idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
07/30/2018 11:57

Lemuren behandeln Magen-Darm-Beschwerden mit Tausendfüßlern

Dr. Susanne Diederich Stabsstelle Kommunikation
Deutsches Primatenzentrum GmbH - Leibniz-Institut für Primatenforschung

    Madagassische Rotstirnmakis kauen auf Tausendfüßlern, um Darmparasiten loszuwerden

    Mit Beginn der Regenzeit kriechen sie hervor: die Geheimwaffen aus dem Medizinschrank der Natur. Madagassische Rotstirnmakis nutzen die großen Tausendfüßler, um sich von Darmparasiten zu befreien. Louise Peckre und ihre Kolleginnen vom Deutschen Primatenzentrum – Leibniz-Institut für Primatenforschung in Göttingen gehen davon aus, dass die Lemuren auf Tausendfüßlern kauen, um durch Darmparasiten hervorgerufene Symptome wie Juckreiz und Gewichtsverlust zu vermeiden und zu behandeln. Ihre Studie ist heute in der wissenschaftlichen Zeitschrift „Primates“ erschienen.

    Nicht nur Lemuren, auch andere Affenarten wie Klammeraffen haben die Angewohnheit, fremde Substanzen oder Materialien über Teile ihres eigenen Körpers zu reiben. Wissenschaftler gehen davon aus, dass dieses Einreiben entweder eine Form der Kommunikation ist, es dazu dient, giftige Substanzen vor dem Fressen zu entfernen oder dass es eine Form der Selbstmedikation bei Krankheiten ist.

    Louise Peckre, Doktorandin in der Abteilung Verhaltensökologie und Soziobiologie am Deutschen Primatenzentrum, hat fünf Gruppen von Rotstirnmakis im Kirindy-Wald auf Madagaskar beobachtet. Dabei hat sie sechs Tiere unterschiedlichen Alters und Geschlechts dokumentiert, die auf Tausendfüßlern kauten. Die Tausendfüßler waren ein paar Stunden nach dem ersten starken Regen der Saison aufgetaucht. Durch das Kauen hat sich eine größere Menge einer orange gefärbten Flüssigkeit gebildet, vermutlich eine Mischung aus Speichel und Tausendfüßlersekret. Anschließend haben sich die Rotstirnmakis mit den zerkauten Tausendfüßlern Haut und Fell rund um Genitalien, Darmausgang und Schwanz eingerieben. Einige Tausendfüßler haben sie nach ausgiebigem Kauen auch gefressen.

    „Die Kombination aus Einreiben und Fressen von Tausendfüßlersekreten könnte eine Art der Selbstmedikation bei Rotstirnmakis sein“, sagt Louise Peckre, Erstautorin der Studie.

    Vermutlich werden die Tausendfüßler deshalb gefressen, weil sie Benzochinon ausscheiden, eine chemische Verbindung, die auch Mücken abwehrt. Das Fressen und Einreiben könnte dazu beitragen, Magen-Darm-Parasiten loszuwerden und speziell gegen bestimmte Nematoden wirken, die bekanntermaßen Hautirritationen rund um den Darmausgang hervorrufen. Diese Würmer und ihre Eier führen bei befallenen Tieren oftmals zu juckenden Hautausschlägen. Der auch für Menschen problematische Madenwurm gehört ebenfalls zu dieser Gattung von Nematoden.

    „Bei unseren Beobachtungen sind uns bei mehreren Tieren kahle Stellen am unteren Rücken aufgefallen, die wahrscheinlich durch wiederholtes Scheuern entstanden sind und damit auf einen Befall mit Nematoden hinweisen“, sagt Louise Peckre.

    Louise Peckre und ihre Kolleginnen vermuten, dass die Lemuren Tausendfüßler nicht nur zur Behandlung, sondern auch zur Prävention nutzen. In weiteren Studien würden die Wissenschaftlerinnen gerne Affenarten, die sich nur einreiben, aber die Tausendfüßler nicht fressen, mit solchen, die sich sowohl einreiben als auch fressen, vergleichen. „Wir erwarten, dass stärker mit Darmparasiten befallene Affenarten mit höherer Wahrscheinlichkeit Tausendfüßler fressen“, sagt Louise Peckre.

    Verschiedene Vogel- und Säugetierarten reiben sich mit Tausendfüßlern ein oder fressen sie. Um sich vor Feinden zu schützen, scheiden die meisten Tausendfüßler eine große Bandbreite von Chemikalien aus, die sedierende, abwehrende, reizende oder toxische Wirkungen haben.


    Contact for scientific information:

    Louise Peckre
    Tel: +49 551 3851-468
    E-Mail: lpeckre@dpz.eu


    Original publication:

    Peckre LR, Defolie C, Kappeler PM, Fichtel C (2018). Potential self-medication using millipede secretions in red-fronted lemurs: combining anointment and ingestion for a joint action against gastro-intestinal parasites? Primates DOI: 10.1007/s10329-018-0674-7


    More information:

    http://medien.dpz.eu/webgate/keyword.html?currentContainerId=4461 - Druckfähige Bilder und Videomaterial
    https://www.dpz.eu/de/startseite/einzelansicht/news/lemuren-behandeln-magen-darm... - Link zur Pressemitteilung auf der DPZ-Website


    Images

    Ein weiblicher (links) und ein männlicher (rechts) Rotstirnmaki mit Jungtier (Mitte).
    Ein weiblicher (links) und ein männlicher (rechts) Rotstirnmaki mit Jungtier (Mitte).
    Foto: Louise Peckre
    None

    Ein Tausendfüßler (Sechelleptus spp.) im Kirindy-Wald von Madagaskar.
    Ein Tausendfüßler (Sechelleptus spp.) im Kirindy-Wald von Madagaskar.
    Foto: Louise Peckre
    None


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Biology
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Ein weiblicher (links) und ein männlicher (rechts) Rotstirnmaki mit Jungtier (Mitte).


    For download

    x

    Ein Tausendfüßler (Sechelleptus spp.) im Kirindy-Wald von Madagaskar.


    For download

    x

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).