Schöningen, den 13.01.2017. Beim heutigen Pressetermin stellten die Kooperationspartner der neuen Senckenberg-Forschungsstation Schöningen ihre Pläne für die Zukunft vor. Forschungsschwerpunkte liegen unter anderem auf der Rekonstruktion des Lebensraums von Homo heidelbergensis sowie dessen im damaligen Ökosystem. Die Niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur, Vertreter der SGN und der paläon GmbH unterzeichneten zudem eine Vereinbarung zur guten Zusammenarbeit zwischen den Bereichen Wissenschaft und Erlebniszentrum. Zur Förderung der nationalen und internationalen Kooperation in Schöningen wurde ein Wissenschaftlicher Beirat eingerichtet.
Die zehn etwa 300.000 Jahre alten „Schöninger Speere“ sind die bisher ältesten erhaltenen Jagdwaffen der Menschheit. Ihre Entdeckung zwischen 1995 und 1999 im Braunkohletagebau Schöningen gilt als archäologische Sensation. Das Holz war über Jahrtausende im feuchten Boden unter Luftabschluss nahezu unversehrt geblieben. In ihren Wurfeigenschaften sind die uralten Holzspeere sogar modernen Wettkampfspeeren ebenbürtig. Weltweit gibt es keine Fundstelle aus der Altsteinzeit mit so vielen und so gut erhaltenen Speeren.
„In Schöningen gibt es noch viel mehr zu entdecken und zu erforschen“, sagt Gabriele Heinen-Kljajić, Niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur. „Dass wir mit Senckenberg, der Universität Tübingen und der paläon GmbH renommierte und international vernetzte Partner für diese bedeutende Fundstelle in Niedersachsen gefunden haben, ist ein großer Gewinn für die Forschung und das Erlebniszentrum in Schöningen. Mit der heute geschlossenen Vereinbarung stellen wir die erfolgreiche Zusammenarbeit dieser Einrichtungen sicher. Dem Landesamt für Denkmalpflege danke ich für die großartige Grundlagenarbeit, die den heutigen Erfolg möglich machte.“
Anhand des gesamten Fundensembles, zu welchem auch Knochen von Wildpferden gehören, kann in Schöningen unter anderem die Besiedlung Nordeuropas besser nachvollzogen werden. Auch über das Leben des vermuteten Herstellers der Speere, dem Neandertaler-Vorläufer Homo heidelbergensis, können aufgrund der Funde neue Erkenntnisse gewonnen werden. „Unsere Ausgrabungen in Schöningen sollen an zwei Stellen fortgesetzt werden – dem ‚Speersockel’ und der ‚Oberen Berme’“, erläutert Prof. Nicholas Conard PhD., Leiter des Instituts für ältere Urgeschichte und Quartärökologie der Universität Tübingen und Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment. Conard und sein Team erwarten weitere Funde von Hinterlassenschaften der damaligen Menschen, Homo heidelbergensis, in den 320.000 bis ca. 300.000 Jahre alten Sedimentschichten. Neben Stein- und Knochenartefakten, Knochen mit Schnittspuren oder von Menschen zerschlagenen Knochen hoffen die Forschenden auch auf weitere Holzartefakte. „Und auch die weitgehend unverändert erhaltenen Knochen und Hölzer, sowie Pollen, Eierschalen, Insektenreste und vieles mehr, helfen uns, die damaligen Umweltverhältnisse zu rekonstruieren“, ergänzt Dr. Jordi Serangeli, Leiter der Ausgrabungen in Schöningen. So leisten die Funde von Schöningen einen einschlägigen Beitrag zur Erforschung der reichen Artenvielfalt in Mitteleuropa vor 300.000 Jahren sowie zur Erforschung des Lebensraums unserer frühen Verwandten.
Mit dem Erlebniszentrum, das von der paläon GmbH betrieben wird, haben die Forschungspartner eine Vereinbarung zur guten Zusammenarbeit der beiden Bereiche - Wissenschaft und Erlebniszentrum - verhandelt, die nun öffentlich unterzeichnet wurde. „Wir werden von Senckenberg beispielsweise bei der Konzeption verschiedener Veranstaltungen wissenschaftlich beraten. Zudem erhalten wir Funde und aktuelle Forschungsinhalte ohne Umwege und können diese direkt in unsere Sonder- und Dauerausstellungen einfließen lassen“, freuen sich Dr. Florian Westphal und Manfred Casper, Geschäftsführer der paläon GmbH. Für die Sonderausstellung zu den „Säbelzahnkatzen in Schöningen“, welche ab April 2017 zu sehen ist, wurde die nun offiziell unterzeichnete Kooperation bereits umgesetzt.
Ein zehnköpfiges Team ist dauerhaft mit den Grabungen in Schöningen beschäftigt – während der Hauptgrabungszeit kommen 5 bis 10 Studierende hinzu, die das wissenschaftliche Graben unterstützen. Weltweit forschen etwa 50 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 30 unterschiedlichen Institutionen und den unterschiedlichsten Disziplinen an den Funden aus Schöningen. Zur Förderung, Unterstützung und Beratung der Forschungsarbeiten wurde ein international besetzter Wissenschaftlicher Beirat eingerichtet. „Wir sind sehr froh, dass die Forschungsstation Schöningen nun zur Senckenberg-Familie’ gehört und wir so unseren Teil für eine internationale Sichtbarkeit leisten können“, resümiert Prof. Dr. Dr. h. c. Volker Mosbrugger, Generaldirektor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung.
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Die Natur mit ihrer unendlichen Vielfalt an Lebensformen zu erforschen und zu verstehen, um sie als Lebensgrundlage für zukünftige Generationen erhalten und nachhaltig nutzen zu können - dafür arbeitet die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung seit nunmehr 200Jahren. Diese integrative „Geobiodiversitätsforschung“ sowie die Vermittlung von Forschung und Wissenschaft sind die Aufgaben Senckenbergs. Drei Naturmuseen in Frankfurt, Görlitz und Dresden zeigen die Vielfalt des Lebens und die Entwicklung der Erde über Jahrmillionen. Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung ist ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Das Senckenberg Naturmuseum in Frankfurt am Main wird von der Stadt Frankfurt am Main sowie vielen weiteren Partnern gefördert. Mehr Informationen unter www.senckenberg.de.
200 Jahre Senckenberg! 2017 ist Jubiläumsjahr bei Senckenberg – die 1817 gegründete Gesellschaft forscht seit 200 Jahren mit Neugier, Leidenschaft und Engagement für die Natur. Seine 200-jährige Erfolgsgeschichte feiert Senckenberg mit einem bunten Programm, das aus vielen Veranstaltungen, eigens erstellten Ausstellungen und einem großen Museumsfest im Herbst besteht. Natürlich werden auch die aktuelle Forschung und zukünftige Projekte präsentiert. Mehr Infos unter: www.200jahresenckenberg.de.
Die berühmten Schöninger Speere werden nun von Senckenberg erforscht.
© N.J. Conard, Universität Tübingen
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Grabung Schöningen.
© Sebastian Petersen
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Criteria of this press release:
Journalists
Biology, Geosciences
transregional, national
Organisational matters, Research projects
German
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