Was ist Elternschaft? Dieser einfachen, aber grundlegenden Frage geht die jetzt veröffentlichte, interdisziplinäre Studie über Elternschaft nach. In ihrer an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe erstellten Dissertation untersucht Désirée Waterstradt Verständnisgrundlagen sowie sozialhistorische Veränderungen von Elternschaft und entwirft abschließend eine erste Theorie der Elternschaft.
Kaum etwas erscheint bis heute so selbstverständlich wie die Elternschaftskonzepte, mit denen man aufwächst. Auch in Wissenschaft und Berufspraxis wurde das Verständnis von Elternschaft bislang nicht grundlegend hinterfragt: Nachschlagewerke und Fachliteratur von Soziologie, Psychologie und Pädagogik zeigen die Wissenslücke. Auch eine Sozialgeschichte, Entwicklungspsychologie oder Soziologie der Elternschaft gibt es bislang nicht. Wie sehr die unhinterfragte Selbstverständlichkeit die sozialhistorische Prägung und normative Aufladung von Elternschaft verdeckt, zeigt die interdisziplinäre Untersuchung von Begriffen, Wissensgrundlagen und nationaler Rahmung.
Am Beispiel Deutschlands skizziert die Studie den sozialhistorischen Wandel von Elternschaft. In den gut zwei Jahrhunderten moderner deutscher Nationsbildung verändert sich Elternschaft grundlegend. Dies wird beispielhaft in sechs Themenbereichen gezeigt – vom Aufstieg moderner Familien- und Elternschaftsideale, der Veränderung der Bevölkerungsentwicklung und der Abstammungskonzepte, dem Aufstieg der modernen Zentralkategorie der Arbeit, der wachsenden Kindzentrierung bis zum Verblassen des traditionellen Ehrgebots gegenüber Eltern.
Auf Basis der Untersuchungsergebnisse ist ein erstes theoretisches Grundlagenkonzept entstanden: Es beschreibt Elternschaft nicht nur als persönlichen Entwicklungsprozess, sondern zugleich als langfristigen gesellschaftlichen Entwicklungsprozess, durch den Gesellschaften ihre Generativität gewährleisten und ausgestalten. Dieser gesellschaftliche Elternschaftsprozess wird unter dem Wandlungsdruck der Beziehungsgeflechte und Machtdynamiken mitgeformt, so dass sich Kanons, Ideale und Habitus der Elternschaft verändern.
Die Studie wurde als Dissertation an der Fakultät für Sprach-, Literatur- und Sozialwissenschaften der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe von 2009 – 2014 erstellt und von Professor Annette Treibel-Illian betreut. Die Publikation ist als Buch, e-book und Open Access-Volltextversion via Google Books verfügbar:
Désirée Waterstradt: Prozess-Soziologie der Elternschaft. Nationsbildung, Figurationsideale und generative Machtarchitektur in Deutschland. Verlag Monsenstein und Vannerdat. Münster 2015.
Die Autorin Désirée Waterstradt hat Kommunikationswissenschaft, Sozialpsychologie und Amerika-nistik studiert und in Soziologie promoviert. Neben ihrer beruflichen Tätigkeit widmet sie sich seit 2009 der Erforschung von Elternschaft. Ziel ist die Erarbeitung eines fundierten Grundlagenwissens von Elternschaft. Über ihre Berufslaufbahn in Journalismus, Marketing und Unternehmenskommunikation sammelte sie weitreichende Erfahrungen in der Analyse von Wandlungsdynamiken komplexer Beziehungsgeflechte bzw. Machtarchitekturen.
Cover von "Prozess-Soziologie der Elternschaft"
Source: Verlag Monsenstein und Vannerdat
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars, Students
History / archaeology, Politics, Religion, Social studies, Teaching / education
transregional, national
Research results, Transfer of Science or Research
German
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