Der Wissenschaftsbetrieb ist allein auf den Alltag von Männern ausgerichtet. Aktuell zur Situation von Müttern an der RUB hat das Frauenbüro die Studie der beiden Psychologinnen Karin Mohn und Susanne Döblitz herausgegeben.
Bochum, 13.10.1998
Nr. 215
Mehr Zeit für Kinder!
Frauenbüro der RUB legt Studie zu Müttern an der Uni vor
Längere Öffnungszeiten von Betreuungseinrichtungen gefordert
Der Wissenschaftsbetrieb ist allein auf den Alltag von Männern ausgerichtet. Aktuell zur Situation von Müttern an der RUB hat das Frauenbüro die Studie der beiden Psychologinnen Karin Mohn und Susanne Döblitz herausgegeben. Das Projekt wurde durch das NRW-Wissenschaftsmini-ste-rium (MSWWF) unterstützt. Zusätzliche Geldgeber wie das Akademische Förderungswerk (Akafö) und die Gesellschaft der Freunde der RUB finanzierten die parallele Befragung studentischer Männer. Die Autorinnen fordern eine Orientierung an der Situation studierender Mütter und mehr zeitliche Flexibilität der Kinderbetreuungsstätten.
Ermittlung universitätsnaher Kinderbetreuung
Nach Publikationen zum Stand der universitären Kinderbetreuung in anliegenden Ruhrgebietsstädten (Essen, Dortmund, Wuppertal) folgte jetzt auch die RUB mit einer eigenen Untersuchung. Schon die vergangenen Arbeiten argumentierten, daß je arbeitsplatznäher die Kinderbetreuung sei, desto besser die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Mütter sind. Der Unterschied der Bochumer Untersuchung ist, daß hier zusätzlich die Lage der studierenden Mütter und nicht nur die der berufstätigen Wissenschaftlerinnen bzw. Mitarbeiterinnen aus Medizin, Technik und Verwaltung (MTZ) erfaßt wurde. Zudem wurde der konkrete Bedarf an universitätsnaher Kinderbetreuung ermittelt. Mit der Publikation der Untersuchung trägt das Frauenbüro der RUB gehäuften Anfragen, insbesondere von studierenden Müttern, Rechnung.
Verzicht auf Erziehungsurlaub
Die Antworten der gesamten Bochumer Unifrauen bestätigen die bisher gemachten Untersuchungen, daß Mütter aus dem Wissenschafts- oder studentischen Bereich unter erschwerten Bedingungen arbeiten und lernen. Dafür gibt es mehrere Gründe: Die Wissenschaftlerinnen nennen den hohen Qua-lifikationsdruck; erschwerend tritt für sie die Befristung der Stellen hinzu. Nur ein knappes Drittel von ihnen macht vom Erziehungsurlaub Gebrauch, weil sie verschlechterte Berufsperspektiven und den Anschluß zu verlieren befürchten. Die meisten wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen verschieben deshalb die Familiengründung. Bei den festangestellten Unimitarbeiterinnen ist das dagegen anders.
Zu viel Rauch, aber fehlende Wickelräume
Die studierenden Mütter beschreiben die Uniatmosphäre als kinderfeindlich, weil sie ihre Kinder nicht wickeln und keine Mahlzeiten erhitzen können. Auch der Mangel an rauchfreien Zonen wird erwähnt. Zudem wußten nur wenige über Beratungsangebote an der Uni Bescheid. Vor allem bemängeln die Studentinnen ihre finanzielle Misere und schlechte Wohnsituation.
Befragte Männer: Kinder sind Frauensache ...
Trotz der Tatsache, daß für die meisten Unifrauen die Kinderbetreuung mit Studium oder Beruf unvereinbar ist, gaben sich die meisten der ca. 30% befragten Studenten konservativ und sehen laut Untersuchungsergebnis ihre Kinder am liebsten von der Partnerin betreut. In der Erziehung engagieren sie sich selbst aber vergleichsweise wenig.
... Autofahren hingegen Männersache
Arbeitssteilung sehen sie eher sportlich und greifen zwecks alltäglicher Fahrerei zum Hort oder Krippenplatz schnell zum Autoschlüssel. Die meisten Väter verfügen über einen eigenen Verdienst oder leben auf Kosten der Eltern. Studentische Mütter sind dagegen tendenziell vom Partner abhängig, worin die Autorinnen einen Trend erblicken, der sich durch die gesamte Gesellschaftsstruktur zieht. Die wenigsten der Mütter verfügen zudem über ein Auto und benutzen schwer bepackt den öffentlichen Nahverkehr.
Vollzeitbetreuung erforderlich
Aus der Untersuchung ermittelten Mohn und Döblitz den Wunsch der meisten Uni-Mütter nach einer Vollzeitbetreuung für die Kinder sowie Ferienbetreuungsprogramme in der Zeit zwischen 7 und 18 Uhr, wobei das größte Interesse für Kinder unter drei Jahren besteht. Ebenso sind Betreuungen bei Kongressen oder Sitzungen erforderlich; weniger dagegen hält man von Selbstorgansiertem oder Kurzzeitbetreuung.
Mehr Blockseminare und Müttertreffs
Bei den studierenden Müttern erwiesen sich Blockseminare bei der Zeitplanung als hilfreich. Wie die anderen Unifrauen wünschen auch sie sich verlängerte Öffnungszeiten der Betreuungsstätten sogar bis 20 Uhr und auch während der Semesterferien. Im Unterschied zu den wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Mitarbeiterinnen befinden sich die studentischen Kinder eher im Vorschulalter. Darüber hinaus erwarten die Studentinnen mehr Austausch mit Müttern in ähnlichen Situationen.
Kinderlos und zufrieden
An der Untersuchung von Mohn und Döblitz beteiligten sich auch viele kinderlose Frauen im Alter bis 40 Jahre. Die meisten von ihnen waren mit ihrer derzeitigen Situation vollauf zufrieden, d.h. fast 72% können sich nach den Ergebnissen nicht vorstellen, gleichzeitig berufstätig und Mutter zu sein. Befragt nach einem etwaigen Wechsel der Pläne, gaben knapp 66% von ihnen an, sich gleichfalls eine universitätsnahe Kinderbetreuung zu wünschen.
Kinderbetreuung erweitern
Die Ergebnisse der Autorinnen legen deshalb den Schluß nach einer erweiterten Kinderbetreuung mit zusätzlich veränderten Strukturen nahe, bei denen sich die Öffnungszeiten an die universitären Sitzungs- und Arbeitszeiten bis 20 Uhr orientieren. Aufgestockte, uninahe Krippenplätze und bei Schulbesuch uninahe Hortplätze werden von Mohn und Döblitz ausdrücklich als Wünsche der RUB-Frauen herausgearbeitet.
Weitere Informationen
Karin Mohn / Susanne Döblitz: Mit Kindern an die Uni?! Zur Situation von Studierenden, Wissenschaftlerinnen und beschäftigten Frauen in Medizin, Technik und Verwaltung mit Kindern an der Ruhr-Universität Bochum, hg. v. Frauenbüro der der Ruhr-Universität Bochum, 61 Seiten und Anhang. Erhältlich im Frauenbüro der RUB, FNO 02/012, Tel.: 0234-700/7837, Fax: 7094/354, eMail: frauenbuero@ruhr-uni-bochum.de
Criteria of this press release:
interdisciplinary
transregional, national
Research projects, Science policy, Scientific Publications
German
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