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06/21/2018 14:51

Neue Spielregeln: Das Internet der Dinge als „Game Changer“

Frank Seiß Öffentlichkeitsarbeit
ISF München - Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung e.V.

    Das Internet der Dinge ist mehr als ein weiterer Digitalisierungs-Hype. An der Schnittstelle zwischen „New Economy“ und „Old Economy“ markiert es vielmehr einen Wendepunkt in der digitalen Transformation. Nachdem die disruptive Wucht der Digitalisierung bis jetzt vor allem die IT-Branche und Consumer-Märkte getroffen hat, ermöglicht das IoT den Brückenschlag in die Industrie und die traditionellen Dienstleistungsbereiche. Es wird zu einem „Game Changer“, der die Fundamente von Wirtschaft und Gesellschaft grundlegend verändert und die Spielregeln für Geschäftsmodelle, Wertschöpfungsprozesse und Arbeit neu bestimmt. In diesem Umbruch muss die deutsche Wirtschaft die Weichen richtig stellen.

    „Wir müssen jetzt auf die Initiativen zur Digitalisierung der Produktion im Kontext von Industrie 4.0 aufbauen und über einzelne Insellösungen hinaus die Entwicklung eines domänenübergreifenden IoT vorantreiben“, betonte Prof. Dr. Andreas Boes, Vorstandsmitglied des Instituts für Sozialwissenschaftliche Forschung e.V. (ISF) München im Rahmen des Zukunftsforums „Der Aufstieg des Internet of Things: Disruptiver Wandel für die deutsche Wirtschaft?“. Das Forum, das im SAP Data Space in Berlin in einer ausgewählten Runde hochrangiger Expertinnen und Experten aus Unternehmen, Verbänden und Politik stattfand, bildete den Abschluss des BMBF-Projekts „Digitale Dienstleistung in modernen Wertschöpfungssystemen“ (digit-DL).

    Projekt mit Pioniercharakter

    2013 gestartet, zählt das Verbundprojekt zu den Pionierprojekten, welche die Digitalisierung aus einer ganzheitlichen Perspektive beleuchten, die Geschäftsmodelle, Wertschöpfung und Innovationsstrategien gleichermaßen umfasst. Mehrere hundert Interviews mit Strategen aus dem Management, Betriebsräten und Beschäftigten der IT-Industrie, der Automobil- und Elektrobranche sowie traditioneller Dienstleistungsbereiche sind dabei in den letzten Jahren in Deutschland, aber auch im Rahmen zweier Forschungsaufenthalte im Silicon Valley erhoben worden. Sie bilden die Basis für profunde Analysen der Trends, Dynamiken und Strategien der digitalen Transformation sowie der Herausforderungen für Wirtschaft und Gesellschaft.

    IoT: Brückenschlag in die Industrie

    Im Rahmen des Zukunftsforums präsentierte digit-DL-Projektleiter Boes die Ergebnisse des fünfjährigen Forschungsvorhabens, das in seiner letzten Phase das Internet der Dinge in den Fokus genommen hat: „Die digitale Transformation erfährt mit dem Aufstieg des ‚IoT’ gegenwärtig eine neue Zäsur“, resümierte Boes. Bislang hat sich die disruptive Wucht des digitalen Umbruchs neben der IT-Industrie hauptsächlich auf die Consumer-Märkte, wie den Einzelhandel, die Medien oder die Hotelbranche, konzentriert. Vor allem die Unternehmen des Silicon Valley haben mit dem IoT aber nun ein Konzept gefunden, mit dem sie den Brückenschlag in die Industrie und die traditionellen Dienstleistungsbereiche vorantreiben. Über Jahrzehnte stabile Wertschöpfungsprozesse und Märkte geraten so in Bewegung. Diese Entwicklung stellt Unternehmen, Gewerkschaften und Politik vor völlig neue Herausforderungen. „Unternehmen sollten den Innovationssprung IoT nutzen“, empfahl Eva Zauke, VP Digital Supply Chain & Manufacturing bei der gastgebenden SAP SE. Sie plädierte dafür, die vielfältigen Potenziale zu heben, die das Internet der Dinge für Effizienzsteigerungen, aber auch für die Entwicklung neuer Dienstleistungen und Geschäftsmodelle bietet. Dabei gehe es aktuell vor allem darum, geeignete Anwendungsfälle zu identifizieren und den Mehrwert für die Kunden, beziehungsweise das eigene Geschäft der Kunden, aufzuzeigen und zu realisieren.

    Forschungsreport mit IoT-Referenzsystem erschienen

    Das von den Wissenschaftlern des ISF München auf Basis der Forschung mit Vorreiterunternehmen wie der Robert Bosch GmbH, SAP SE und Siemens AG erarbeitete „Referenzsystem der strategischen Gestaltungsfelder für das Internet of Things“ kann bei der Bewältigung der mit dem Aufstieg des IoT einhergehenden Herausforderung Orientierung geben. Es umfasst sechs Felder: die im „IoT“ neu entstehenden Geschäftsmodelle, den grundlegenden Wandel in der Qualifikationsstruktur, neue Organisationskonzepte für Arbeit, die Gestaltung von Eco-Systemen durch Kooperationen auf Augenhöhe, Strategien für die Verwertung von Daten und die neue Interdisziplinarität zwischen Hardware und Software. Einen Überblick über das Referenzsystem und seine Gestaltungsfelder bietet der Forschungsreport „Der Aufstieg des Internet of Things: Disruptiver Wandel für die deutsche Wirtschaft?“. Er umfasst zudem die neuesten Forschungsergebnisse zum Thema „IoT“, Fallstudien ausgewählter Vorreiter-Unternehmen sowie ausführliche Interviews mit hochrangigen Expertinnen und Experten zu den industriepolitischen Herausforderungen der Transformation.

    Komplexe industriepolitische Herausforderungen

    Um die Potenziale des „IoT“ heben zu können, empfiehlt etwa der Mitgründer und Geschäftsführer der Digitalagentur TLGG, Christoph Bornschein, ein besseres Verständnis der Wertschöpfungsprinzipien der Plattformökonomie zu entwickeln, in Kooperationen und Partnerschaften zu denken, mit Blick auf Hardware und Software die Portfolio-Frage zu klären und insgesamt bei der Umsetzung neuer IoT-Anwendungen an Tempo zuzulegen. Auch Karl-Heinz Streibich, Vorstandsvorsitzender der Software AG und acatech-Präsident, sieht die Gestaltung der Plattformökonomie als die entscheidende Herausforderung der Zukunft. Wer in dieser Welt zu den Gewinnern gehören wolle, brauche Partner-Eco-Systeme wie zum Beispiel die von der Software AG mitgegründete Plattform „Adamos“, auf der Maschinenbau-Unternehmen gemeinsam mit Partnern, Kunden und Lieferanten den Markt gestalten. Für Christiane Benner, Zweite Vorsitzende der IG Metall, sind die Unternehmen gut aufgestellt, die ihre Hardware-Kompetenzen ausbauen und parallel ihre Software-Kompetenzen verbessern. Qualifizierung, Arbeitsgestaltung, Beteiligung und Beschäftigungssicherung sind für sie die Topthemen bei der Gestaltung des „IoT“. Insgesamt macht die Gewerkschafterin sich stark für „Gute Arbeit in einem Sozialstaat 4.0“. Die Menschen bräuchten „Zuversicht, wohin es in der digitalen Transformation geht“. Nach Überzeugung von Prof. Dr. Wolf-Dieter Lukas, Leiter der Abteilung Schlüsseltechnologien – Forschung für Innovationen beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), kann Deutschland mit seinen starken industriellen Kernen punkten, wenn es vor allem dem hochspezialisierten und kundenfokussierten Mittelstand gelingt, die Potenziale der Digitalisierung in seine Geschäftsmodelle zu integrieren und gleichzeitig Raum für Neugründungen zu geben. Insgesamt müsse aus Industrie 4.0 Wirtschaft und Arbeit 4.0 werden.

    Auf einen echten Umbruch einstellen

    Wer künftig die entscheidenden Positionen in der Industrie und den klassischen Dienstleistungsbereichen übernehmen und Innovationstreiber sein wird, bleibt derzeit noch offen. Es stellt sich die Frage, ob die Internetgiganten aus dem Silicon Valley oder gar China mit ihrer Kompetenz in Feldern wie Cloud, Big Data und Machine Learning künftig die Nase vorn haben werden oder ob es den etablierten Konzernen gelingt, ihr Domänen-Know-how ins digitale Zeitalter zu übersetzen und zu einem strategischen Wettbewerbsfaktor auszubauen. „Erfolgsentscheidend ist in dieser Situation, dass Unternehmen und Politik sich auf einen echten Umbruch einstellen und eine Antwort finden auf die neuen Spielregeln einer informatisierten Produktionsweise, ohne die Erfolgsfaktoren und Erfahrungen aus über hundert Jahren Industriegeschichte über Bord zu werfen “, betonte Andreas Boes zum Abschluss des Zukunftsforums. Ziel sei es, die in Deutschland gewachsenen Sozialbeziehungen auch in der digitalen Wirtschaft zu einem Standortvorteil zu machen und so den Umbruch nachhaltig und mit den Menschen zu gestalten.

    Zum Forschungsreport: http://digit-dl-projekt.de/forschungsreport-iot/

    Zum Projekt

    digit-DL ist ein Verbundprojekt unter Leitung des Instituts für Sozialwissenschaftliche Forschung (ISF München) in Kooperation mit der IG Metall. Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Programm „Innovationen für die Produktion, Dienstleistung und Arbeit von morgen“ gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut (Laufzeit: Dezember 2013 bis Juni 2018). Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt beim ISF München. Praxispartner im Projekt digit-DL sind andrena objects ag, Continental AG, DB Systel GmbH, Fiducia & GAD IT AG, Software AG, szenaris GmbH und die Taunus Sparkasse. Neben dem Unternehmens- und Transfernetzwerk widmet sich auch der hochrangig besetzte Expertenkreis „Unternehmen der Zukunft“ zentralen Zukunftsfragen und den Herausforderungen der digitalen Wirtschaft.

    Weitere Informationen zum Projekt: http://www.digit-dl-projekt.de

    Kontakt
    Prof. Dr. Andreas Boes (Projektkoordination „digit-DL“), ISF München, Jakob-Klar-Straße 9, 80796 München, +49 (0)89 272921-0, andreas.boes@isf-muenchen.de

    Ansprechpartner für die Presse
    Dr. Jutta Witte, Journalistenbüro Surpress GbR, +49 (0)7472 9487769, jutta.witte@gmx.de, http://www.surpress.org
    Frank Seiß, ISF München,+49 (0)89 272921-78, frank.seiss@isf-muenchen.de,
    http://www.isf-muenchen.de


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    Criteria of this press release:
    Business and commerce, Journalists, Scientists and scholars
    Economics / business administration, Information technology, Mechanical engineering, Politics, Social studies
    transregional, national
    Research results, Scientific conferences
    German


     

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