idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
07/14/2017 10:30

Natürlicher Salvinia-Effekt erstmals in nanostrukturiertem Kohlenstoff realisiert

Silke Paradowski Kommunikation
Technische Universität Darmstadt

    Darmstadt, 14. Juli 2017. Forscher der TU Darmstadt und der Universität Bonn haben Kohlenstoffmaterialien so modifiziert, dass sie unter Wasser auf ihrer Oberfläche eine permanent eingeschlossene Luftschicht anlagern können. Diese in der Natur als Salvinia-Effekt bekannte Eigenschaft kann zukünftig auch für technische Anwendungen interessant sein. Die Ergebnisse wurden kürzlich in der Fachzeitschrift Advanced Material Interfaces publiziert.

    Superhydrophobe Oberflächen, die keinerlei Benetzbarkeit durch Wasser zeigen, spielen in der Natur eine wichtige Rolle. Sie erlauben es Pflanzen sich vor Kontamination zu schützen, da deren Oberflächen für eine Besiedlung durch schädliche Mikroorganismen weitestgehend ungeeignet sind. Eine weitere Eigenschaft solcher Oberflächen ist der sogenannte Salvinia-Effekt: Im Falle einer zusätzlich strukturierten Oberfläche erfolgt die Ausbildung isolierter Luftpolster oder -Taschen unter Wasser, bzw. an der Grenzfläche zwischen Material und Wasser. Diese nutzen Pflanzen – aber auch andere Lebewesen wie wasserlebende Käfer – für den Gasaustausch oder die Reduktion des Reibungswiderstands bei der Fortbewegung unter Wasser. Eindrucksvolle Beispiele hierfür sind der Farn Salvinia Molesta oder der aquatisch lebende Rückenschwimmer Notonecta. Durch die unter der Wasseroberfläche eingeschlossenen Luftpolster auf ihrer Oberfläche entsteht zudem eine Totalreflexion des auffallenden Lichts, die zu einem intensiven Silberglanz solcher Oberflächen führt und möglicherweise auch Fressfeinde abschrecken kann.

    Mit Kohlenstoffnanoröhren, die während ihres Herstellungsprozesses gleichzeitig über größere Bereiche kontrolliert flächig angeordnet werden können, wurde jetzt eine künstlich herstellbare Materialklasse entdeckt, die den Salvinia-Effekt in idealer Weise zeigt und damit ein Paradebeispiel für ein biomimetisches Wirkprinzip darstellt. Diese nanostrukturierten Kohlenstoffmaterialien sind mechanisch und thermisch sehr stabil, zudem hochflexibel und trotzen auch harschen Umgebungsbedingungen. Durch diese Eigenschaften unterscheiden sie sich grundlegend von weichen Polymermaterialien.

    Ihre Oberflächen lassen sich zudem gezielt chemisch verändern, so dass der Salvinia-Effekt in diesen Materialien in Zukunft auch für technische Anwendungen wie z.B. in mikrofluidischen Strukturen zur selektiven Gasadsorption innerhalb von strömenden Flüssigkeiten genutzt werden kann. Andere neuartige Forschungsgebiete mit hoher Anwendungsrelevanz ergeben sich zum Beispiel beim Wärmetransfer sowie bei Vereisung und Frostvorgängen. Alle diese Phänomene werden unter anderem durch das kontrollierte Vorhandensein einer flüssigen Phase auf einer Oberfläche beeinflusst. Das starke Reflexionsverhalten in Gegenwart von Wasser kann möglicherweise auch als optischer Sensor für die Detektion von Feuchtigkeitspuren in Zukunft nutzbar gemacht werden. Damit stehen die Eigenschaften dieses hochgeordneten Kohlenstoffmaterials in herausragender Weise für das Forschungsgebiet der Bionik oder Biomimetik, verbinden sie doch Biologie und Technik mit dem Ziel, durch Abstraktion, Übertragung und Anwendung von Erkenntnissen, die durch interdisziplinäre Zusammenarbeit an biologischen Vorbildern gewonnen werden, technische Fragestellungen zu lösen.

    Die Forschungsergebnisse der beiden kooperierenden Gruppen von Prof. Jörg J. Schneider, Fachgebiet Anorganische Chemie der TU Darmstadt, und Prof. Wilhelm Barthlott, Nees Institut für Biodiversität, Universität Bonn, erschienen kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift Advanced Material Interfaces.

    Publikation:
    Deepu J. Babu, Matthias Mail, Wilhelm Barthlott, Jörg J. Schneider: “Superhydrophobic Vertically Aligned Carbon Nanotubes for Biomimetic Air Retention under Water (Salvinia Effect)”

    Kontakt:
    Prof. Dr. Jörg J. Schneider
    Fachbereich Chemie
    Eduard-Zintl-Institut für Anorganische und Physikalische Chemie
    Telefon: +49 6151/16-21100
    E-Mail: joerg.schneider@ac.chemie.tu-darmstadt.de

    MI-Nr. 68/2017, Schneider/bjb


    More information:

    http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/admi.201770061/abstract Die Publikation online


    Images

    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars
    Chemistry, Materials sciences
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).