Der Mensch hat einen neuen Ur-Ur-Ur-Ahn – einen sackartigen, 535 Mio. Jahre alten Winzling ohne Anus. Ein internationales Forschungsteam hat ein Fossil entdeckt, das an der Wurzel des Stammbaums der sogenannten Deuterostomia steht, zu denen auch die Menschen gehören. Die Ergebnisse hat jetzt die renommierte Fachzeitschrift Nature online veröffentlicht. Unter den Autoren ist der chinesische Paläontologe Dr. Qiang Ou, der als Gastwissenschaftler an der Universität Kassel forscht.
Das Fossil ist nicht größer als einen Millimeter und hat einen relativ großen Mund, um den herum vier Paar kegelförmiger Körperöffnungen verteilt sind. Diese Kegel interpretieren die Autoren als Rachen-Öffnungen; einen Anus hatte das Tier offenbar nicht. Vermutlich hatte es überschüssiges Wasser und Nahrungsreste über die kegelförmigen Öffnungen ausgeschieden. Das Tier lebte auf dem Meeresboden. Die Forscher fanden 45 gut erhaltene Exemplare im Sedimentgestein der Kuanchuanpu-Lagerstätte in der südchinesischen Provinz Shaanxi. Sie tauften die Tiere auf den Namen Saccorhytus coronarius.
Die Deuterostomia (oder Neumünder) bilden eine Abstammungsgemeinschaft der Tiere, die alle Säugetiere und damit den Menschen umfasst, aber auch Seesterne, Fische, Amphibien, Reptilien und Vögel. Die Deuterostomia trennten sich während der Ediacara-Periode (ca. 541–635 Mio. Jahre) von den sogenannten Protostomia oder Urmündern. Die meisten Deuterostomia haben gemeinsam, dass in der frühen Embryonalphase der Urmund zum Anus wird und der eigentliche Mund an einer anderen Stelle neu entsteht – bei den Urmündern, zu denen beispielsweise Insekten zählen, ist das umgekehrt. Bislang hatte man keine Fossilien aus der Frühzeit der Entwicklung der Deuterostomia gefunden. Diese Lücke konnte nun mit dem neuen Fossil geschlossen werden.
„Unser Fund wirft ein neues Licht auf die rätselhafte Frühgeschichte der Deuterostomia“, so Dr. Ou. Er erlaube neue Rückschlüsse auf die Entstehung bestimmter Merkmale bei der übergeordneten Tiergruppe der Bilateria: „Der fehlende Anus und die ventrale Lage des Mundes bei diesen Tieren deuten auf eine unabhängige Herausbildung des Anus in einer späteren Phase der Evolution hin, die erst nach der Trennung von Urmündern und Neumündern stattfand.“
Dr. Qiang Ou (39) ist seit Juli 2016 Humboldt-Stipendiat am Fachgebiet Zoologie der Universität Kassel. In der Autorengruppe des jetzt erschienen Papers übernahm er die phylogenetische Analyse, wertete also zum Beispiel die anatomischen Merkmale des Fossils aus. Teile dieser Arbeit fanden in Kassel statt.
Prof. Dr. Georg Mayer, Gastgeber am Fachgebiet Zoologie der Universität Kassel, freute sich über diesen bedeutenden Forschungserfolg: „Qiang ist eine wunderbare Bereicherung für unser Fachgebiet und unsere Universität. Sein Erfolg bestätigt uns darin, die internationale Vernetzung unseres Fachgebiets weiter voranzutreiben.“
Das Paper „Meiofaunal deuterostomes from the basal Cambrian of Shaanxi (China)“ ist am 30.01.2017 in der Nature erschienen. Autoren: Jian Han, Simon Conway Morris, Qiang Ou, Degan Shu & Hai Huang. Online abrufbar unter: http://www.nature.com/nature/journal/vaop/ncurrent/full/nature21072.html#videos
Hier geht es zu einem Bericht und kurzen Videos der New York Times zum Fund: http://www.nytimes.com/2017/01/30/science/this-prehistoric-human-ancestor-was-al...
Auch der Independent berichtet:
http://www.independent.co.uk/news/science/humanity-evolved-sea-creatures-large-m...
Eine Rekonstruktion des Saccorhytus coronarius in der Ventralansicht.
Bild: Dr. Jian Han. Dieses Bild ist für ein Jahr und nur im Zusammenhang mit dieser Presseinformation kostenfrei nutzbar.
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Dr. Qiang Ou ist seit Juli 2016 Humboldt-Stipendiat an der Universität Kassel.
Foto: Uni Kassel. Dieses Bild ist für ein Jahr und nur im Zusammenhang mit dieser Presseinformation kostenfrei nutzbar.
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Criteria of this press release:
Journalists, all interested persons
Biology
transregional, national
Research results
German
Eine Rekonstruktion des Saccorhytus coronarius in der Ventralansicht.
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Dr. Qiang Ou ist seit Juli 2016 Humboldt-Stipendiat an der Universität Kassel.
Foto: Uni Kassel. Dieses Bild ist für ein Jahr und nur im Zusammenhang mit dieser Presseinformation kostenfrei nutzbar.
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