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09/21/1998 00:00

Umweltbelastung Lärm

Gertrud Aßmann Kommunikation
GSF - Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit

    Lärm ist für viele Menschen das Umweltproblem "Nummer eins".
    Rund 80 % der Deutschen fühlen sich durch Straßenverkehr, knapp 50 % durch
    Fluglärm, um die 30 % von Nachbarschaftslärm und etwa 20 % durch Industrie- und Gewerbelärm belästigt. Über 40 % der Bevölkerung halten Lärm für gesundheitsschädlich.
    Tatsächlich ist Lärm ein ernst zu nehmender Streßfaktor und kann zu erheblichen Gesundheitsbelastungen führen. Die Information Umwelt hat einige Hintergrundinformationen für Sie zusammengestellt.

    Umweltbelastung Lärm
    Grundbegriffe - Lärmwirkung - Lärmbekämpfung

    Lärm ist für viele Menschen das Umweltproblem "Nummer eins".
    Rund 80 % der Deutschen fühlen sich durch Straßenverkehr, knapp 50 % durch Fluglärm, um die 30 % von Nachbarschaftslärm und etwa 20 % durch Industrie- und Gewerbelärm belästigt. Über 40 % der Bevölkerung halten Lärm für gesundheitsschädlich.
    Tatsächlich ist Lärm ein ernst zu nehmender Streßfaktor und kann zu erheblichen Gesundheitsbelastungen führen. Die Information Umwelt hat einige Hintergrundinformationen für Sie zusammengestellt.

    Grundbegriffe
    Lärm ist, laut dem Gesetzgeber, Schall (Geräusch), der Nachbarn oder Dritte stören (gefährden, erheblich benachteiligen oder erheblich belästigen) kann oder stören würde.
    Schall entsteht durch Schwingungen einer Schallquelle, die Luftdruckschwankungen bewirken, welche vom Ohr wahrgenommen werden.

    Lärm wird definiert als schädigender und/oder störender Schall und beinhaltet damit eine subjektive Bewertung. Schall dagegen ist ein objektiv erfaßbares physikalisches Ereignis.
    Akustisch meßbare Größen sind der Schalldruck p (d.h. die Größe der Luftdruckschwankungen) mit der Einheit N/m² und die Frequenz f, (d.h. die Anzahl der Luftdruckschwankungen pro Sekunde) mit der Einheit Hz.
    Je größer der Schalldruck ist (bei gleicher Frequenz), desto lauter wird der Schall empfunden, je größer die Frequenz ist, desto höher wird er empfunden.

    Wegen des großen Druckunterschiedes von 6 Zehnerpotenzen zwischen Hörschwelle und Schmerzgrenze führt man als Maß für die Lautstärke eines Geräusches den Schalldruckpegel Lp ein, der in Dezibel (dB) angegeben wird.
    Durch den logarithmischen Aufbau der Dezibelskala entspricht eine Pegelerhöhung um 6 dB eine Verdoppelung des Schalldruckpegels.
    Die Hörschwelle beginnt bei 0 dB und die Schmerzgrenze bei 120 - 130 dB.

    Allerdings ist das menschliche Ohr nicht für alle Frequenzen (16 Hz - 16 kHz) gleich empfindlich. Hohe und tiefe Töne werden vergleichsweise leiser wahrgenommen als Töne mittlerer Frequenz (1 kHz - 5 kHz).
    Weitab von Städten und Verkehrswegen, ohne starken Wind oder z.B. Wasserfällen, betragen die Umgebungsgeräusche 20 - 30 dB(A). Bei normaler Unterhaltung liegt der Schalldruckpegel zwischen 40 - 60 dB(A), bei starkem Stadtverkehr bei 80 dB(A). Preßlufthammer und Musikanlagen (Diskotheken oder Konzerte) erreichen bis zu 120 dB(A). Die Schmerzgrenze von 130 dB(A) wird in 100 m Entfernung von Düsentriebwerken erreicht.

    Lärmwirkung
    Schädigung des Innenohrs
    Extrem hohe Schallpegel (Einzelereignisse von mehr als 140 dB) können zu Lärmschwerhörigkeit führen, einer Schädigung des Innenohres.
    Ebenso kann kontinuierliches Einwirken von Beurteilungspegeln über 85 dB (A) das Gehör dauerhaft schädigen. Durch die Schallüberlastung werden die Sinneshärchen (Zilien) irreparabel zerstört. Ab einer bestimmten Anzahl von funktionsunfähigen Zilien kommt es zu einer meßbaren Hörschwellenverschiebung nach oben, und die Hörfähigkeit für hohe Töne nimmt ab, bei weiterer Belastung dann auch die für tiefe Töne.
    Diese direkte Lärmwirkung auf das Hörorgan ist unumstritten und seit Jahren als Berufskrankheit anerkannt.
    Auch zu laute Musikeinwirkung kann zu Gehörschäden führen.
    Bei Musikhören über Kopfhörer werden Mittelungspegel von 110 dB(A) erreicht und bei einer Open-Air-Veranstaltung hat das Münchner Umweltschutzreferat im Besuchersektor Pegel bis zu 115 dB(A) in der Nähe der Lautsprecher gemessen.

    Eine Studie im Auftrag des Bundesgesundheitsamts belegt, daß bei einem Viertel der Untersuchten das Hörvermögen deutlich und dauerhaft beeinträchtigt war. Es bestand ein signifikanter Zusammenhang zwischen Gehörschäden und überlautem Musikkonsum.

    Zusätzlich wurde von der Kommission SOZIAKUSIS des Umweltbundesamtes, unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Musikhörgewohnheiten der Jugendlichen, eine Risikoabschätzung der Auswirkungen auf das Gehör erstellt. Danach führt ein Dauerschallpegel von 85 dB(A) bei einer täglicher Expositionszeit von 8 Stunden bei 5 % nach 10 Jahren zu einem Hörverlust von 30 dB bei 3 kHz. 94 dB(A) bei einer Stunde Expositionszeit pro Tag führen zu dem gleichen Ergebnis.

    Physische und psychische Wirkung (extraaurale Reaktionen)
    Lärm wirkt auch als psychosozialer und emotionaler Stressor und kann unspezifische Reaktionen hervorrufen, die sich aus der Erregung des autonomen Teils des vegetativen Nervensystems erklären. Diese Reaktionen können schon bei Schalldruckpegeln wesentlich unterhalb 85 dB (A) auftreten.
    Dauerhafte Lärmbelastung beeinflußt somit die physischen als auch psychischen Regulationsmechanismen des menschlichen Organismus.

    Allgemeine Störungen
    Ab einem Dauerschallpegel von 40 dB(A) kann es zu einem Gefühl der Belästigung und der Verärgerung kommen.
    Die psychosozialen Lärmwirkungen hängen von der körperlichen und seelischen Verfassung des Betroffenen ab, vom Zeitpunkt und Ort der Immission und der Einstellung zum Geräusch oder dem Verursacher. Sie können die Lebensqualität mindern und Verhaltensänderungen provozieren.
    Anwohner stark befahrener Straßen und Flughafenanrainer führen z. B. kürzere Telefonate, schließen häufiger das Fenster und nutzen ihre Balkone, Terrassen und Gärten seltener.
    Etwa 50 % der Bevölkerung (alte Länder) sind am Tag mit Geräuschpegeln von über 55 dB(A) durch den Straßenverkehr belastet.

    Kommunikationsstörungen
    Ist der Umweltlärm lauter als das gesprochene Wort, ist das Gespräch beendet oder zumindest gestört. Wenn der Außendauerschallpegel 70 dB(A) erreicht, ist in Innenräumen der Geräuschpegel normalerweise so hoch, daß bei offenem Fenster keine ungestörte Kommunikation mehr möglich ist.
    Besonders lästig wird die Störung bei Einwegkommunikation (Rundfunk, Fernsehen) empfunden, wenn Informationen verloren gehen.
    Die akustische Kommunikationsfähigkeit ist zudem entscheidend für den Spracherwerb, für Lernprozesse und für die schulische Wissensvermittlung.
    Durch den Straßenverkehr sind über 6 % der Bevölkerung (alte Länder) tagsüber mit Geräuschpegeln über 70 dB(A) belastet.

    Schlafstörungen
    Gleichmäßige, andauernde Lärmpegel von über 30 dB(A) können bereits zu Schlafstörungen führen.
    Ab Maximalpegeln von 50 - 60 dB(A) zeigen sich beim schlafenden Menschen Streßreaktionen, die zur vermehrten Ausscheidung von Streßhormonen (z.B. Cortisol) führen. Chronische Cortisolerhöhungen können das Risiko für Magen-Darm- und Herz-Kreislauferkrankungen steigern.
    Mit steigendem Dauerschallpegeln nimmt die Traumschlafzeit ab, und die Einschlafzeit, sowie die Anzahl und die Gesamtzeit der Wachphasen nehmen zu. Die Schlafqualität wird subjektiv schlechter beurteilt und die physische und psychische Verfassung, die Leistung, die Konzentration und das Immunsystem können beeinträchtigt werden.
    Über 30% der Bevölkerung (alte Ländern) sind nachts mit Dauerschallpegeln über 50 dB(A) durch den Straßenverkehr belastet. Bei einer Spaltöffnung der Fenster an einer Straße führt das zu einem Maximalpegel von 50 - 60 dB(A) im Innenraum.

    Andere gesundheitlichen Auswirkungen
    Der Organismus reagiert auch im wachen Zustand auf Lärm mit vegetativen Funktionsänderungen.
    Schallbelastungen über 60 dB oder relevante Signale wie Knallen lösen typische Streßreaktionen im Körper aus: z. B. Beschleunigung der Herzfrequenz, Verengung der peripheren Blutgefäße mit Blutdrucksteigerung, vermehrter Freisetzung von Streßhormonen, Erweiterung der Pupillen.
    Das Ausmaß der Funktionsänderungen nimmt mit dem Schalldruckpegel der einwirkenden Geräusche zu. Kurzfristiger Lärmstreß beeinflußt die Gesundheit nicht. Länger einwirkender Lärm kann jedoch eine chronische Schädigung des Herz-Kreislauf-Systems zur Folge haben.
    Rund 30 % der Bevölkerung (alte Länder) sind am Tag mit Geräuschpegeln über 60 dB(A) durch den Straßenlärm belastet, wobei der Pegel bei der Hälfte davon größer als 65 dB(A) ist.

    Eine empirische Studie des Umweltbundesamtes (Institut für Wasser-, Boden- und Lufthygiene) hat ergeben, daß das Herzinfarkt-Risiko signifikant und kontinuierlich mit der subjektiv empfundenen Arbeitslärmbelastung ansteigt.

    Wissenschaftler der Universität Hamburg, aus den USA und Schweden haben bei Untersuchungen von fluglärmbelasteten Kindern am neuen Münchener Flughafen, im Gegensatz zu einer unbelasteten Kontrollgruppe, eine Steigerung der Blutdruckwerte sowie eine Zunahme von Streßhormonen im nächtlichen Urin gemessen.

    Lärmbekämpfung
    Die drei grundlegenden Konzepte zur Lärmminderung sind die Senkung der Emission, die Beschränkung der Schallausbreitung und die Verringerung der Immission.
    Trotz der Bemühungen zur Lärmbekämpfung bleibt die Zahl der Lärmbelästigten konstant hoch, u. a. weil die Zahl der Lärmquellen rasant zunimmt, obwohl die gesundheitlichen, sozialen und ökonomischen Folgen der Lärmbelastung erheblich sind und trotz gewaltiger Investitionen in Lärm-Bekämpfungsmaßnahmen.

    So wurden die EG-Geräuschgrenzwert 1996 für PKW von 77 dB(A) auf 74 dB(A) gesenkt. Dies entspricht einer Halbierung der Schalleistung und bedeutet, daß 2 PKW der neuen Generation zusammen nur noch so laut sind wie ein alter PKW.
    Durch immer mehr PKW wird dieser Fortschritt jedoch relativiert. Außerdem steigt die Fahrleistung im Straßenverkehr, neben den Faktoren Geschwindigkeit und Art der Fahrzeuge die wichtigste Größe zur Ermittlung der Lärmemissionen.
    Neben dem Aspekt der Vekehrsverlagerung steht daher die Verkehrsvermeidung im Vordergrund. Durch Verhaltensänderungen lassen sich beim Straßenlärm lokal schon spürbare Lärmminderungen erzielen.

    Ebenso gibt es bei den Flugbewegungen in den letzten Jahren eine Steigerung.
    Durch die Festlegung von Grenzwerten konnten die Lärmemissionen zwar deutlich gemindert werden. Hat die Lärmfläche innerhalb der 85 dB(A)-Lärmkontur einer alten Boing beim Start noch 14,25 km2 betragen, so ist sie bei einen neuen Airbus nur mehr 1,55 km² (etwa ein Zehntel) so groß. Zusätzlich sollen wirtschaftliche Instrumente wie lärmabhängige Landegebühren und Nachtflugbeschränkungen die Entwicklung und den Einsatz lärmärmerer Flugzeuge unterstützen.
    Aber die Lärmwirkungen nehmen zu, obwohl die physikalisch meßbaren Schalldrücke stagnieren oder sogar leicht abnehmen, vermutlich weil weniger Ruhepausen verbleiben.
    Der effektivste Lärmschutz ist auch beim Fluglärm die Verringerung von Einzelereignissen durch Vermeidung (z. B. von Kurzstreckenflügen).

    Bei Industrie- und Gewerbelärm wird versucht, durch Überarbeitung der Gesetzeslage eine Minderung der Lärmeinwirkungen zu erzielen.
    Zum umfassenderen Schutz der Nachbarschaft wurde deshalb eine Novelle der TA-Lärm beschlossen. Dabei soll die Gesamtimmission, die auf den Betroffenen einwirkt, stärker berücksichtigt werden. Zusätzlich werden die Regelungen auch auf nicht genehmigungspflichtige Anlagen ausgedehnt. Außerdem sollen differenzierte Beurteilungskriterien bei lauten Einzelereignissen sowie frühmorgens und abends die Betroffenen besser schützen. Für seltene Lärmereignisse sieht die Novelle Lärmpegel vor, die nicht überschritten werden dürfen.

    Stand: September 1998
    Redaktion : Gertrud Aßmann, Information Umwelt
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    Literatur:
    - Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: "Laut ist out". - Umwelt Nr. 2/ 1997: 65.
    - Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Aktuell: Laut ist out! Lärmschutz in Deutschland. - Aachen 1996.
    - Deutscher Arbeitsring für Lärmbekämpfung e.V., Bundesvereinigung gegen Fluglärm e.V.: Fünf Fragen - Fünf Antworten. - LärmReport 1/98: 5.
    - Griefahn, B.: Gesundheitsstörungen durch Lärm. - Macht uns die Umwelt krank? GSF-Bericht 7/96:61-67.
    - Ising, H., Babisch, W., Günther,T., Kruppa, B.: Risikoerhöhung für Herzinfarkt durch chronischen Lärmstreß. Zeitschrift f. Lärmbekämpfung 44 (1997) 1-7
    - Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Künftige Lärmschutzpolitik. - Grünbuch der Europäischen Kommission, Brüssel 1996.
    - Landeshauptstadt München, Umweltschutzreferat: Macht uns Lärm krank?. - Umweltbericht 96/97: 22 - 24. München 1997.
    - Maschke C., Ising H., Hecht K.: Schlaf-nächtlicher Verkehrslärm-Streß-Gesundheit: Grundlagen und aktuelle Forschungsergebnisse. Teil II. Aktuelle Forschungsergebnisse. - Bundesgesundheits-blatt 3/97: 86 - 95.
    - Maschke C., Ising H., Hecht K.:Schlaf-nächtlicher Verkehrslärm-Streß-Gesundheit: Grundlagen und aktuelle Forschungsergebnisse. Teil I. Grundlagen. - Bundesgesundheitsblatt 1/97: 3 - 10.
    - UMIS_RKI Pressearchiv, Berlin: Bereits moderater Fluglärm setzt Kinder unter Streß. - Ärzte Zeitung vom 09.03.1998.
    - Umweltbundesamt, Fachgebiet Umweltaufklärung: Was Sie schon immer über Lärmschutz wissen wollten. Daten zur Umwelt - Der Zustand der Umwelt in Deutschland. - Ausgabe 1997
    - Verein Deutscher Ingenieure: Beurteilung von Lärm am Arbeitsplatz unter Berücksichtigung unterschiedlicher Tätigkeiten VDI 2058. VDI-Richtlinien, Düsseldorf 1997.


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    Criteria of this press release:
    Biology, Environment / ecology, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Oceanology / climate
    transregional, national
    Research projects, Scientific Publications
    German


     

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