte in Deutschland leidet unter Migräne. Zur Vorbeugung der Anfälle stehen Patienten bisher Arzneimittel zur Verfügung, die sie meist täglich einnehmen müssen und die teilweise mit unangenehmen Nebenwirkungen wie Müdigkeit und Gewichtszunahme einhergehen. Bei der Suche nach neuen Wirkstoffklassen sind jetzt monoklonale Antikörper gegen den Botenstoff CGRP in den Fokus getreten. Sie könnten eine neue Ära in der Migränetherapie einleiten. Welches Potenzial die neuen Medikamente für die Migräneprophylaxe haben, erläutern Experten auf der Pressekonferenz am 14. Oktober 2015 des diesjährigen Deutschen Schmerzkongresses (14. bis 17. Oktober) in Mannheim.
Experten beziffern die Anzahl der Migräneanfälle in Deutschland auf täglich etwa 350 000. Nicht nur die Schmerzen sind für die Betroffenen eine Qual, sondern auch die damit verbundenen Einschränkungen und die Angst vor der nächsten Kopfschmerzattacke. „Neben Mitteln zur akuten Schmerzlinderung werden daher Arzneien zur Vorbeugung immer wichtiger“, sagt Professor Dr. med. Martin Marziniak, Tagungspräsident des Deutschen Schmerzkongresses und Chefarzt der Klinik für Neurologie am kbo-Isar-Amper-Klinikum München-Ost.
Das sogenannte Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP) gilt als der wichtigste Botenstoff bei der Entstehung von Migräne. Er wird aus Nervenzellen freigesetzt, überträgt Schmerzsignale und erweitert die Blutgefäße. Schon vor einigen Jahren wurde gezeigt, dass verschiedene Medikamente Migräneanfälle stoppen können, indem sie den CGRP-Rezeptor blockieren. Allerdings führten diese Substanzen beim Abbau in der Leber zu so starken Nebenwirkungen, dass sie nicht zugelassen werden konnten. „Im vergangenen Jahr ist es Forschern gelungen, neuartige CGRP-Blocker zur Migräneprophylaxe zu entwickeln“, sagt Privatdozent Dr. med. Uwe Reuter, Leiter der Kopfschmerzambulanz an der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Charité Berlin. Es handelt sich dabei um sogenannte monoklonale Antikörper. Diese immunologisch aktiven Eiweiße zirkulieren im Körper, erkennen eine bestimmte Oberflächenstruktur des Botenstoffs CGRP und des CGRP-Rezeptors, binden daran und blockieren somit die Weiterleitung des Migränesignals.
Laut Reuter sind vier verschiedene monoklonale Antikörper an insgesamt ca. 1000 Patienten, die an vier bis vierzehn Tagen pro Monat an Migräne litten, getestet worden. Alle vier Antikörper hätten zu einer Abnahme der Migräneattacken um drei bis sieben Tage pro Monat geführt. Nebenwirkungen seien dabei gleichermaßen häufig aufgetreten wie in den Kontrollgruppen, die Placebos bekommen hätten.
„Wir stufen diese neuen Substanzen, die speziell zur Vorbeugung von Migräne entwickelt wurden, als erfolgreich und hoffnungsvoll ein“, betont Professor Marziniak. Die neuen Medikamente haben nicht nur weniger belastende Nebenwirkungen wie die bisher zur Prophylaxe eingesetzten Betablocker oder Antiepileptika, sondern sind auch einfacher in der Anwendung: „Die Patienten nehmen die prophylaktisch wirkenden monoklonalen Antikörper nicht täglich ein, sie werden stattdessen ein- oder zweimal im Monat injiziert“, sagt Professor Marziniak. Bis zur Zulassung der neuen Medikamente könnten noch gut drei Jahre vergehen, vermutet Dr. Reuter. „Im Herbst und Winter beginnen wir auch in Deutschland mit großen Phase III-Studien, die die Wirksamkeit und Sicherheit der neuen Medikamente zeigen müssen.“
Literatur:
PD Dr. med. Uwe Reuter, Redemanuskript, Pressekonferenz Deutscher Schmerzkongress 14.10.2015
Terminhinweise:
Pressekonferenz
anlässlich des Deutschen Schmerzkongresses
der Deutschen Schmerzgesellschaft e. V. und der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e. V. vom 14. bis 17. Oktober 2015
Termin: Mittwoch, 14. Oktober 2015, 11:00 bis 12:00 Uhr
Ort: Congress Center Rosengarten Mannheim, Raum: „Christian Cannabich“
Anschrift: Rosengartenplatz 2, 68161 Mannheim
Symposium: „Ergotamine, Triptane, CGRP-Antagonisten und monoklonale Antikörper - Generationen der Kopfschmerztherapeutika“
Vorsitz: C. Gaul, Königstein im Taunus
Termin: Samstag, 17. Oktober 2015, 10:30 bis 12:00 Uhr
Ort: Congress Center Rosengarten Mannheim, Raum: Mozartsaal
Anschrift: Rosengartenplatz 2, 68161 Mannheim
Programm/Referenten
Pressekonferenz zum Deutschen Schmerzkongress
Termin: Mittwoch, 14. Oktober 2015, 11.00 bis 12.00 Uhr
Ort: Congress Center Rosengarten Mannheim, Rosengartenplatz 2, 68161 Mannheim, Raum: „Christian Cannabich“
Schmerztherapie und Gesundheitspolitik in Deutschland: Status Quo und Perspektiven?
Professor Dr. med. Michael Schäfer
Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft e. V. und leitender Oberarzt und Schmerzforscher an der Charité, Berlin
Qualitätssicherung in der Versorgung von Kopfschmerzpatienten
Professor Dr. med. Andreas Straube
Präsident der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e. V. und Leiter der Neurologischen Poliklinik, Klinikum Großhadern, München
40 Jahre Deutsche Schmerzgesellschaft: Interdisziplinäre Schmerzbehandlung zum Wohl des Patienten
Professor Dr. med. Hans-Georg Schaible
Tagungspräsident und Direktor des Instituts für Physiologie I (Neurophysiologie) am Universitätsklinikum Jena
Das Präsidenten Symposium: Einfluss des Nervensystems auf Entzündung (Immunsystem) und neue Ansätze der Alternsforschung
Professor Dr. med. Martin Marziniak
Tagungspräsident und Chefarzt der Klinik für Neurologie am kbo-Isar-Amper-Klinikum München-Ost
Cannabis bei rheumatischen Erkrankungen: Eine Option?
PD Dr. med. Winfried Häuser
Ärztlicher Leiter des Schwerpunktes Psychosomatik der Klinik Innere Medizin I, Klinikum Saarbrücken
Schmerz als „lebenslanger Begleiter“: Merkmale und Behandlung
Dr. dipl. psych. Paul Nilges
Leitender Psychologe am DRK-Schmerzzentrum, Mainz
Neue Behandlungsansätze zur Migräne-Prophylaxe: Monoklonale Antikörper gegen CGRP oder CGRP-Rezeptoren
PD Dr. med. Uwe Reuter
Leiter der Kopfschmerzambulanz, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Charité Berlin
Ihr Kontakt für Rückfragen:
Kongress-Pressestelle
Deutscher Schmerzkongress 2015
Dagmar Arnold
Postfach 30 1 20
70451 Stuttgart
Tel.: 0711 8931-380
Fax: 0711 8931-167
E-Mail: arnold@medizinkommunikation.org
www.schmerzkongress2015.de
Thomas Isenberg
Geschäftsführer der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V.
Alt-Moabit 101 b
10559 Berlin
Tel.: 030 39409689-1
Fax: 030 39409689-9
Mobil: 0171 7831155
E-Mail: presse@dgss.org
www.dgss.org
http://www.schmerzkongress2015.de
http://www.dgss.org
Criteria of this press release:
Journalists
Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
transregional, national
Press events, Research results
German
You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.
You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).
Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.
You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).
If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).