Erziehungswissenschaftler der Universität Jena veröffentlichen Buch über jüdische Pädagogik
Gibt es eine spezifische pädagogische Kultur im Judentum? Sofern es sie gibt – wie äußert sie sich, woran lässt sie sich erkennen? Kann man sogar von einer modernen Tradition der pädagogischen Kultur im Judentum sprechen?
Fragen wie diesen gingen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf dem Symposium „Glaube und Bildung im Judentum“ nach, das 2013 an der Universität Jena und der Alten Synagoge in Erfurt gehalten wurde. Die Ergebnisse des Symposiums haben Annika Blichmann und Karsten Kenklies von der Universität Jena nun als Buch herausgegeben: „Pädagogische Kultur des Judentums als moderne Tradition“. Erschienen ist es als Band 10 der Reihe „Kultur und Bildung“, die Prof. Dr. Dr. Ralf Koerrenz von der Universität Jena herausgibt.
Im ersten Beitrag des Buches bietet der Göttinger Theologe Prof. Dr. Bernd Schröder interessante Einblicke in die äußerst heterogene jüdische Welt. So teilt sich die israelische Gesellschaft in säkulare Gruppen sowie in traditionelle, religiös-orthodoxe und fromm-ultraorthodoxe. Alle diese Gruppen bieten den Heranwachsenden je eigene Schulen an; Wechsel in andere Schulen sind faktisch nicht möglich. Schröders Fazit: „eine“ Form jüdischer Erziehung gibt es nicht, kann es nicht geben. Dennoch sei Israel eine Wissensgesellschaft, werde Bildung als hohes Gut geschätzt.
In zehn weiteren Aufsätzen nehmen die Wissenschaftler eine Bestandsaufnahme der aktuellen Situation in Israel ebenso vor, wie sie Exkurse in die Historie anbieten. So stellt etwa Dr. Annika Blichmann von der Universität Jena die Berliner Freischule vor, eine Bildungseinrichtung, die von 1778 bis 1825 bestand. Sie stand für den Versuch, das Denken der Aufklärung den Söhnen der jüdischen Bürger zu vermitteln und zugleich das Judentum zu reformieren und zu modernisieren. Neu war zudem, dass an der Freischule jüdische und christliche Schüler gemeinsam unterrichtet wurden.
Prof. Dr. Käthe Schneider von der Universität Jena schreibt über „Bildung durch menschliche Begegnung“ und bezieht sich hierbei im Speziellen auf Martin Buber. Auch Prof. Dr. Manuel Fröhlich (Universität Trier) greift Buber in seinem Beitrag auf und ergänzt dessen Perspektive durch diejenige von Hannah Arendt. Über Janusz Korczak und dessen Pädagogik der Nicht-Erziehung schreibt Prof. Dr. Michael Winkler von der Universität Jena.
Spannung verspricht der Aufsatz von Prof. Dr. Karsten Kenklies (Jena/Glasgow), der über das „Jüdische Geheimnis“ schreibt. Im Mittelpunkt der Überlegungen steht die These, dass die Ursprünge des Bildungsdenkens im 18. Jahrhundert im jüdischen Denken liegen. Maßgeblich sieht Kenklies dafür die Denkschule der Kabbala als Quelle erster pädagogischer Methodenlehren an. Kenklies zeigt zudem, dass selbst Goethe wohlvertraut war mit der kabbalistischen Geheimlehre. Alles in allem eine spannende Lektüre.
Bibliographische Angaben:
Annika Blichmann, Karsten Kenklies (Hg.): „Pädagogische Kultur des Judentums als moderne Tradition“, Ferdinand Schöningh Verlag, Paderborn 2016, 182 Seiten, 27,90 Euro, ISBN: 978-3-506-78102-4
Kontakt:
Dr. Annika Blichmann
Institut für Bildung und Kultur der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Am Planetarium 4, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 945335
E-Mail: annika.blichmann[at]uni-jena.de
Das Cover der neuen Publikation.
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Criteria of this press release:
Journalists
History / archaeology, Religion, Teaching / education
transregional, national
Scientific Publications
German
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