Soziologinnen und Soziologen diskutieren die Grenzen von sozialen Medien als Ort gesellschaftlicher Debatten
Soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter oder Instagram haben sich als Diskussionsmedium etabliert. Der Zugang zur digitalen Öffentlichkeit scheint für alle gleichermaßen offen. „Das prinzipiell Gute ist, dass die sozialen Netzwerke einen Zugang für Menschen an Diskussionen ermöglichen, die von der öffentlichen politischen Debatte bisher ausgeschlossen waren. Die Teilnahme daran setzte bisher zumeist Mobilität, einen gewissen Habitus und Bildung voraus“, sagt der Bamberger Arbeitswissenschaftler Prof. Dr. Olaf Struck. Struck ist außerdem Sprecher des 38. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, der noch bis zum 30. September an der Universität Bamberg stattfindet.
Struck warnt jedoch: „Menschen werden im Internet über von ihnen wenig beeinflussbare Filteralgorithmen mit Meinungen konfrontiert, die sich nahezu ausnahmslos mit ihren eigenen Meinungen decken oder ihnen zumindest stark ähneln. Eine stetige Selbstvergewisserung der eigenen Meinung ist die Folge.“ Es entstehe der Eindruck: ‚Was ich denke, denken auch alle anderen’. Struck kommt zu dem Schluss: „Soziale Netzwerke sind als Ort der Aushandlung von gesellschaftlichen Problemen deswegen denkbar ungeeignet.“
Der beschriebene Effekt sei seitens der Betreiber durchaus gewünscht. In sozialen Medien entstehen intim wirkende Meinungswelten, die sich um den Nutzer und seine Interessen und Hobbys herum gruppieren. Das Führen einer Debatte, das Bearbeiten eines Problems mit einem Kompromiss als Lösung, sei dort aber nicht möglich. Im Gegenteil: Gegenmeinungen provozieren starke Entrüstungswellen, bis hin zu sogenannten Shitstorms. Struck warnt: „Wir erleben, dass die demokratische politische Öffentlichkeit dem Druck, der aus den sozialen Medien in die Gesellschaft getragen wird, bislang nicht gewachsen ist, ihn nicht ausreichend bearbeiten kann. Eine Folge ist der Aufstieg populistischer Parteien wie der AfD. Deren Mitglieder verstehen es ganz ausgezeichnet, Meinungen und Stimmungen aus diesen Meinungswelten aufzunehmen, zu schüren und in Wählerstimmen umzusetzen.“
Während des 38. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie diskutieren 2200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fünf Tage lang in mehr als 200 Veranstaltungen. Eröffnet wurde die wissenschaftliche Großveranstaltung am Montag, den 26. September, mit einem Gastvortrag von Andreas Voßkuhle, Präsident des Bundesverfassungsgerichtes. „Geschlossene Gesellschaften“ lautet das Thema des Bamberger Kongresses. Er nimmt aktuelle politische, wirtschaftliche und soziale Prozesse auf und diskutiert die Ambivalenzen von Offenheit und Geschlossenheit. Geschlossene Gesellschaften wie beispielsweise Organisationen oder Nationalstaaten sind ebenso wenig überlebensfähig wie offene. Es kommt auf die Regulierung und das richtige Maß zwischen Geschlossenheit und Offenheit an, so das vorläufige Fazit des Kongresses.
Foto: Olaf Struck
Quelle: Jürgen Schabel/Universität Bamberg
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Olaf Struck
Source: Jürgen Schabel/Universität Bamberg
Criteria of this press release:
Journalists
Media and communication sciences, Social studies
transregional, national
Scientific conferences
German
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