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09/29/2016 22:09

„Barmherzigkeit leben. Eine Neuentdeckung der christlichen Berufung“

Verena Breitbach Pressestelle
Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar

    Nachbericht des 10. Symposiums des Kardinal Walter Kasper Institutes

    „Barmherzigkeit leben. Eine Neuentdeckung der christlichen Berufung“ war der Titel des 10. Symposiums des Kardinal Walter Kasper Institutes (KWKI) an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar (PTHV). Das Symposium fand von Donnerstag, 29.09.2016 bis einschließlich Samstag, 01.10.2016, in der Aula der PTHV, Pallottistraße 3 in Vallendar, statt. Kardinal Walter Kasper eröffnete das Symposium am Donnerstagabend um 20:30 Uhr mit einem Vortrag zu „Barmherzigkeit – der Name unseres Gottes“.

    In seinem Vortrag zeigte er die wichtige Bedeutung der Barmherzigkeit in der heutigen Zeit auf, die durch Gewaltausbrüche, Individualismus, Egoismus, Narzissmus, Ungerechtigkeit in der Welt und die globale soziale Gleichgültigkeit geprägt ist. „Mit der Barmherzigkeit will Papst Franziskus die christliche Antwort geben auf die Zeichen, ja die Not der Zeit“, erklärte Kardinal Walter Kasper. Er habe beobachtet, dass in diesem Jahr merklich mehr Menschen zur Osterbeichte gekommen seien als in den Jahren zuvor und zwar solche, die seit vielen Jahren nicht mehr gekommen seien. „Solche Bekehrungen sind weit mehr als eine Art Fanmentalität“, so Kardinal Kasper, „sie gehen in existenzielle Tiefen. In vielen Herzen, weit über die katholische Kirche hinaus, ist weit mehr in Bewegung gekommen, als man rein äußerlich wahrnehmen kann.“

    Was ist Barmherzigkeit?

    „Barmherzigkeit meint ein Herz für die miseri, für die Armen zu haben, ein Herz für die, denen es miserabel d. h. erbärmlich und erbarmungswürdig geht“, sagte Kardinal Kasper. „Ein offenes Herz meint nicht nur ein mitleidiges Herz haben.“ Vielmehr sei Barmherzigkeit nicht nur passives Mitgefühl und Mitleid, sondern eine aktive Mildtätigkeit. „Barmherzigkeit hat etwas mit Großherzigkeit zu tun“, erklärte der Kardinal weiter, „d. h. ein großes, weites und offenes Herz haben für andere, […], um den Notleidenden entgegenzukommen und dort vor Ort zu sein, wo Not am Mann ist. Barmherzigkeit will das Übel nicht nur bejammern, sie will es überwinden.“

    Gottes Barmherzigkeit: Gott ist Liebe

    Kardinal Walter Kasper verdeutlichte, dass Gott in seiner Barmherzigkeit nicht den Tod wolle, sondern das Leben des Menschen; so gebe er diesem immer wieder neu die Chance, die Gnade eines neuen Anfangs. Die Botschaft von der barmherzigen Nächstenliebe habe ihre Wurzel in der Botschaft Jesu vom barmherzigen Vater im Himmel. „Diese These kann Erstaunen oder gar Widerspruch erwecken“, sagte Kardinal Kasper und verwies darauf, dass sich im Alten Testament nicht wenige Stellen fänden, an denen sich Gott als ein strafender und rächender Gott zeige. Aber: „Das Alte Testament ist ein unvollkommener Anweg zu Jesus Christus und muss daher von Jesus Christus her interpretiert werden.“ Vielmehr sei Gott Liebe (Neues Testament).

    Abschließend ging Kardinal Kasper auf die Theologie der Barmherzigkeit von Thomas von Aquin ein und benannte Barmherzigkeit als die „Treue-Wahrheit von Gott“. Zudem sei es sinnlos Barmherzigkeit und Gerechtigkeit gegeneinander auszuspielen, denn Gott ist nicht an unsere menschlichen Normen der Gerechtigkeit gebunden. „Er ist nur sich selbst, d. h. seiner Liebe verpflichtet“, sagte Kardinal Walter Kasper. „So ist die Barmherzigkeit, in der Gott sich selbst entspricht, die Gerechtigkeit Gottes.“ Die Tatsache, dass Gott sich durch seine Barmherzigkeit definiert, sei wichtig, um die Allmacht Gottes richtig und neu zu verstehen. Die Allmacht Gottes bestehe nicht in Beliebigkeit und im Dreinschlagen; sie erweise sich im Schönen und verzeihen können. „Gott kann an sich halten, sich zurücknehmen; das ist nicht seine Schwäche, sondern Ausdruck seiner Stärke, seiner Allmacht in der Liebe.“

    Kardinal Walter Kasper erklärte, dass das Nachdenken über die Barmherzigkeit in die letzten Abgründe Gottes und seines Geheimnisses führe. „Es führt uns auch dazu, die wahre Identität des Christen zu erkennen. […] so ist die Barmherzigkeit auch die letzte Identität des Christen, […], sie ist unsere identity card, unsere Kennkarte und zwar die einzig gültige Kennkarte, die wir vorweisen können; nach Thomas von Aquin die Summe und das Höchste des christlichen Verhaltens in der Welt.“ Die Barmherzigkeit sei der Grundton einer heutigen Spiritualität, insbesondere einer Laien- und Weltspiritualität. „Am Ende können wir nichts mitnehmen von dem, was wir zusammengetragen und angesammelt haben. Nur eines werden wir mitnehmen und vorweisen können“, sagte Kardinal Kasper abschließend. „Nur die Werke der Barmherzigkeit werden zählen.“

    Weiterhin beleuchtete das Symposion in seinem wissenschaftlichen Teil die Barmherzigkeit aus verschiedenen Perspektiven und in diversen Kontexten. So sprach etwa Prof. Dr. Philipp Müller, Professor für Pastoraltheologie an der Universität Mainz, zum Thema „Die Beichte als Ressource der Barmherzigkeit – eine pastoraltheologische Perspektive“. Prof. Dr. Thomas Söding, Lehrstuhl für Neues Testament an der Universität Bochum, hielt einen Vortrag zu „Barmherzigkeit ohne Heuchelei. Die Option der Bergpredigt“. „Barmherzigkeit aus kirchenrechtlicher Perspektive“ war das Thema des Vortrags von Kirchenrechtler Dr. Markus Graulich SDB, Rom. Der letzte Vortrag am Freitag war zum Thema „Barmherzigkeit und moderne Medienkultur“ von Prof. Dr. Johannes Brantl, Professor für Moraltheologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät Trier.
    Am Samstag gab es zwei abschließende Vorträge: „Eine andere Gerechtigkeit? Systematisch-theologische Überlegungen zum christlichen Erlösungsverständnis“ (Prof. Dr. Dirk Ansorge, Professor für Dogmatik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen, Frankfurt a. M.) und „Was wir von Gottes Gerechtigkeit aussagen, sagen wir nicht von seiner Barmherzigkeit aus. Gedanken des Thomas von Aquin zur göttlichen Misericordia“ (Prof. Dr. Markus Schulze SAC, PTHV).

    Information zur PTHV:
    Die Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar (PTHV) ist eine kirchlich und staatlich anerkannte wissenschaftliche Hochschule (im Rang einer Universität) in freier Trägerschaft. Die Gesellschafter der PTHV gGmbH sind die Vinzenz Pallotti gGmbH und die Marienhaus Holding GmbH. Rund 50 Professoren und Dozenten forschen und lehren an der PTHV und betreuen etwa 390 Studierende beider Fakultäten Theologie und Pflegewissenschaft.

    Kontakt zur Pressestelle der PTHV:
    Verena Breitbach, Tel.: 0261/6402-290, E-Mail: vbreitbach@pthv.de
    Besuchen Sie uns auch im Internet unter: www.pthv.de


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    Criteria of this press release:
    Journalists, all interested persons
    Cultural sciences, Philosophy / ethics, Religion, Social studies, Teaching / education
    transregional, national
    Press events, Scientific conferences
    German


     

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