Antisoziales Verhalten und Kooperation schließen einander nicht aus, im Gegenteil: Beides kann in lokalen Gemeinschaften unter Umständen gleichzeitig auftreten, wie Wirtschaftswissenschaftler und Umweltforscher aus Marburg und Innsbruck sowie Beaufort in den USA jetzt festgestellt haben. Die Forschergruppe um Juniorprofessor Dr. Björn Vollan von der Philipps-Universität führte Verhaltensexperimente in Dorfgemeinschaften mexikanischer Meeresschutzzonen sowie Befragungen durch. Das Team veröffentlicht seine Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe der Online-Zeitschrift „Science Advances“.
„Kooperation kann die nachhaltige und wirkungsvolle Nutzung gemeinschaftlicher Güter verbessern, zum Beispiel in der Forstwirtschaft oder Fischerei“, erläutert Wirtschaftswissenschaftler Vollan. „Welchen Einfluss antisoziales Verhalten dabei hat, blieb bislang weitgehend ungeklärt.“
Um diese Frage zu beantworten, forschten Vollan und seine Koautoren in Küstenorten im nordwestlichen Mexiko, die sich durch eine reiche marine Lebewelt auszeichnen. Die Forschergruppe verglich in einer Verhaltensstudie Menschen, die in Meeresschutzzonen leben, mit Personen außerhalb dieser Zonen. Die erhobenen Daten zeigen, dass in den kleinen Fischerorten kooperatives und antisoziales Verhalten in hohem Maße miteinander einhergehen, und zwar nicht nur bei Fischern. „Fünfzehn Jahre nach Etablierung der Schutzzonen weisen diese ein größeres Maß an sozialförderlichem, aber auch an antisozialem Verhalten auf als andere Gegenden“, schreiben die Verfasser.
Warum unterscheiden sich die Schutzzonen von anderen Regionen, was das Sozialverhalten angeht? Einen erheblichen Einfluss schreibt die Forschergruppe einer erhöhten Anzahl von Personen zu, die gesteigertes antisoziales und kooperatives Verhalten in sich vereinen. Für das verstärkte sozialförderliche Verhalten führen die Wissenschaftler drei mögliche Gründe ins Feld: den Zusammenhalt gegen gemeinsame Gegner oder Gefahren, die Antwort auf rechtliche Vorgaben oder eine Reaktion auf vertrauensbildende Maßnahmen.
Als Ursache für das gesteigerte antisoziale Verhalten vermutet das Forschungsteam einen verschärften Wettbewerb, da die Einführung der Schutzzonen neue ökonomische Möglichkeiten eröffnet habe. „Ich versuche, mit allen befreundet zu sein und die anderen zu schlagen“, zitieren die Autoren einen Fischer zum Reiz seines Berufes, „es ist immer aufregend, zu sehen, wer gewinnt.“ Vollan sieht durch die aktuellen Resultate bestätigt, was bereits eine vorangegangene Studie in Namibia ergab, die er mit anderen Kollegen durchführte: „Wir fanden heraus, dass antisoziales Verhalten insbesondere dann verstärkt auftreten kann, wenn Ressourcenknappheit mit Wettbewerb um Weideland einhergeht.“
Der Umwelt- und Ressourcen-Ökonom Dr. Björn Vollan hat seit Oktober 2015 eine „Robert-Bosch-Juniorprofessur für nachhaltige Ressourcennutzung“ an der Philipps-Universität inne. Seine Arbeitsgruppe untersucht den Einfluss von Klimakatastrophen auf das Verhalten der Betroffenen und deren Umgang mit natürlichen Ressourcen.
Originalpublikation: Xavier Basurto & al.: Integrating Simultaneous Pro-social and Anti-social Behavior into Theories of Collective Action, Science Advances 2016
Weitere Informationen:
Ansprechpartner: Dr. Björn Vollan,
Fachbereich Wirtschaftswissenschaften,
Robert-Bosch-Juniorprofessur für nachhaltige Ressourcennutzung
E-Mail: bjoern.vollan@wiwi.uni-marburg.de
Pressemitteilung zur Verleihung der Robert-Bosch-Juniorprofessur: http://www.uni-marburg.de/aktuelles/news/2015a/boschjuniorprofessur2015
Dr. Björn Vollan (Mitte) bei der Vorstellung der Robert-Bosch-Juniorprofessur 2015.
(Foto: Robert-Bosch-Stiftung)
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Criteria of this press release:
Journalists
Economics / business administration
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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