Rainer Schlösser heute zum neuen Professor für Romanische Sprachwissenschaft an der Universität Jena ernannt
Jena (01.09.03) Die Sprache, die in der Antike im Gebiet des heutigen Italiens, Frankreichs oder Rumäniens gesprochen wurde, ist bis heute 70 Mal an die nächste Generation weitergegeben worden. Jede Generation glaubte selbstverständlich, die Sprache ihrer Eltern zu übernehmen - und doch wird die Sprache der ersten Generation als Latein, die der siebzigsten jedoch als Italienisch, Französisch oder Rumänisch bezeichnet. Warum das so ist, erforscht Prof. Dr. Rainer Schlösser. Der 47-jährige Romanist aus Mönchengladbach ist heute (01.09.) zum neuen Lehrstuhlinhaber für Romanische Sprachwissenschaft mit Schwerpunkt Französisch und Italienisch an der Friedrich-Schiller-Universität Jena ernannt worden.
"Da das gesprochene Latein in den verschiedenen römischen Provinzen nicht einheitlich war, entwickelten sich daraus die heute existierenden romanischen Sprachen und Dialekte", erklärt Prof. Schlösser. Nicht jedem Dialekt war jedoch die Entwicklung zu einer eigenständigen Hochsprache beschieden. Hier spielen neben den sprachlichen auch politische und kulturelle Gegebenheiten eine Rolle. "Der zur Hochsprache aufgestiegene Dialekt hat dann vielfach die anderen Dialekte verdrängt", weiß der Romanist. In seiner Dissertation an der Universität Köln (1985) beschäftigte er sich mit der Lautlehre des Aromunischen. Diese Variante des Rumänischen wird heute noch in bestimmten Gebieten Griechenlands und Albaniens gesprochen. Es fristet aber ein denkbar gefährdetes Dasein neben dem Neugriechischen bzw. Albanischen, das dort geschrieben und gesprochen wird.
Die Erforschung solcher Sprachraritäten dient nicht dazu, sie vor dem Aussterben zu bewahren. Das sei ein natürlicher Vorgang, auf den die Sprachwissenschaft nur bedingt Einfluss hat, sagt Schlösser, der neben den romanischen auch die skandinavischen Sprachen sowie Griechisch, Englisch und sogar etwas Ungarisch und Hebräisch beherrscht. Vielmehr geht es ihm u.a. darum, die Entwicklung der heutigen Sprache seit ihren ersten mittelalterlichen Belegen nachzuvollziehen.
Dabei ist er immer wieder forschend in romanische Sprachnischen vorgedrungen, hat sich z. B. mit dem Dolomitenladinischen auseinandergesetzt. Mit 25 000 Sprechern und sechs Dialekten in sechs Tälern der Südtiroler Alpen zählt es zu den europäischen Kleinstsprachen. 1997 hat er sich mit mehreren Arbeiten u.a. über romanische Dialektologie an der Universität in Siegen kumulativ habilitiert.
Gegenwärtig durchforstet er deutsche Dialektwörterbücher nach Ausdrücken, die aus dem Französischen entlehnt sind. So gibt es zum Beispiel das im Sächsischen gebräuchliche "vischlant", das soviel wie "pfiffig" oder "clever" bedeutet und vom französischen "vigilant" herzuleiten ist. Interessant ist, dass solche begrifflichen Kuriositäten auch in Gegenden zu finden sind, die nie an Frankreich grenzten, z.B. Brandenburg und Thüringen. "Es ist spannend, die Wanderwege solcher Dialektwörter nachzuvollziehen", begeistert sich der Romanistik-Professor, der seine Stelle in Jena zuvor zwei Jahre vertreten hat. Er ist im übrigen nicht nur sprachforschend tätig, sondern betreut in seiner Freizeit im brandenburgischen Luckenwalde die "Rotkreuzgeschichtliche Sammlung Fläming-Spreewald". In dieser Funktion und als stellvertretender Sprecher der "Arbeitsgemeinschaft deutscher Rotkreuz-Museen" hält er die Geschichte dieser humanitären Organisation lebendig.
Kontakt:
Prof. Dr. Rainer Schlösser
Institut für Romanistik der Universität Jena
Ernst-Abbe-Platz 8, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 944641, Fax: 03641 / 944602
E-Mail: rainer.schloesser@uni-jena.de
Prof. Dr. Rainer Schlösser (Foto: Fotozentrum der Uni Jena)
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Criteria of this press release:
History / archaeology, Language / literature
transregional, national
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German
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