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03/21/2017 09:30

Wissenszuwachs im Labor

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    „Lehren und lernen im Schülerlabor“: So lautete das Motto einer Tagung Mitte März 2017 an der Universität Würzburg. Gut 180 Teilnehmer waren dafür an das M!ND-Center der Uni gekommen.

    2009 hat das Mathematische, Informationstechnologische und Naturwissenschaftliche Didaktikzentrum M!ND an der Universität Würzburg die Arbeit aufgenommen. Seitdem sind seine Lehr-Lern-Labore in Betrieb. Dort bereiten Lehramtsstudierende in kleinen Gruppen Experimente und begleitende Lernmaterialien vor und planen die Betreuung von Schulklassen an den verschiedenen Stationen. Anschließend kümmern sie sich um wechselnde Schülergruppen und können dabei verschiedene Lehrstrategien ausprobieren.

    Inwieweit diese Lehr-Lern-Labore einen Beitrag zur Professionalisierung von Lehramtsstudierenden leisten, ist eine Frage, die in der fachdidaktischen Forschung derzeit intensiv diskutiert wird. Sie bildete deshalb auch einen Schwerpunkt bei der diesjährigen Jahrestagung von LernortLabor, dem Fachverband der Schülerlabore in Deutschland, die vom 12. bis 14. März unter dem Motto „Lehren und lernen im Schülerlabor“ an der Universität Würzburg stattgefunden hat.

    Organisiert hatten das Treffen die Verantwortlichen des M!ND-Centers. Auf dem Programm standen drei Plenarvorträge, deren Spektrum von grundsätzlichen fachdidaktischen Fragen bis zu konkretem fachlichen Input reichte, sowie sechs parallele Sessions zu unterschiedlichen Themen.

    Großes Interesse an der Begleitforschung

    Die Begleitforschung in Lehr-Lern-Laboren war Schwerpunkt einer dieser Sessions. Moderator war Professor Thomas Trefzger, Inhaber des Lehrstuhls für Physik und ihre Didaktik und Sprecher des M!ND-Centers. Die hohe Teilnehmerzahl – 80 Tagungsbesucher hatten diese Veranstaltung besucht – beweist das große Interesse an diesem Thema.

    Lehr-Lern-Labore sind an der Universität Würzburg fest in die Studienverlaufspläne integriert. Die Vorbereitung der Lehramtsstudierenden im Seminar, der regelmäßige Besuch von Schulklassen aller Schularten und Jahrgangsstufen und – nicht zuletzt – die umfangreiche technische Ausstattung bieten ausgesprochen günstige Voraussetzungen für die Erforschung fachdidaktischer Fragestellungen in den MINT-Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – wie Thomas Trefzger erklärte.

    Dementsprechend hat Trefzger in seinem Fach – der Physikdidaktik – in jüngster Zeit drei Promotionsvorhaben betreut, die sich alle mit der Frage beschäftigt haben, ob Lehramtsstudierenden der Einsatz in den Lehr-Lern-Laboren für ihre spätere Tätigkeit vor der Klasse hilfreich ist. Ergebnisse aus diesen Doktorarbeiten stellten die Verantwortlichen auf der Tagung vor.

    Ergebnisse aus drei Doktorarbeiten

    Nutzen Studierende die Chance, im Lehr-Lern-Labor mit Schulklassen arbeiten zu können, dazu, ihr bis dahin erworbenes physikdidaktisches Wissen anzuwenden? Dieser Frage geht Susan Fried seit dem Sommersemester 2014 nach. Die klare Antwort: Der Vergleich eines Wissenstests vor und nach dem Lehr-Lern-Labor-Seminar zeigt einen signifikanten Anstieg in einigen Teilbereichen des physikdidaktischen Wissens.

    Damit einhergehend haben die angehenden Lehrkräfte in dieser Zeit auch ihr Wissen über Schülervorstellungen vergrößert – also über das tatsächliche oder vermeintliche Wissen über bestimmte physikalische Phänomene, das Schüler schon mitbringen.

    Die Entwicklung der professionellen Unterrichtswahrnehmung steht im Mittelpunkt einer zweiten Doktorarbeit. Unter diesem Aspekt versteht die Wissenschaft die Fähigkeit einer Lehrperson, relevante Situationen aus dem Unterricht gezielt zu erkennen, und das Beobachtete richtig zu interpretieren. Diese Fähigkeit ist gleichzeitig ein Indikator dafür, inwieweit die betreffende Person theoretisches Wissen zum Lehren und Lernen auf konkrete Situationen anwenden kann.

    Für diese Studie wurden die Teilnehmer des Lehr-Lern-Seminars in zwei Gruppen aufgeteilt: Die eine Hälfte wurde während ihrer Arbeit mit den Schulklassen gefilmt. Anschließend wurden diese Filme in der Gruppe analysiert und diskutiert. Bei der zweiten Gruppe wurde auf das Filmen verzichtet. Das Ergebnis hier: In der Gruppe mit Videoanalyse zeigte sich ein signifikanter Wissenszuwachs im Bereich der professionellen Unterrichtswahrnehmung. In der Gruppe ohne Videoanalyse blieb der Zuwachs unterhalb der Signifikanzschwelle.

    Klarheit über die eigenen Fähigkeiten

    Das dritte Promotionsprojekt hat die Struktur und Entwicklung des akademischen Selbstkonzepts angehender Physiklehrkräfte im Rahmen des Lehr-Lern-Seminars untersucht. „Akademisches Selbstkonzept“: Dahinter steckt – stark vereinfacht formuliert – die Selbsteinschätzung der Lehramtsstudierenden in Bezug auf ihre fachlichen, fachdidaktischen und pädagogischen Fähigkeiten, also Fragen wie: „Bin ich ein guter Lehrer?“ oder „Verfüge ich über das notwendige Wissen?“.

    Selbst vor eine Klasse stehen und eine gute Stunde präsentieren oder – im Gegenteil – nur auf Desinteresse und Unruhe stoßen; vom Seminarleiter Feedback bekommen; sich mit anderen Lehramtsstudierenden austauschen: All dies sind Faktoren, die das akademische Selbstkonzept beeinflussen. Weil diese Faktoren Bestandteile zentraler Praxisphasen des Lehramtsstudiums sind, liegt der Schluss nahe, dass sich das Selbstkonzept in dieser Zeit messbar entwickelt.

    Und was passiert mit dem akademischen Selbstkonzept während des Lehr-Lern-Seminars? Das erfordert eine differenzierte Betrachtung. So zeigten sich nämlich deutliche Geschlechtsunterschiede in der Studie: Studentinnen, die vor diesem Seminar noch keine Erfahrungen in der Praxis gemacht hatten, erzielten einen hohen Wert auf der entsprechenden Skala. Deutlich höher als Studenten ohne Praxiserfahrung und höher sogar als Studierende mit Erfahrungen vor Schulklassen. Erst im Laufe des Seminars korrigierten sie diesen Wert nach unten. Im Gegenzug stieg dafür der Wert bei Männern, die vor dem Seminar schon ein Schulpraktikum absolviert hatten, am stärksten an – ihr akademisches Selbstkonzept schaffte in dieser Zeit den größten Zuwachs.

    Ein positives Fazit

    „Die laufenden Studien zeigen Hinweise auf positive Veränderungen bei verschiedenen Kompetenzfacetten der Studierenden durch die Lehr-Lern-Seminare“, fasst Thomas Trefzger die Ergebnisse dieser Arbeiten zusammen. Ihr fachdidaktisches Wissen nehme zu, ihre Unterrichtswahrnehmung verbessere sich und sie gelangten zu einer realistischeren Einschätzung ihrer eigenen Fähigkeiten.

    Kontakt

    Prof. Dr. Thomas Trefzger, Sprecher M!ND-Center, T: (0931) 31-85787,
    trefzger@physik.uni-wuerzburg.de

    Markus Elsholz, Geschäftsführer M!ND-Center, T: (0931) 31-82734,
    markus.elsholz@physik.uni-wuerzburg.de


    More information:

    http://www.mind.uni-wuerzburg.de/startseite/ MIND-Centre der Universität Würzburg


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    Criteria of this press release:
    Journalists, all interested persons
    interdisciplinary
    transregional, national
    Schools and science, Studies and teaching
    German


     

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