Ehemaliger Mathematikprofessor, langjähriger Rektor und Ehrensenator verstorben
Die Universität trauert um Prof. Dr. sc. nat. Gerhard Maeß, der am 25. Juni 2016 nach schwerer Krankheit verstarb. „Die Universität verliert mit Professor Gerhard Maeß einen geachteten Impulsgeber, der die Universität nicht zuletzt in der Zeit des Umbruchs entscheidend prägte.“, sagt Rektor Professor Wolfgang Schareck.
Prof. Dr. Gerhard Maeß wurde am 27. Oktober 1937 in Magdeburg geboren. Er studierte von 1955 bis 1960 Mathematik und Physik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Während seines Studiums war er Mitglied der evangelischen Studentengemeinde und Vertrauensstudent.
Von 1960 bis 1970 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Angewandte Mathematik und Mechanik der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Nebenberuflich wirkte er als Fachredakteur am Zentralblatt für Mathematik, Berlin / Heidelberg. In dieser Zeit promovierte er an der Humboldt-Universität zum Dr. rer. nat. und hielt Mathematik-Vorlesungen für Physik-Studenten dieser Universität.
1970 wurde er zum Dozenten für Numerische Mathematik an die Rostocker Universität berufen. Wegen seiner hervorragenden Lehrveranstaltungen und seiner geschickten Arbeit genoss er bei den Studierenden große Beliebtheit und führte zahlreiche Diplomanden und Promovenden zum erfolgreichen Abschluss ihrer Qualifikation. Seine wissenschaftlichen Arbeiten und seine Lehrbücher zur Numerischen Mathematik machten ihn international bekannt. Da er jedoch gesellschaftliche Missstände in der DDR offen und klar benannte und sich weigerte, der SED beizutreten sowie seine privaten Beziehungen zu Verwandten in der Bundesrepublik Deutschland abzubrechen, wurden ihm Reisen sowohl in den westlichen Teil Deutschlands als auch in das westliche Ausland verwehrt. Als Kulturobmann und späterer Vertrauensmann der Gewerkschaftsgruppe der Mathematiker setzte er sich für die Durchsetzung des Leistungsprinzips ̶ unabhängig von sozialer Herkunft, Religions- oder Parteizugehörigkeit unter den Studenten und Kollegen ein. 1980 wurde er zum ordentlichen Professor für Numerische Mathematik berufen.
1989 schloss sich Prof. Maeß der „Initiativgruppe Universitätsreform“ an, die sich das Ziel gesetzt hatte, die traditionelle Autonomie der Universität wiederherzustellen, eine neue Universitätsverfassung zu verabschieden und die damaligen Leitungsorgane durch demokratisch gewählte Gremien zu ersetzen. Diese Initiative führte dazu, dass im Frühjahr 1990 durch Urabstimmung auf basisdemokratischer Grundlage ein außerordentliches Konzil gewählt wurde, das einen neuen Senat und Prof. Dr. Gerhard Maeß zum 530. Rektor der Universität Rostock wählte.
Mit Engagement widmete sich Prof. Dr. Maeß der Neustrukturierung und personellen Erneuerung der Universität Rostock. 1994 wurde er vom Konzil auf der Basis des Landeshochschulgesetzes fast einstimmig erneut zum Rektor gewählt.
Während seiner gesamten achtjährigen Amtszeit als Rektor wirkte Prof. Maeß auf wissenschaftlichem, wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet auf eine enge Verflechtung der Universität mit der Stadt Rostock und dem Land Mecklenburg-Vorpommern hin.
Als Mitglied des Senats der Max-Planck-Gesellschaft, des Senats der Hochschulrektorenkonferenz, des Verwaltungsrates des Vereins zur Förderung eines Deutschen Forschungsnetzes, als Mitglied des Vorstands des Zentrums für Graphische Datenverarbeitung und als Kuratoriumsmitglied im Institut für Ostseeforschung Warnemünde beförderte er die Ansiedlung von Forschungsinstituten im Lande und ihre Kooperation mit den Hochschulen. Durch die von ihm initiierte Gründung der Gesellschaft der Förderer der Universität Rostock e.V. konnten Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zur Unterstützung der Universität Rostock auf solchen Gebieten gewonnen werden, für die die Mittel des Staates nicht bestimmt sind oder nicht ausreichen.
Hervorzuheben sind auch seine vielfältigen Aktivitäten auf kulturellem Gebiet, zum Beispiel als Kuratoriumsmitglied des Musiksommers Mecklenburg-Vorpommern, als Mitglied des Bach-Kuratoriums, als Mitglied des Fördervereins Volkstheater Rostock und des Fördervereins der Kunsthalle Rostock sowie als Mitglied im Verein zur Förderung der Kammermusik e.V. Rostock und des Vereins der Freunde und Förderer der Hochschule für Musik und Theater Rostock e.V.
Als langjähriger Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz Mecklenburg-Vorpommern trat Professor Maeß für eine sinnvolle Strukturierung der Hochschulen des Landes und für hinreichende Zuwendungen für die Hochschulen ein. Professor Maeß war Mitglied der Gesellschaften der Freunde des Weizmann-Instituts und der Freunde der Bar-Ilan-Universität. 1990 war er Mitbegründer der Deutsch-Japanischen Gesellschaft zu Rostock e.V. Wegen seiner Bemühungen um die wissenschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit mit Frankreich, die insbesondere in der Wiedergründung des Romanistischen Instituts und der Gründung des französischen Kulturinstituts in Rostock zum Ausdruck kommt, wurde er 1993 von der französischen Regierung zum Offizier des Ordens der Akademischen Palmen ernannt.
1998 wurde Prof. Maeß „in Anerkennung der um Volk und Staat erworbenen Verdienste“ das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland des Bundespräsidenten verliehen. Im gleichen Jahr wurde er mit der Eintragung in das Ehrenbuch der Hansestadt Rostock geehrt.
1999 wählte das Konzil der Universität Rostock Prof. Maeß zum Ehrensenator. In dieser Funktion und als Mitglied der Fördergesellschaft der Universität setzte er sich noch viele Jahre nach seinem Eintritt in den Ruhestand mit großem Engagement für die Belange der Universität ein.
Prof. Maeß wird in die Geschichte eingehen als erster demokratisch gewählter Rektor der Universität Rostock nach der DDR-Diktatur, der 1990 zum Wohle der Universität auf die wiedergewonnene Freiheit in Forschung und Lehre verzichtete, die sich ihm als beliebter Hochschullehrer und erfolgreicher Forscher auf dem Gebiet der Numerischen Mathematik geboten hätte, um sich mit ganzer Kraft der Demokratisierung und Neustrukturierung der Universität Rostock zu widmen.
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Prof. Dr. Gerhard Maeß
Fotos: Uni Rostock
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