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09/18/2003 17:44

So machen, bestimmen und gestalten Menschen mit Behinderung mit

Ole Lünnemann Referat Hochschulkommunikation
Universität Dortmund

    Das Leben selbst bestimmen, im Sportverein mitmachen oder an Entscheidungen in Verband und Gemeinde teilhaben. Für Menschen mit Behinderung ist das keine Selbstverständlichkeit. "Redet mit uns nicht über uns!" lautet daher eine Forderung unterstützungsbedürftiger Menschen. An dem Kongress "Wir wollen mehr als nur dabei sein" nehmen Wissenschaftler, Praktiker und Menschen mit Behinderung teil. Veranstaltet wird er von der Fakultät Rehabilitationswissenschaften der Universität Dortmund und der Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e.V. vom 18. bis. 20. September an der Universität Dortmund. Zum Abschluss wird die "Dortmunder Deklaration 2003" bekannt gegeben.

    Das "Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen" vom April 2002 muss noch mit Leben erfüllt werden. "Behinderte Menschen sollen -nicht nur gleichberechtigt, sondern auch gleichgestellt in der Mitte unserer Gesellschaft stehen", so der Schirmherr des Teilhabe-Kongresses, Bundestagspräsident Wolfgang Thierse. "Nichts über uns ohne uns" ist das Motto im Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderung. Sie wollen mitmachen, mitbestimmen und mitgestalten in allen gesellschaftlichen Bereichen.

    "Wir haben oft das Gefühl, dass wir ausgestoßen werden", so Ingrid Völl, Kongresspräsidentin und Sprecherin des Lebenshilfe-Rats. "Zum Beispiel können wir in vielen Sportvereinen nicht mitmachen", sagt sie in einem Gespräch, das im Programmheft des Kongresses abgedruckt ist.

    Wie jedoch werden Teilhabe und Inklusion umgesetzt? "Eine wichtige Vorraussetzung dafür ist, dass wir auf gleicher Augenhöhe miteinander umgehen", sagen Prof. Dr. Elisabeth Wacker, Lehrstuhl für Rehabilitations-Soziologie an der Universität Dortmund und ebenfalls Kongress-Präsidentin, sowie Robert Antretter, Bundesvorsitzender der Lebenshilfe.

    Jeder einzelne sei Teil einer Gemeinschaft und wolle sich "mit den anderen drum herum wohl fühlen".
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    Auf dem Teilhabe-Kongress thematisiert

    Konkrete Wege zu Selbstbestimmung, Teilhabe und Inklusion werden in zahlreichen Veranstaltungen diskutiert. Inklusion meint dabei, dass Menschen mit Behinderung ganz "eingeschlossen" und überall eingebunden werden sollen, Mitglied der Gesellschaft wie jeder andere auch.

    Vier Themenbereiche durchziehen den gesamten Kongress: Politik und Bürger, Mitbestimmung in Verbänden und Selbsthilfegruppen, Teilhabe im Alltag und Lebensgeschichten. Entsprechend gibt es Arbeitsgruppen wie zum Beispiel "Leben im Stadtteil: Wer mir hilft und was ich mitbestimmen kann", "Eine Selbsthilfegruppe nur für uns", "Ich will alleine leben - Wie geht das?", "Integration in der Freizeit", "Mobilität für alle" und "Menschen mit geistiger Behinderung und ihre Lebensgeschichte".

    Auch im Plenum werden Beispiele gesellschaftlicher Teilhabe diskutiert. Dabei werden Erfahrungen aus dem Ausland einbezogen, die hier Impulse geben können.
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    Dortmunder Deklaration

    Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen und der Diskussionen im Plenum werden am Kongress-Samstag in einer "Dortmunder Deklaration" bekannt gegeben. Die Ideensammlung zur Deklaration beinhaltet schon zahlreiche Anregungen und Forderungen:
    · Das Recht "mittendrin" in der Gesellschaft zu leben muss unabhängig sein vom Hilfebedarf. Jemanden auszuschließen, nicht anzuhören oder nicht wichtig zu nehmen ist das Gegenteil von Teilhabe.
    · Teilhabe in Gemeinde, Wohnstätten, Werkstätten, Verbänden und Vereinen ist notwendig für das gleichberechtigte Leben in der Gesellschaft.
    · Die Kongressteilnehmer versprechen Brücken zu bauen auf dem Weg zur Teilhabe in der Gemeinde. Nicht jeder Übungsleiter im Sportverein weiß etwa, wie man gemeinsam Sport treiben kann. Ratgeber und Brückenbauer zu werden ist eine neue Aufgabe von Betreuern, Begleitern und Wohlfahrtsverbänden. Sinn und Ziel der Eingliederungshilfe ist sichere Lebensqualität und gelingendes Zusammenleben.
    · Bei Unterstützungs-Angeboten muss überprüft werden, ob damit Teilhabe gefördert wird.
    · Jeder soll so leben können, dass seine Beeinträchtigung ihn nicht am Leben in der Gesellschaft hindert. Es gibt keine Barrieren. Wer Hilfe benötigt, bekommt sie so viel wie nötig und überall, wo alle anderen sind: im Kindergarten, bei der Arbeit, in der Wohnung. Für Menschen mit Lernschwierigkeiten müssen Texte verständlich sein oder Hilfe verfügbar.
    · Menschen mit Behinderung können geben und nehmen. Sie sind dazu verpflichtet sich in das Leben einzubringen mit der Kraft, die sie haben. Sie haben das Recht auf Respekt und individuelle Unterstützung.
    · "Nichts über uns ohne uns" soll in den Wohn- und Werkstätten entschieden werden.
    · Menschen mit Behinderung sollen sich im Sinne der Teilhabe engagieren. Die Lebenshilfe muss sich um Teilhabe und Mitgliedschaft von Menschen mit Behinderung bemühen.
    · Freiwilliges und bürgerschaftliches Engagement soll alltägliche Erfahrungen miteinander möglich machen.
    · Das "Persönliche Budget" ist Vorraussetzung dafür, selbst zu entscheiden, wie und welche Unterstützung nötig ist und ein Leben mit gesellschaftlicher Teilhabe ermöglichen.

    Für Kongress-Teilhabe weitere Barrieren abgebaut
    Der Kongress selbst ist ein gutes Beispiel für Teilhabe, Inklusion und Abbau von Barrieren für Menschen mit Behinderungen: Alle Veranstaltungen sind für alle offen.

    Das gilt auch für Veranstaltungen, in denen die Sprache nicht so einfach ist. Hier helfen Assistenten oder ein Lotsendienst. Möglich wurden diese Angebote auch durch die Unterstützung des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung, der Europäischen Union, der Förderung des Kongresses im Rahmen des Europäischen Jahres der Menschen mit Behinderungen 2003, der deutschen Behindertenhilfe - Aktion Mensch e.V., der DaimlerChrysler AG und der WestLB AG.

    Auf dem Campus Dortmund wurden weitere Barrieren abgebaut: Ende Juli wurde ein Orientierungs- und Leitsystem für blinde und sehbehinderte Menschen fertiggestellt. Als führende Ausbildungsstätte im Bereich Rehabilitationswissenschaften bemüht sich die Universität Dortmund schon viele Jahre nachhaltig darum, Hindernisse abzubauen, die Menschen mit Behinderungen Studium und universitären Alltag erschweren könnten, und ihnen gute Rahmenbedingungen zu schaffen. Dazu gehören ein barrierefrei gestalteter Internetzugang und die breite Beratungstätigkeit des Dortmunder Zentrums für Behinderung und Studium" (DoBus).
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    Information:
    Kongresspräsidentin Prof. Dr. Elisabeth Wacker, Lehrstuhl für Rehabilitations-Soziologie und Mitglied im Bundesvorstand der Lebenshilfe, Ruf: 0231-755 4553,
    E-Mail: elisabeth.wacker@uni-dortmund.de
    Kongresspräsidentin Ingrid Völl, Vertreterin behinderter Menschen in der Lebenshilfe, wird vertreten durch Achim Wegmer, Bundesvorstandmitglied der Lebenshilfe und Mitarbeiter der Werkstatt für behinderte Menschen in Pforzheim.
    Robert Antretter, Bundesvorsitzender Lebenshilfe, Ruf: 06421-491129
    Kongresstelefon: 0231-7552700
    Internet: www.lebenshilfe.de/teilhabe/
    Pressestelle: Katja Stiegel, Ruf 0231-755-4811,
    Mail stiegel@verwaltung.uni-dortmund.de


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    Criteria of this press release:
    Art / design, Law, Medicine, Music / theatre, Nutrition / healthcare / nursing, Politics, Social studies, Teaching / education
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications, Scientific conferences
    German


     

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