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01/16/2018 13:02

Grüne Gentechnik: Podiumsdiskussion zu Risiken und Chancen für eine zukünftige Landwirtschaft

Regina Devrient Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung

    Am Abend des 11. Januar 2018 fand im Festsaal der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina die Podiumsdiskussion zum Thema „20 Jahre Grüne Gentechnik – Risiken und Chancen für eine Landwirtschaft der Zukunft“ im Rahmen der studentisch organisierten Ringvorlesungsreihe "Zukunftsfähige Landwirtschaft" statt. Mehr als 200 Interessierte verfolgten gespannt das Gespräch von Dr. Jochen Kumlehn (IPK), Prof. Dr. Ingo Pies (MLU), Dr. Christoph Then (Testbiotech e.V.) und Dr. phil. Johannes Achatz (Hochschule Furtwangen). Moderiert wurde die Debatte von Christian Bollert (detektor.fm).

    Nach einer kurzen Einführung in die naturwissenschaftlichen und methodischen Grundlagen der genetischen Veränderung von Pflanzen durch Jochen Kumlehn, wurde die Debatte um dieses gesellschaftlich sehr kontroverse Thema wissenschaftlich fundiert und im interdisziplinären Kontext diskutiert.

    Zunächst tauschten die Experten sich über den für die gesellschaftliche Diskussion des Themas vielverwendeten, aber unterschiedlich definierten Begriff „Natur“ aus. Möglicherweise beruhe das insbesondere von der Grünen Gentechnik ausgelöste Unbehagen auf der antiken Idee von einer gewachsenen, unveränderlichen Natur, für das das Reich der Pflanzen bis heute symbolisch stehe. Die naturwissenschaftlich getragenen Konzepte von einer sich stetig selbst wandelnden Natur stünden dem gegenüber.

    Wirtschaftsethiker Ingo Pies bemängelte die nicht zielführende „Angstkommunikation“ von einigen Gentechnik-Kritikern mit dem Argument, dass die für die Analyse von Chancen und Risiken grundlegende Unterscheidung zwischen Gefahren und Risiken nicht mehr vorgenommen werde. Die damit verbundene emotionalisierte Debatte, wie sie spätestens seit den 1990er Jahren um die Grüne Gentechnik geführt wurde, könnte die vernunftgeleitete Betrachtung auch der Neuen Molekularbiologischen Methoden (NMT), verhindern. Weiterhin kritisierte er die gegenwärtige Auslegung des Vorsorgeprinzips in Europa, welches er als innovationshinderlich einstuft. Johannes Achatz argumentierte hingegen, dass das Vorsorgeprinzip an erster Stelle stehen sollte, wenn Risiken nicht umfassend abschätzbar sind.

    Die Weiterentwicklung molekularbiologischer Verfahren erlaube nicht nur gezieltere genetische Veränderungen von Pflanzen, sondern käme auch ohne den Austausch genetischen Materials zwischen Individuen u. a. über Artgrenzen hinweg aus, erläutert Jochen Kumlehn. Damit seien sie weniger den klassischen gentechnischen Verfahren, wie sie im Gentechnikgesetzt beschrieben werden, zuzuordnen, sondern eher den erlaubten und gängigen Methoden der z. B. chemischen induzierten Mutagenese.

    Christoph Then unterschied dagegen klar zwischen den traditionellen Methoden der Pflanzenzüchtung und den NMT. Letztere könnten von den betroffenen pflanzlichen Individuen nicht durch zelluläre Prozesse reguliert werden. Darüber hinaus öffne dieser methodische Zugang Tür und Tor für die kritisch zu beurteilende Patentierung von Kulturpflanzen. Maßstab für eine ethische Beurteilung der neuen Methoden dürfe nicht der unternehmerische Vorteil sein.

    Dem stimmt Jochen Kumlehn zu, betonte aber gemeinsam mit Ingo Pies, dass es angesichts des Potenzials, den die NMT für die Lösung der sich aufgrund von Klimawandel und des Bevölkerungswachstums stellenden globalen Probleme, nicht förderlich wäre, wenn fachfremde Juristen ohne die Beratung durch wissenschaftliche Experten über die korrekte begriffliche Einordnung der NMT und damit deren gesetzliche Zuordnung entscheiden. Wichtiger sei, sich mit juristischer Hilfe über konkrete Fragen der Regulierung des Einsatzes molekularbiologischer Verfahren in der Pflanzenzucht und dem Anbau der entstehenden Sorten zu verständigen, anstatt generelle Verbote auszusprechen und damit wichtige Innovationen zu verhindern.

    Nach der Diskussion auf dem Podium wurde die Debatte für das Publikum im Saal geöffnet, woraufhin die Frage im Raum stand, wie und in welchem Maße die Grüne Gentechnik zur Lösung der Welthungerproblematik beiträgt und in der Vergangenheit beigetragen hat. In diesem Zusammenhang verwies Christoph Then darauf, dass der Beitrag Grüner Gentechnik an der Überwindung der Welthungerproblematik angesichts der aktuell im Anbau befindlichen Kulturen, sehr fragwürdig erscheint und die Verwendung dieses Arguments ebenso eine Emotionalisierung der Debatte darstellt.

    Die Veranstaltung wurde im Rahmen der Ringvorlesung Zukunftsfähige Landwirtschaft der Studentischen Förderinitiative der Naturwissenschaften (SFI) in Kooperation mit dem Wissenschaftscampus Halle (WCH) und dem Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) organisiert. Einen Mitschnitt der Veranstaltung finden Sie zeitnah unter:


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    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars, Students, all interested persons
    Biology, Environment / ecology, Philosophy / ethics, Zoology / agricultural and forest sciences
    transregional, national
    Studies and teaching, Transfer of Science or Research
    German


     

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