Mineralogen der Universität Jena liefern neue Erkenntnisse über karzinogenes Silikat
Das Mineral Erionit gilt als hochgradig krebserregend. Die Weltgesundheitsorganisation führt es auf ihrer Liste karzinogener Stoffe. In der Türkei musste vor einigen Jahren sogar ein ganzes Dorf umgesiedelt werden, da in seiner Umgebung der Stoff sehr verbreitet war und jeder zweite Einwohner an einer bestimmten Krebserkrankung starb, die durch das Einatmen von Erionitpartikeln ausgelöst wurde. Bisher vermutete man, dass das Element Eisen als Bestandteil des Minerals Erionit der Grund für die krebserregende Wirkung sei. Doch Mineralogen der Friedrich-Schiller-Universität Jena fanden jetzt gemeinsam mit Kollegen von der Universität Modena (Italien) heraus, dass das Metall in der Kristallstruktur von Erionit gar nicht vorkommt.
Eisen ist kein Bestandteil von Erionit
„Erionit ist – ähnlich wie Asbest – aus Fasern zusammengesetzt, die über die Atemwege in die Lunge gelangen und dort erheblichen Schaden anrichten können, da sie zu lang sind, um von den körpereigenen Abwehrkräften beseitigt zu werden“, erklärt Dr. Kilian Pollok von der Universität Jena. „In beiden Fällen machten Mediziner bisher vor allem das Eisen in den Mineralen für die Krebserkrankungen verantwortlich, da das Metall den Übergang von einer Entzündung zur Tumorbildung begünstigt.“ Doch nach den aktuellen Forschungsergebnissen muss diese Annahme präzisiert werden: Denn anders als bei den meisten unter dem Sammelbegriff Asbest zusammengefassten Stoffen ist Eisen kein Bestandteil der Kristallstruktur von Erionit.
„Mit einem Transmissionselektronenmikroskop haben wir Erionitproben von der Größe weniger Mikrometer hochauflösend untersucht“, informiert Prof. Dr. Falko Langenhorst. „Dabei stellten wir fest, dass Eisen ausschließlich in angelagerten Begleitmineralen auftritt und nicht im Erionit selbst.“ In der Regel gelingt es den körpereigenen Fresszellen, solche Eisenpartikel erfolgreich zu bekämpfen, der direkte Kontakt zu den Fasern könnte dies aber verhindern. Das Silikat, das durch Verwitterungsvorgänge entsteht, findet sich in verschiedenen vulkanischen Gebieten weltweit. Der Eisengehalt des anhaftenden Begleitmaterials kann sich aber je nach Umgebung und Region erheblich unterscheiden. So weisen verschiedene US-amerikanische Proben hohe und niedrige Konzentrationen des Metalls auf, die mit der Toxizität zu korrelieren scheinen.
Erionit als Straßenschotter
Die neuen Erkenntnisse der Mineralogen werfen also neue Fragen auf, die es zu beantworten gilt: Hat Erionit alleine durch seine asbestartige Form eine karzinogene Wirkung oder wird diese nur in Kombination mit den eisenhaltigen Partikeln entfaltet? Denn obwohl das Material keine konkrete Nutzung erfährt oder erfahren hat – wie Asbest –, so landet es doch immer wieder auch in der Nähe des Menschen. In den USA zum Beispiel wurde erionithaltiges Tuffgestein als Straßenschotter verwendet.
„Als Mineralogen können wir natürlich auf anstehende medizinische Fragen keine Antworten geben, dank der hervorragenden technischen Ausstattung hier in Jena ist es uns allerdings möglich, durch Grundlagenforschung wichtige neue Informationen zu den karzinogenen Mechanismen zu liefern“, sagt Langenhorst. „Und es zeigt einmal mehr, wie vielseitig Mineralogie als Wissenschaft ist.“
Kontakt:
Prof. Dr. Falko Langenhorst, Dr. Kilian Pollok
Institut für Geowissenschaften der Universität Jena
Carl-Zeiss-Promenade 10, 07745 Jena
Tel.: 03641 / 948733
E-Mail: falko.langenhorst[at]uni-jena.de, kilian.pollok[at]uni-jena.de
http://www.nature.com/articles/srep37981 - die Original-Publikation.
Der Jenaer Mineraloge Dr. Kilian Pollok an einem hochmodernen Transmissionselektronenmikroskop, das ...
Foto: Jan-Peter Kasper/FSU
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Eine winzige, mit bloßem Auge kaum erkennbare Probe des Minerals Erionit.
Foto: Jan-Peter Kasper/FSU
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Criteria of this press release:
Journalists
Geosciences, Materials sciences, Medicine
transregional, national
Research results
German
Der Jenaer Mineraloge Dr. Kilian Pollok an einem hochmodernen Transmissionselektronenmikroskop, das ...
Foto: Jan-Peter Kasper/FSU
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Eine winzige, mit bloßem Auge kaum erkennbare Probe des Minerals Erionit.
Foto: Jan-Peter Kasper/FSU
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