Eine Brennstoffzelle braucht ein Oxidationsmittel – etwa Sauerstoff. An der TU Wien kann man nun erklären, warum er manchmal nur noch schlecht eindringt und die Zellen unbrauchbar werden.
Eine Brennstoffzelle erzeugt elektrischen Strom aus einer einfachen chemischen Reaktion – zum Beispiel der Verbindung von Sauerstoff und Wasserstoff zu Wasser. Knifflig ist allerdings die Frage, woraus man keramische Brennstoffzellen am besten herstellt. Neue Materialien werden benötigt, die möglichst effizient als Katalysator für die gewünschte chemische Reaktion dienen, aber auch möglichst lange halten ohne sich zu verändern.
Bisher war man beim Entwickeln solcher Materialien oft auf Versuch und Irrtum angewiesen. An der TU Wien gelang es nun, die Oberfläche von Brennstoffzellen auf atomarer Skala gezielt zu verändern und gleichzeitig zu vermessen. So lassen sich nun wichtige Phänomene erstmals erklären – etwa, warum Strontium-Atome Spielverderber sind, oder dass Kobalt für Brennstoffzellen nützlich sein kann.
Sauerstoff-Nachschub als Flaschenhals
An der Kathode, dem positiven Pol der Brennstoffzelle, wird Sauerstoff aus der Luft in das Brennstoffzellen-Material eingebaut. Elektrisch geladene Sauerstoff-Ionen müssen dann durch das Material hindurchwandern und auf der negativ geladenen Seite, der Anode mit dem Brennstoff reagieren – zum Beispiel mit Wasserstoff.
„Der Flaschenhals dieses Gesamtprozesses ist der Sauerstoffeinbau an der Kathode“, erklärt Ghislain Rupp aus der Forschungsgruppe von Prof. Jürgen Fleig vom Institut für Chemische Technologien und Analytik der TU Wien. Zum selben Institut gehört das Team von Prof. Andreas Limbeck, das ebenfalls am Forschungsprojekt beteiligt war.
Damit der Sauerstoffeinbau ausreichend schnell abläuft, muss man die Brennstoffzellen bei sehr hohen Temperaturen betreiben – bei etwa 700 bis 1000 Grad Celsius. Schon seit längerer Zeit ist man auf der Suche nach besseren Kathodenmaterialien, die eine niedrigere Betriebstemperatur erlauben. „Man kennt einige besonders interessante Kandidaten, zum Beispiel Strontium-dotiertes Lanthancobaltat, kurz LSC“, sagt Ghislain Rupp. Das große Problem dabei ist, dass diese Materialien nicht langfristig stabil bleiben. Irgendwann nimmt die Aktivität ab, die Leistung der Brennstoffzelle verringert sich. Über die genaue Ursache dafür gab es bisher nur Vermutungen.
Oberfläche gezielt verändert
Klar war allerdings: Die Oberfläche der Kathode, an der sich der Sauerstoff festsetzen und dann in die Brennstoffzelle wandern soll, spielt eine entscheidende Rolle. Daher entwickelte man an der TU Wien ein Verfahren, die Oberfläche gezielt zu verändern und gleichzeitig zu messen, wie sich das auf die elektrischen Eigenschaften der Brennstoffzelle auswirkt.
„Mit einem Laserpuls verdampfen wir verschiedene Materialien, die sich dann in winzigen Mengen an der Oberfläche anlagern“, erklärt Rupp. „So können wir fein dosiert die Zusammensetzung der Kathoden-Oberfläche modifizieren und gleichzeitig beobachten, wie sich dabei der Widerstand des Systems verändert.“
Zu viel Strontium schadet
So konnte man zeigen, dass Strontium-reiches Material an der Oberfläche schadet: „Wenn an der Oberfläche Strontium-Atome dominieren, wird Sauerstoff nur sehr schwer eingebaut“, sagt Rupp. „Die Kathodenoberfläche nimmt den Sauerstoff auf sehr inhomogene Weise auf: An bevorzugten Plätzen, etwa dort, wo Kobalt-Atome sitzen, funktioniert der Sauerstoff-Einbau gut, dort wo Strontium dominiert, gelangt kaum Sauerstoff in die Kathode.“ Das erklärt auch, warum die Brennstoffzellen mit der Zeit immer schlechter werden: Das Strontium aus dem Inneren des Materials wandert an die Oberfläche und bedeckt eben jene aktiven Kobalt-Zentren - der Brennstoffzelle bleibt die Luft weg.
Diese Ergebnisse liefern wichtige Hinweise darauf, wie der Sauerstoffeinbau grundsätzlich in Materialien wie LSC abläuft und welche Vorgänge für den Leistungsabfall von Brennstoffzellen verantwortlich sind. „Wir sind damit dem technischen Einsatz des Materials LSC für Brennstoffzellen einen wichtigen Schritt näher gekommen“, glaubt Rupp, „und unsere neue Untersuchungsmethode, die hochpräzise Beschichtung mit elektrischer Vermessung vereint, wird sicher auch in anderen Bereichen der Festkörperionik noch eine wichtige Rolle spielen.“
Originalpublikation:Ghislain M. Rupp et al, Real-time impedance monitoring of oxygen reduction during surface modification of thin film cathodes, Nature Materials, 2017. DOI: 10.1038/nmat4879
Bilderdownload: https://www.tuwien.ac.at/dle/pr/aktuelles/downloads/2017/brennstoffzelle
Rückfragehinweis:
Dr. Ghislain Rupp
Institut für Chemische Technologien und Analytik
Technische Universität Wien
Getreidemarkt 9, 1060 Wien
T: +43 664 4112728
ghislain.rupp@tuwien.ac.at
Mit gepulsten Lasern wird die passende Oberfläche erzeugt.
TU Wien
None
An manchen Stellen der Oberfläche kann Sauerstoff viel leichter eindringen als an anderen.
TU Wien
None
Criteria of this press release:
Journalists, all interested persons
Chemistry, Materials sciences
transregional, national
Research results
German
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