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02/24/2017 13:52

In der Tracht des Feindes

Rudolf-Werner Dreier Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau

    Biologen ergänzen mehr als 150 Jahre alte Lehrbuchmeinung mit neuer Erklärung zur Wespenmimikry

    Die Maskerade ist nahezu perfekt: Tagaktive Nachtfalter aus der Gruppe der Bärenspinner sind gelb-schwarz gemustert, weisen Wespen-Taillen auf, ihre Fühler erscheinen wie Wespenfühler, und ihre Flügel sind transparent und wie bei Wespen gefaltet. Für diese Art der Nachahmung, gemeinhin als Mimikry bezeichnet, gibt es seit mehr als 150 Jahren eine plausible Erklärung. Sie besagt, dass die Falter – ebenso wie viele Schwebfliegen und andere Insekten – Wespen imitieren, um sich vor Vögeln und anderen Fressfeinden zu schützen. Diese Gegenspieler, so die Lehrbuchmeinung, lernen aus schlechter Erfahrung mit stechenden Wespen und meiden sie daher ebenso wie ähnlich aussehende Tiere. Ein Team um den Freiburger Biologen Prof. Dr. Michael Boppré stellt nun im Fachjournal „Ecology and Evolution“ eine Hypothese vor, die diese traditionelle Sichtweise ergänzt: Den Forschern zufolge hilft der Wespen-Look den Bärenspinnern vor allem, ihre Vorbilder ‒ die Wespen ‒ zu täuschen.

    Um Fressfeinde auf Distanz zu halten, genügt in der Regel, dass Insekten eine unvollkommene Ähnlichkeit zu Wespen ausbilden. Nicht so die Bärenspinner, die Boppré bei seinen Biodiversitätsstudien in Süd- und Mittelamerika untersucht: „Insbesondere im Flug sind die Vorbilder und ihre Nachahmer selbst für geübte Augen kaum zu unterscheiden“, sagt der Biologe. Für ihn stellte sich deshalb die Frage, warum die Bärenspinner diese nahezu perfekte Imitation entwickelt haben und wen sie damit hinters Licht führen. „Die verblüffend einfache Antwort lautet: Wespen.“ Diese jagen andere Insekten als Nahrung für ihre Larven. Gegenseitig greifen sich Wespen jedoch nicht an, und sie unterscheiden bei Jagdflügen nicht, ob andere Wespen, denen sie begegnen, aus dem eigenen oder aus einem fremden Nest stammen. Die Falter imitieren also die Wespen, werden von Wespen für Artgenossen gehalten und deshalb nicht attackiert.

    Boppré und seine Mitautoren betonen in der Veröffentlichung, dass sie mit ihrer Hypothese keine Alternative zur traditionellen Erklärung der Mimikry geben, sondern diese ergänzen. „Die neue Erklärung mag auf den ersten Blick als kleines Detail erscheinen, aber allein die Idee hat weitgehende Konsequenzen“, betont der Forscher. Mit der mehr als 150 Jahre etablierten Sichtweise, die unmittelbar an Charles Darwins Evolutionstheorie beteiligt ist, gehen grundlegende Annahmen einher. Eine davon ist, dass Mimikry nur funktionieren könne, wenn die Vorbilder zumindest zeitweise häufiger als ihre Nachahmer aufträten. Nur dann sei wahrscheinlich, dass Fressfeinde durch schlechte Erfahrung lernen, diese Arten zu meiden. Arten, die diese Art der Täuschung ausbilden, müssten damit ihren Vorteil – den Schutz, den die Tarnung bietet – mit dem Nachteil einer geringeren Häufigkeit bezahlen. Anders im Fall der Bärenspinner: „Wespen zu imitieren, die ihre Nachahmer angeborenermaßen nicht attackieren, erfordert diesen Preis nicht.“

    Originalveröffentlichung:
    Boppré, M., Vane-Wright, R.I., Wickler, W. (2017) A hypothesis to explain accuracy of wasp resemblances. Ecology and Evolution 7/1: 73‒81. doi: 10.1002/ece3.2586

    Kontakt:
    Prof. Dr. Michael Boppré
    Professur für Forstzoologie und Entomologie
    Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
    Tel.: 0761/203-54111
    E-Mail: boppre@fzi.uni-freiburg.de

    Bildunterschrift:
    Fast vollkommene Ähnlichkeit: Wespe (links) und Falter sind kaum zu unterscheiden. Foto: Michael Boppré


    More information:

    https://www.pr.uni-freiburg.de/pm/2017/pm.2017-02-24.24


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    Bildunterschrift: Siehe Pressemitteilung
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    Criteria of this press release:
    Journalists
    Biology, Zoology / agricultural and forest sciences
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications, Research results
    German


     

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