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08/31/1998 00:00

Hunger entsteht im Gehirn - Untersuchungen zur Neurobiologie des Eßverhaltens

Andreas Dahl Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke

    Vor vier Jahren erregte die Entdeckung einer Erbanlage, die für die Leptinversorgung im Organismus verantwortlich ist, großes Aufsehen. Das Leptin ist ein vom Fettgewebe freigesetzter Eiweißstoff, dessen Mangel zu Fettsucht führt, sozusagen ein Signalstoff, der bestimmten Gehirnarealen meldet: Die Fettspeicher sind voll. An genetisch defekten Versuchstieren läßt sich zeigen, daß man bei einem Mangel dieses Stoffes durch eine Leptingabe Übergewicht verhindern kann. Dann beobachtete man aber, daß Fettsucht auch ohne Leptinmangel auftreten kann. Bei den allermeisten Fällen von Fettleibigkeit beim Menschen ist die Leptinproduktion sogar wesentlich erhöht. Hier spricht man von Leptinresistenz. Nicht die Produktion dieser Substanz, sondern die Rezeption im Gehirn ist in solchen Fällen gestört. Die zentrale Regulation des Hunger-Sättigungsmechanismus und damit des Körpergewichts ist also komplexer, als man zunächst dachte.

    An der Aufklärung dieses Mechanismus beteiligen sich die Abteilungen "Biochemie und Physiologie der Ernährung" und "Molekulare Genetik" des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke. Sie gehören zu den wenigen Arbeitsgruppen, die bisher in Deutschland darüber arbeiten.

    Die Natur hat eigentlich alles sehr gut eingerichtet: Der Mensch, der im Schweiße seines Angesichts sein Feld bestellt oder seinen Fleischbedarf durch die Jagd deckt, leidet nicht an Übergewicht. Ungefähr 30% der Deutschen dagegen haben zuviel Fett auf den Knochen. Und obwohl uns immer wieder Bilder aus Katastrophengebieten erschüttern, auf denen uns hungernde Menschen anblicken, ist es wahr: Die Zahl der Übergewichtigen nimmt auf der ganzen Welt zu. Wo sich die Segnungen der Zivilisation ausbreiten, herrscht immer seltener ein Mangel an Nahrung und immer öfter ein Mangel an Bewegung. Unter diesen Bedingungen ist die Regulation unseres Körpergewichts gestört.

    Es gibt Menschen, die bessere Futterverwerter sind als andere. Unter den Bedingungen eines natürlichen Nahrungserwerbs sind sie im Vorteil. Fliegen ihnen aber - bildlich gesprochen - gebratene Tauben in den Mund, dann schlägt dieser Vorteil in einen Nachteil um. Sie sind von Übergewicht und Krankheiten bedroht, die auf einer übermäßigen Gewichtszunahme beruhen. Zu solchen Krankheiten zählen u.a. Fettsucht (Adipositas), Herz- Kreislauferkrankungen und Diabetes. Ein Beispiel dafür liefert eine geschlossene ethnische Gruppe, nämlich die Pimaindianer im Südwesten der USA. Es handelt sich um Nomaden, die von der Natur mit einer besonders guten Nahrungsverwertung ausgestattet sind. Sobald sie seßhaft werden, leiden 70 bis 80% der Erwachsenen unter ihnen an Fettsucht und Diabetes.

    Man muß also davon ausgehen, daß die Regulation des Körpergewichts erblich verankert ist. Dafür sprechen auch Beobachtungen an Zwillingen. Deren Gewichtszunahme verläuft nach einem vergleichbaren Muster. Inzwischen werden immer mehr Substanzen entdeckt, die bei diesen Regulationsvorgängen eine Rolle spielen. Es handelt sich um sogenannte Neuropeptide. Ein Beispiel ist das Neuropeptid Y, das von Nervenzellen freigesetzt wird und in bestimmten Hirnzentren wirkt. Ein Tier, dem man diese Substanz injiziert, fängt sofort an zu fressen. Wie vom Leptin ist auch vom Neuropeptid Y die genetische Grundlage bekannt.

    Die Wissenschaftler am DIfE interessiert nicht nur die Produktion und Rezeption von Neuropeptiden und deren genetische Verankerung, sondern auch die Frage, wie dieser ganze zentrale Mechanismus eigentlich den Energiestoffwechsel des Körpers beherrscht. Sind diese Zusammenhänge erst einmal bekannt, wird man auch an therapeutische Konzepte denken können.

    Abdruck gestattet / Beleg erbeten
    Weitere Informationen: Prof. Dr. Susanne Klaus (-326)


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    Criteria of this press release:
    Biology, Chemistry, Information technology, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
    Research projects
    German


     

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