Kulturelle Unterschiede bei der räumlichen Wahrnehmung sind weitgehend unerforscht, wodurch häufig der Eindruck entsteht, dass räumliche kognitive Prozesse universell seien. Im Gegensatz zu dieser Auffassung zeigen Aurelie Saulton und ihre KollegInnen aus der Abteilung von Prof. Bülthoff am Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik sehr wohl kulturelle Unterschiede auf, die bei der räumlichen Volumenwahrnehmung von computergenerierten Räumen zwischen Deutschen und Südkoreanern bestehen.
Das Team verwendete eine psychophysische Aufgabe, bei der die TeilnehmerInnen beurteilen mussten, ob ein rechteckiger Raum größer oder kleiner als ein quadratischer Referenzraum war. Die ForscherInnen variierten dann systematisch die Rechtwinkligkeit (Tiefen- zu Breiten-Seitenverhältnis) und den Blickpunkt (Mitte der kurzen Wand gegenüber der langen Wand) von dem der Raum betrachtet wurde. Bei Südkoreanern lösten die Rechteckigkeit des Raums und der Blickpunkt deutlich weniger Vorannahmen aus als bei ihren deutschen Pendants. Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit früheren Vorstellungen, die besagen, dass allgemeine kognitive Verarbeitungsstrategien in ostasiatischen Gesellschaften eher kontextabhängig sind als in westlichen. Diese Erkenntnisse verdeutlichen die Notwendigkeit, kulturspezifische kognitive Verarbeitungsstrategien in der visuellen räumlichen Kognitionsforschung zu untersuchen.
Insgesamt bestätigen die Ergebnisse die bestehende Hypothese, dass Deutsche in der Raumgrößenwahrnehmung, aufgrund des übermäßigen Gebrauchs einer einzigen Dimension (der Tiefe), eher empfindlich für Vorannahmen sind, statt alle Dimensionen des Raumes zu berücksichtigen. Obwohl man nicht definieren kann, welche kognitiven Prozesse den Strategien der jeweiligen Bevölkerung zur Bewältigung dieser Aufgabe zugrunde liegen, wirft sie interessante Fragen über kulturelle Unterschiede bei Wahrnehmungsprozessen von Innenräumen auf. Diese Ergebnisse zeigen Möglichkeiten zur kulturell sensiblen Gestaltung öffentlicher und privater Räume auf (z. B. bei Raumstationen). Ein weit verbreitetes Thema bei der Stadtplanung in Bezug auf Wohnräume und Transport ist, wie man das Gefühl von Weitläufigkeit innerhalb eines begrenzten physischen Raumes erzielt. Die Studien am MPI für biologische Kybernetik könnten als Leitfaden bei der innenarchitektonischen Gestaltung verwendet werden, um die Wahrnehmung von Raumgrößen vorherzusagen.
Originalpublikation:
PLOS ONE: http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0176115
AuthorInnen: Aurelie Saulton, Heinrich H. Bülthoff, Stephan de la Rosa, Trevor J. Dodds
Kontakt:
Wissenschaftler Dr. Stephan de la Rosa
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Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik
Das Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik forscht an der Aufklärung von kognitiven Prozessen auf experimentellem, theoretischem und methodischem Gebiet. Es beschäftigt rund 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus über 40 Ländern und hat seinen Sitz auf dem Max-Planck-Campus in Tübingen. Das MPI für biologische Kybernetik ist eines der 82 Institute und Forschungseinrichtungen der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.
http://www.kyb.tuebingen.mpg.de
Es gibt kulturelle Unterschiede bei der räumlichen Volumenwahrnehmung
Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik
None
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Biology, Information technology, Psychology, Social studies
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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