Dass der menschliche Körper komplex ist, haben wir immer geahnt. Dass Schilddrüsenhormone das Farbsehen beeinflussen, überrascht dennoch. Genau dieses Phänomen erkundet ein Wissenschaftler der Universität Duisburg-Essen (UDE) in einer großen Studie. Neue Erkenntnisse wurden jetzt im Magazin Frontiers in Cellular Neuroscience veröffentlicht.
Ohne die Schilddrüsenhormone Thyroxin (T4) und Triiodothyronin (T3) geht gar nichts. Sie regulieren Prozesse wie den Stoffwechsel und wirken bei der Entwicklung des Körpers sowie des Nervensystems mit. Überraschenderweise hängt auch von ihnen ab, wie wir Farben erkennen. Ist die Netzhaut mit solchen Hormonen unterversorgt, nimmt man Farben schlechter wahr oder kann sie gar nicht sehen.
„Schilddrüsenhormone aktivieren die Synthese bestimmter Pigmente in der Netzhaut. Dieser Prozess ist äußerst dynamisch, denn die Synthese wird auch im Erwachsenenalter beeinflusst, wenn die Hormonkonzentration schwankt. Das zeigten Experimente an Nagetieren und Menschen“, erklärt Yoshiyuki Henning, Doktorand an der UDE. Der Biologe erforscht mit Karol Szafranski vom Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena diese spezielle Hormonversorgung. Eine zu hohe Konzentration könnte mit degenerativen Erkrankungen der Netzhaut zusammenhängen – was bislang kaum untersucht wurde.
In ihrem Artikel beschreiben die beiden Wissenschaftler einen der bekanntesten und effizientesten Schilddrüsenhormontransporter in der Netzhaut von Mäusen: kurz MCT8. Solche Transporter sind extrem wichtig – nur so gelangen die Hormone in die Zielzellen. MCT8 konnte besonders stark in den ersten Lebenswochen nachgewiesen werden, bei erwachsenen Tieren nur noch in geringen Mengen. Daher vermuten die Forscher, dass der Transporter eine besondere Rolle in der finalen Reifungsphase der Netzhaut spielt, also während sich das neuronale Netzwerk ausdifferenziert. Das macht auch das Allan-Herndon-Dudley-Syndrom deutlich, ein genetischer Defekt von MCT8, der mit erheblichen geistigen und motorischen Beeinträchtigungen einhergeht. Weitere Untersuchungen sind geplant, um herauszufinden wie sich die Sehfähigkeit ändert, wenn der Transporter fehlt.
Die aktuelle Studie ist der Anfang eines großen Projekts: „Wir wollen besser verstehen, wie die Netzhaut sich entwickelt und funktioniert, um Zusammenhängen zwischen einer gestörten Versorgung mit Schilddrüsenhormonen und verschiedenen Sehstörungen nachzugehen. Denn solche hormonellen Störungen sind heute weit verbreitet, doch über ihre Wirkung auf das Sehen weiß man noch zu wenig“, so Henning.
Weitere Informationen: http://journal.frontiersin.org/article/10.3389/fncel.2016.00205/full
Yoshiyuki Henning, Abteilung für Allgemeine Zoologie, Tel. 0201/183-3120, yoshiyuki.henning@uni-due.de
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Biology, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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