Mit digitalen Mitteln lässt sich heute scheinbar alles dokumentieren – doch eben nur scheinbar. Immer spielen auch die Auswahl, das Hervorheben und Weglassen eine zentrale Rolle. Dieses Spannungsfeld nehmen Doktoranden in einem neuen Graduiertenkolleg unter die Lupe. Sprecher des Kollegs der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) „Das Dokumentarische. Exzess und Entzug“, das im Oktober 2016 an der Ruhr-Universität startet und das die DFG für zunächst viereinhalb Jahre mit rund 3,5 Millionen Euro fördert, ist Prof. Dr. Friedrich Balke vom Institut für Medienwissenschaft.
Dokumentarische Leitmedien
Das Graduiertenkolleg ermöglicht Promovierenden, sich auch in mediengeschichtlicher Perspektive mit den Spielarten des Dokumentarischen zu befassen: Erforscht werden soll, wie es Literatur, Fotografie, Film und digitalen Medien jeweils gelingt, zu dokumentarischen Leitmedien aufzusteigen und wie dieser dokumentarische Anspruch auf Wirklichkeitserfassung zugleich auch in Frage gestellt wird. Zwei Konzepte stehen sich dabei gegenüber: Das „Dokumentarische 2.0“, bezogen auf die Social Media-Praktiken, mit denen Menschen ihren Alltag umfassend dokumentieren, und das „Dokumentarische zweiter Ordnung“, das man auch ein reflexives Dokumentieren nennen könnte. „Reflexiv heißt, dass sich diese Praktiken nicht der Naivität hingeben, als ließe sich einfach dokumentieren, was der Fall ist“, erläutert Friedrich Balke. „Hier geht es um die unvermeidliche Selektivität, die alles Dokumentieren kennzeichnet, seine blinden Flecken, aber auch um seine experimentellen Formen und künstlerischen Verfremdungen.“
Arrangements untersuchen
Diese Konstellation, in der sich eine zentrale Dimension gegenwärtiger Medienkulturen manifestiert, werden die Doktoranden in ihren unterschiedlichen systematischen und historischen Ausprägungen untersuchen. Die leitende These, die der Arbeit im Graduiertenkolleg zugrunde liegt: Die spezifische Autorität des Dokumentarischen lässt sich beschreiben, indem man die Handlungen untersucht, die bild-, text- und tonmediale Elemente arrangieren, um so die Lesbarkeit, den Aussagewert und die Machtwirkungen des Dokumentierten zu steuern.
Zwölf Doktorandenstellen
Im Kolleg stehen zwölf internationale Doktorandenstellen sowie eine Postdocstelle zur Verfügung. Weitere zwei Doktoranden, die aus anderen Mitteln finanziert werden, können als Assoziierte in das Kolleg aufgenommen werden; integriert werden zudem auch besonders qualifizierte Masterstudierende. Das DFG-Graduiertenkolleg ist an der Fakultät für Philologie der Ruhr-Universität angesiedelt. Beteiligt sind zehn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Medien- und Filmwissenschaft, der Germanistischen Literaturwissenschaft, der Komparatistik sowie der Kunstgeschichte. Zu den internationalen Kooperationspartnern des Graduiertenkollegs gehören die New York University, die Princeton University sowie die Northwestern University (alle USA).
Graduiertenkollegs der Deutschen Forschungsgemeinschaft
Von der DFG geförderte Graduiertenkollegs zählen zu den renommiertesten Promotionseinrichtungen in Deutschland. 1990 auf Empfehlung des Wissenschaftsrates eingerichtet, stehen sie für eine strukturierte Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses auf der Grundlage eines exzellenten Forschungs- und Qualifizierungsprogramms, dessen Qualität in einem mehrstufigen Auswahlverfahren geprüft wird.
Pressekontakt
Prof. Dr. Friedrich Balke, Institut für Medienwissenschaft, Ruhr-Universität Bochum, Tel.: 0234/32-27414, E-Mail: friedrich.balke@rub.de
Criteria of this press release:
Journalists
Media and communication sciences
transregional, national
Research projects
German
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