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05/23/2018 14:55

Tropische Torfsümpfe: Renaturierung gefährdeter Kohlenstoffspeicher

Dr. Susanne Eickhoff Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT)

    Wissenschaftler der Universität Göttingen und des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) haben anhand von paläoökologischen Untersuchungen erstmalig herausgefunden, in welchem Zeitraum sich tropische Torfwälder nach einer Störung erholen können. Sie gehört zu den bedeutendsten terrestrischen Kohlenstoffspeichern.

    Nach derzeitigen Erkenntnissen nimmt die Landbiosphäre 30% des vom Menschen produzierten CO2 auf und trägt so erheblich dazu bei, die globale Erwärmung zu drosseln. Zu den bedeutendsten terrestrischen Kohlenstoffspeichern gehören tropische Torfsumpfwälder, die jedoch zunehmend gerodet werden. Daten zu ihrer Regenerationsfähigkeit fehlten bisher völlig, sind aber für Schutz- und Renaturierungsprojekte unerlässlich.

    Wissenschaftler der Universität Göttingen haben nun im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 990 erstmalig anhand von paläoökologischen Untersuchungen herausgefunden, in welchem Zeitraum sich ein tropischer Torfwald nach einer Störung erholen kann. An der Studie, die diese Woche im Journal of Ecology veröffentlicht wurde, ist auch das Bremer Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) beteiligt.

    Torfsümpfe bedecken in Südostasien eine Fläche von mehr als 27 Millionen Hektar. Bis zu 40% dieser Sumpfwälder wurden jedoch inzwischen gerodet und entwässert, viele mussten Palmöl- oder Akazienplantagen für die Papierherstellung weichen. Auch in der vorindustriellen Vergangenheit sind einige der Sumpfwälder bereits genutzt worden, da sie eine reiche Flora und Fauna beheimaten. Bohrkerne aus den Torfablagerungen verraten, wie sich die Nutzung auf das Ökosystem ausgewirkt hat.

    An einem solchen Bohrkern, der Ablagerungen der vergangenen 13.000 Jahre umfasst, untersuchten die Forscherinnen und Forscher Holzkohlespuren als Hinweis auf menschliche Besiedlung, die Zusammensetzung der Pollen und Sporen sowie den Kohlenstoffgehalt in unterschiedlichen Bodenschichten, die sie mithilfe der Radiokarbonmethode datierten.

    Der Bohrkern entstammte einem Sumpfgebiet auf der indonesischen Insel Sumatra, in dem vom 9. bis 14. Jahrhundert das Königreich der Malayu herrschte. Der nahe gelegene buddhistische Tempelkomplex Muara Jambi aus dieser Zeit ist einer der größten Südostasiens und deutet auf eine florierende Hochkultur.

    Wie die Torfproben und historische Quellen ergaben, nutzte die Bevölkerung damals die Sumpfwälder für die Gewinnung von Brennholz und Baumaterial und sammelte dort auch Nahrung. Im 14. Jahrhundert verdrängten javanische Einwanderer die Malayu aus der Region, der Sumpfwald wurde wieder sich selbst überlassen.

    „Es handelte sich um eine eher schonende Nutzung, bei der die hydrologischen Bodenverhältnisse weitgehend erhalten blieben“, erklärt die Biologin Kartika Anggi Hapsari, Erstautorin der Studie. „Dennoch haben wir herausgefunden, dass 60 Jahre vergehen mußten, bevor wieder ähnliche Mengen an Kohlenstoff in den Ablagerungen am Boden gespeichert waren und ganze 170 Jahre, bis die ursprüngliche Vegetation, wie man sie in einem unberührten Torfwald vorfindet, wiederhergestellt war.“

    Die indonesische Regierung hat die enorme Bedeutung der Torfwälder erkannt, nicht nur als CO2-Senken sondern auch als biologische Schatzkammern mit reicher Biodiversität und etlichen gefährdeten Tierarten, wie etwa dem Orang Utan. Renaturierungsprojekte sind in Indonesien jedoch nur auf 60, maximal 95 Jahre angelegt. Nach den Befunden der Studie ist dieser Zeitraum viel zu kurz, um die volle Ökosystemleistung eines intakten Torfwaldes wieder herzustellen.

    „Angesichts der heutigen Praxis der flächendeckenden Abholzung und intensiven Nutzung als Plantagen ist zu vermuten, dass die Regenerationszeit noch viel länger ist“, sagt Tim Jennerjahn vom ZMT, einer der Autoren der Studie. „Die Frage ist auch, wie lange diese Torfgebiete überhaupt noch existieren werden. Durch die Entwässerung und weil der Abbau der organischen Torfböden CO2 freisetzt, senkt sich der Boden ab. Die meist küstennah gelegenen Torfgebiete könnten dem steigenden Meeresspiegel zum Opfer fallen.“

    Publikation
    Hapsari, K.A., Biagioni, S., Jennerjahn, T.C., Reimer, P., Saad, A., Sabiham, S., Behling, H. (2018). Resilience of a peatland in Central Sumatra, Indonesia to past anthropogenic disturbance: improving conservation and restoration designs using palaeoecology. Journal of Ecology. DOI: 10.1111/1365-2745.13000

    Kontakt
    Kartika Anggi Hapsari (nur auf Englisch)
    Universität Göttingen
    Kartika.Hapsari@biologie.uni-goettingen.de
    Tel: 0551 39 7873

    Dr. Tim Jennerjahn
    Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung, Bremen
    Tim.jennerjahn@leibniz-zmt.de
    Tel: 0421 23800 – 44


    More information:

    https://besjournals.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/1365-2745.13000


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    Torfsumpf auf Sumatra, der einer Palmölplantage weichen mußte
    Torfsumpf auf Sumatra, der einer Palmölplantage weichen mußte
    Foto: Tim Rixen, Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung
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    Ein Tempel der Malayu-Zeit nahe des untersuchten Torfsumpfes auf Sumatra
    Ein Tempel der Malayu-Zeit nahe des untersuchten Torfsumpfes auf Sumatra
    Foto: Hermann Behling, Universität Göttingen
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    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars, Students, all interested persons
    Biology, Environment / ecology, Geosciences, Oceanology / climate, Zoology / agricultural and forest sciences
    transregional, national
    Research projects, Research results
    German


     

    Torfsumpf auf Sumatra, der einer Palmölplantage weichen mußte


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