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04/18/2016 15:26

Mit einem mathematischen Modell das Verhalten von Zellen voraussagen

Marietta Fuhrmann-Koch Kommunikation und Marketing
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

    Für die Erforschung zellulärer Prozesse haben Wissenschaftler der Universität Heidelberg ein spezielles mathematisches Modell entwickelt: Mithilfe einer darauf aufbauenden Software können sie simulieren, wie sich größere Ansammlungen von Zellen auf vorgegebenen geometrischen Strukturen verhalten. Unterstützt wird damit die Auswertung mikroskopischer Beobachtungen des Zellverhaltens auf strukturierten Unterlagen. Ein Anwendungsbereich liegt im Hochdurchsatz-Screening für Medikamente, bei dem automatisch entschieden werden muss, ob ein bestimmter Wirkstoff das Zellverhalten verändert. Die Erkenntnisse wurden in der Fachzeitschrift „PLOS Computational Biology“ veröffentlicht.

    Pressemitteilung
    Heidelberg, 18. April 2016

    Mit einem mathematischen Modell das Verhalten von Zellen voraussagen
    Heidelberger Physiker entwickeln neuartige Software für die Lebenswissenschaften

    Für die Erforschung zellulärer Prozesse haben Wissenschaftler der Universität Heidelberg ein spezielles mathematisches Modell entwickelt: Mithilfe einer darauf aufbauenden Software können sie simulieren, wie sich größere Ansammlungen von Zellen auf vorgegebenen geometrischen Strukturen verhalten. Unterstützt wird damit die Auswertung mikroskopischer Beobachtungen des Zellverhaltens auf strukturierten Unterlagen. Ein Beispiel dafür ist ein Modell für Wundheilung, in dem Hautzellen eine Lücke schließen müssen. Ein weiterer Anwendungsbereich liegt im Hochdurchsatz-Screening für Medikamente, bei dem automatisch entschieden werden muss, ob ein bestimmter Wirkstoff das Zellverhalten verändert. Die Erkenntnisse der Forscher Prof. Dr. Ulrich Schwarz und Dr. Philipp Albert, die sowohl am Institut für Theoretische Physik als auch am Bioquant-Zentrum der Ruperto Carola tätig sind, wurden jetzt in der Fachzeitschrift „PLOS Computational Biology“ veröffentlicht.

    Eines der wichtigsten Fundamente der modernen Lebenswissenschaften ist es, Zellen außerhalb des Körpers zu kultivieren und mit Mikroskopieverfahren beobachten zu können. Auf diese Weise können zelluläre Prozesse viel genauer analysiert werden als im Körper. Dabei treten jedoch spezifische Probleme auf. „Wer biologische Zellen schon einmal unter dem Mikroskop beobachtet hat, weiß, wie unberechenbar ihr Verhalten sein kann. Auf einer herkömmlichen Kulturschale fehlt ihnen, anders als in ihrer natürlichen Umgebung im Körper, die ,Orientierung‘. Deshalb lassen sich aus ihrer Form und Bewegung bei bestimmten Fragestellungen der Forschung keine Regelmäßigkeiten ableiten“, erläutert Prof. Schwarz. Um mehr über das natürliche Verhalten der Zellen lernen zu können, setzen die Forscher daher auf Methoden aus den Materialwissenschaften. Die Unterlage zur mikroskopischen Untersuchung wird dabei so strukturiert, dass sie Einfluss auf die Regelmäßigkeit von Zellform und Zellbewegung hat. Dazu werden, so der Heidelberger Physiker, mit bestimmten Druckverfahren Proteine in geometrisch wohldefinierten Bereichen der Unterlage angebracht. Das Zellverhalten kann dann mit den üblichen Mikroskopieverfahren beobachtet und ausgewertet werden.

    Die Arbeitsgruppe von Ulrich Schwarz hat sich zur Aufgabe gemacht, das Verhalten von biologischen Zellen auf strukturierten Unterlagen mathematisch zu beschreiben. Derartige Modelle sollen es möglich machen, das Zellverhalten umfassend und quantitativ zu berechnen. Philipp Albert hat dafür ein aufwendiges Computerprogramm entwickelt, das alle wesentlichen Eigenschaften von Einzelzellen und ihrer Wechselwirkung berücksichtigt und vorhersagen kann, wie sich auch größere Ansammlungen von Zellen auf den vorgegebenen geometrischen Strukturen verhalten. „Aus dem Zusammenspiel mehrerer Zellen entstehen oft überraschende und neuartige Verhaltensmuster wie die Bildung von Strömungen, Wirbeln und Brücken. Wie auch in physikalischen Systemen, etwa Flüssigkeiten, ist hier das Ganze mehr als die Summe der Teile. Unser Software-Paket kann ein solches Verhalten in sehr kurzer Zeit berechnen“, betont Dr. Albert. Seine Computersimulationen zeigen zum Beispiel, dass Hautzellen Lücken in einem Wundmodell als Ensemble überbrücken können, allerdings nur bis zu einer Größe von etwa 200 Mikrometern.

    Eine weitere vielversprechende Anwendung, die die Arbeitsgruppe von Dr. Holger Erfle am BioQuant-Zentrum verfolgt, liegt im Bereich des Hochdurchsatz-Screenings von Zellen. Dabei werden robotergesteuerte Anlagen verwendet, um automatisch pharmakologische oder genetische Tests mit vielen verschiedenen Wirkstoffen durchzuführen. Sie sollen zum Beispiel neue Arzneimittel gegen Viren oder für die Krebstherapie identifizieren. Mithilfe des neuen Programms lässt sich jetzt vorhersagen, welche Geometrien für einen bestimmten Zelltyp am besten geeignet sind. Dabei kann die Software auch aufzeigen, welche unter dem Mikroskop beobachteten Änderungen im Zellverhalten überhaupt erst von Bedeutung sind.

    Die Forschungsarbeiten von Prof. Schwarz, Dr. Albert und Dr. Erfle wurden von 2011 bis 2015 von der Europäischen Gemeinschaft im Rahmen des Programms „Micropattern-Enhanced High Throughput RNA Interference for Cell Screening“ (MEHTRICS) gefördert. Neben dem BioQuant-Zentrum waren an diesem Konsortium auch Forschergruppen aus Dresden sowie aus Frankreich, der Schweiz und Litauen beteiligt. Die Arbeiten wurden mit insgesamt 4,4 Millionen Euro unterstützt.

    Kontakt:
    Prof. Dr. Ulrich Schwarz
    Institut für Theoretische Physik
    Tel. +49 6221 54-9431
    schwarz@thphys.uni-heidelberg.de

    Kommunikation und Marketing
    Pressestelle
    Tel. +49 6221 54-2311
    presse@rektorat.uni-heidelberg.de


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    Die Computersimulationen zeigen, dass Hautzellen auf einer strukturierten Unterlage, die eine Wunde simuliert, Lücken bis zu einer Größe von etwa 200 Mikrometern als Ensemble überbrücken können.
    Die Computersimulationen zeigen, dass Hautzellen auf einer strukturierten Unterlage, die eine Wunde ...
    Philipp Albert
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    Criteria of this press release:
    Business and commerce, Journalists, Scientists and scholars
    Biology, Medicine, Physics / astronomy
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Die Computersimulationen zeigen, dass Hautzellen auf einer strukturierten Unterlage, die eine Wunde simuliert, Lücken bis zu einer Größe von etwa 200 Mikrometern als Ensemble überbrücken können.


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