Berlin – Der Verzehr von rotem Fleisch und Wurstwaren ist nur eines von fünf bekannten Lebensstilrisiken für den Darmkrebs. Viele Tumore sind genetisch bedingt und deshalb auch bei einer gesunden Ernährung nicht sicher vermeidbar. Die beste Vorsorge bleibt, nach Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), die regelmäßige Darmspiegelung. Im Rahmen der Vorsorge-Koloskopie finden Ärzte bei 31 Prozent der Männer und 20 Prozent der Frauen Polypen, zeigt eine kürzlich im Fachmagazin „Gastroenterology“ erschienene Studie.
Noch während der Untersuchung können die Mediziner diese aus der Darmwand entfernen und damit die Entstehung von Krebs verhindern. Mit der Darmkrebsvorsorge lässt sich das individuelle Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, um bis zu 80 Prozent senken, betont die DGVS.
Mehr als 62 000 Menschen erkranken in Deutschland an Darmkrebs und fast die Hälfte stirbt daran. Ein ungesunder Lebensstil gilt als wichtiger Auslöser. Neben den jetzt von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als krebserregend eingestuftem roten Fleisch und Wurstwaren gehören auch übermäßiger Alkoholkonsum, Rauchen, Übergewicht und Bewegungsmangel zu den anerkannten Risikofaktoren. „Aber selbst das Meiden aller fünf bekannten Risiken kann das Darmkrebsrisiko allenfalls um ein Viertel senken“, erklärt DGVS-Mediensprecher Professor Dr. med. Christian Trautwein, Direktor der Medizinischen Klinik III am Universitätsklinikum Aachen. Denn viele Ernährungs- und Umweltrisiken sind noch nicht bekannt. Zudem haben etwa ein Viertel aller Darmkrebspatienten ein erhöhtes Risiko aufgrund ihrer Erbanlagen.
Darmkrebs ist eine Folge von Mutationen in den Darmzellen. Zunächst entwickeln sich Darmpolypen, aus denen dann über mehrere Jahre ein Darmkrebs entstehen kann. Diese lange Entwicklungszeit bietet gute Chancen, den Krebs in einem früheren Stadium zu entdecken oder durch die Entfernung der Polypen gänzlich zu vermeiden. Wichtig ist deshalb die Teilnahme an der Darmkrebsvorsorge, betont die DGVS. Alle Krankenversicherten können ab dem 50. Lebensjahr jährlich kostenlos Stuhlproben auf Blutspuren untersuchen lassen, die von vielen Tumoren freigesetzt werden. Ab dem 55. Lebensjahr besteht Anspruch auf eine Darmspiegelung, die aufgrund der langsamen Darmkrebsentwicklung nur alle zehn Jahre wiederholt werden muss. Menschen mit einem sehr hohen Darmkrebsrisiko sollten jedoch bereits mit Anfang 40 mit dem Screening beginnen.
„Die Detektionsrate beim Darmkrebsscreening ist in den letzten Jahren gestiegen“, berichtet Trautwein. Der Experte sieht darin in erster Linie ein Zeichen für die hohe Qualität der Darmspiegelung. „Können und Technik haben sich in den vergangen Jahren kontinuierlich verbessert.“
Die DGVS ruft die Bevölkerung regelmäßig zur Teilnahme an der Darmkrebsvorsorge auf. Die Teilnahmeraten seien aber noch immer viel zu gering, bedauern die Gastroenterologen. Seit der Einführung der Vorsorge-Koloskopie im Jahr 2002 hat nur jeder fünfte Erwachsene über 55 Jahre die Chance zur Darmkrebsvorsorge ergriffen. Dennoch verzeichnet das Robert Koch-Institut einen leichten Rückgang der Darmkrebserkrankungen und der Darmkrebstodesfälle. „Würden mehr Menschen teilnehmen, ließe sich Darmkrebs in noch größerem Maßstab verhindern“, ist sich Trautwein sicher.
Literatur:
Trends in Adenoma Detection Rates During the First 10 Years of the German Screening Colonoscopy Program.
Brenner H, Altenhofen L, Kretschmann J, Rösch T, Pox C, Stock C, Hoffmeister M.
Gastroenterology. 2015 Aug;149(2):356-66
Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) wurde 1913 als wissenschaftliche Fachgesellschaft zur Erforschung der Verdauungsorgane gegründet. Heute vereint sie mehr als 5.000 Ärzte und Wissenschaftler aus der Gastroenterologie unter einem Dach. Die DGVS fördert sehr erfolgreich wissenschaftliche Projekte und Studien, veranstaltet Kongresse und Fortbildungen und unterstützt aktiv den wissenschaftlichen Nachwuchs. Ein besonderes Anliegen ist der DGVS die Entwicklung von Standards und Behandlungsleitlinien für die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen der Verdauungsorgane – zum Wohle des Patienten.
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