Mechanische Strukturen aus winzigen Perlen heilen nach Bruch spontan
Eine der vielen Eigenschaften, die Lebewesen künstlichen Strukturen voraus haben, ist ihre ganz erstaunlichen Fähigkeit zur Selbstheilung. Wie praktisch wäre es, wenn sich auch kaputte Gegenstände wieder selbst reparieren könnten. Erste Schritte in Richtung selbstheilender Materialien wurden bereits unternommen, einige Kunststoffe und Keramiken mit selbstheilenden Eigenschaften entwickelt. George M. Whitesides und Mila Boncheva von der Harvard University in Cambridge, USA, haben einen neuen Weg eingeschlagen, um unbelebter Materie Selbstheilung zu ermöglichen: Aus millimetergroßen Perlen bauten sie entsprechend dem Vorbild des Wirbeltier-Rückgrates Strukturen auf, die nach Bruch oder Ausrenken spontan in ihre ursprüngliche lineare Anordnung zurückfinden.
Eine Wirbelsäule besteht aus starren Strukturelementen, den Wirbeln, die von den elastischen Bandscheiben getrennt und durch Muskeln und Bänder zusammen gehalten werden. Durch dieses von der Natur fein ausgeklügelte Bauprinzip ist sie gleichzeitig fest und flexibel, federt Stöße ab und schützt das empfindliche Rückenmark. Dieses erfolgreiche Bauprinzip schauten die Harvard-Forscher ab. Die Rolle der Wirbel übernehmen sanduhrförmige, millimetergroße Kunststoff-Perlen. Durch ein Loch in ihrer "Taille" werden sie auf einen elastischen Faden gefädelt, der an den Enden mit Knoten gesichert ist. Der Faden steht dabei unter Spannung und entspricht den Muskeln und Bändern. Durch die Spannung wird ein Druck auf die Perlen ausgeübt, der sie in eine lineare Anordnung zwingt, bei der die Perlen jeweils senkrecht zu einander stehen. Die Perlen sind mit kleinen Kupferplättchen ausgestattet, die eine Schicht aus Lötzinn tragen. Wird die Perlenschnur über die Schmelztemperatur des Lötzinns erhitzt und wieder abgekühlt, sind die Perlen über die Lötstellen zu einem kompakten Stab fest verbunden. Diese Lötstellen entsprechen damit den Bandscheiben. 250 g kann eine derartige Mikro-Wirbelsäule tragen, bevor sie in zwei Teile bricht, die aber immer noch vom Faden zusammen gehalten werden. Erneutes Erhitzen in heißem Wasser und leichtes Schütteln des Gefäßes reichen aus, um den Bruch wieder zu heilen. Noch stabiler ist eine zweite Wirbelsäulen-Variante, bei der die verknoteten Fadenenden zusätzlich in eine Haltevorrichtung eingespannt werden. Diese Konstruktion wurde einem Streckverband nachempfunden, der bei Rückgratverletzungen zur Entlastung der Wirbelsäule angelegt wird. Diese Zugkräfte bringen die Perlenschnur nach einer Überlastung spontan wieder in die lineare Stabform zurück, einfaches Erwärmen heilt den Bruch wieder.
Kontakt: Prof. Dr. G. M. Whitesides
Department of Chemistry and Chemical Biology
Harvard University
Cambridge
MA 02138
USA
Fax: (+1) 617-496-9857
E-mail: gwhitesides@gmwgroup.harvard.edu
Angewandte Chemie Presseinformation Nr. 23/2003
Angew. Chem. 2003, 115 (23), 2748 - 2751
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Criteria of this press release:
Biology, Chemistry
transregional, national
Research results
German
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