idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
08/10/2018 13:54

Harte Zeiten in der Savanne? Die Nahrung von Schimpansen ist zäher als bisher gedacht

Sandra Jacob Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie

    Forschende am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig haben die Materialeigenschaften und Isotopensignaturen typischer Nahrungspflanzen von Schimpansen aus Regenwald und Savanne untersucht und festgestellt, dass der Selektionsdruck auf den Kauapparat bei Savannen-Schimpansen aufgrund der zäheren Kost deutlich größer zu sein scheint als bei Regenwald-Schimpansen. Da der Lebensraum unserer menschlichen Vorfahren dem heute lebender Savannen-Schimpansen ähnelte, war möglicherweise auch das Gebiss früher Homininen in Afrika vergleichbaren Selektionsdrücken ausgesetzt.

    In der Gruppe der Menschenaffen sind Schimpansen allgemein als Früchtefresser bekannt, wobei sie sich aber auch von Blättern und Samen ernähren. Besonders Savannen-Schimpansen – mehr als ihre Verwandten im Regenwald – sind auf diese zusätzlichen Nahrungsbestandteile angewiesen, wobei davon ausgegangen wurde, dass deren mechanische Eigenschaften stark variieren können. Vergleichsdaten für Schimpansenpopulationen in unterschiedlichen Lebensräumen lagen jedoch bisher nicht vor. In einer neuen Studie vergleicht Adam van Casteren vom Max-Planck-Weizmann-Center für integrative Archäologie und Anthropologie am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie nun die Materialeigenschaften verschiedener Pflanzen, von denen sich Schimpansen im tropischen Regenwald von Ngogo (Uganda) und ihre Verwandten in der Baumsavanne des Issa-Tals in Tansania ernähren. Mit Hilfe eines mobilen Materialprüfgeräts bestimmte er die mechanischen Eigenschaften verschiedener Pflanzengewebe und fand heraus, dass die Bestandteile mancher Savannengewächse, wie die Samenschale der Brechnuss (Strychnos), eine deutlich höhere Zähigkeit und Festigkeit aufweisen als Pflanzen aus dem Regenwald. „Überraschenderweise lagen einige Werte sogar über denen, die für die Nahrung von Orang-Utans belegt sind. Dabei ging man bisher davon aus, dass Orang-Utans unter den Menschenaffen die härteste Nahrung zerkauen können“, so van Casteren.

    Die Forschenden ergänzten ihre neu erhobenen Daten mit Kohlenstoffisotopen-Daten aus den Pflanzenproben und aus Haarproben von Schimpansen. Die Analyse dieser stabilen Isotopen kommt unter anderem bei der Rekonstruktion der Nährungsökologie und Habitatnutzung lebender und ausgestorbener Primaten zum Einsatz. Auch wenn die Kohlenstoffwerte in den Pflanzen beider Habitate auffallend ähnlich waren, ließen die Isotopenwerte der Haarproben darauf schließen, dass sich die Savannen-Schimpansen zusätzlich auch von Pflanzen ernähren, die in der offenen Savannen-Landschaft wachsen und von denen einige besonders schwer zu zerkauen sind. Den Forschenden zufolge erleichtern die langen Vorderzähne der Schimpansen den Verzehr dieser zähen Pflanzen. „Während einige Schimpansenpopulationen Werkzeuge zum Knacken von Nüssen verwenden, sind die Savannen-Schimpansen noch immer auf ihre Zähne angewiesen, um an die Inhaltsstoffe der Nahrung zu gelangen. Derart unterschiedliche Selektionsdrücke, denen die Zähne ausgesetzt sind, haben wahrscheinlich auch in der Evolution des Menschen eine wichtige Rolle gespielt”, sagt Kornelius Kupczik, Koautor und Forschungsgruppenleiter des Max-Planck-Weizmann-Centers.

    Zahnmorphologie, Materialeigenschaften der Nahrung und Kohlenstoffisotopen-Analysen sind auch für die Rekonstruktion der Ernährungsweise unserer frühen Vorfahren in Afrika äußerst relevant. „Wenn wir den Zusammenhang zwischen Nahrung, Zahnabnutzung und die dazu gehörenden Isotopensignaturen heutiger Schimpansen besser verstehen, hilft uns das immens, auch die Ernährungsgewohnheiten unserer fossilen Vorfahren zu enträtseln, die vor mehreren Millionen Jahren ebenfalls in der afrikanische Savanne gelebt haben“, schlussfolgert Koautorin Vicky Oelze von der University of California in Santa Cruz und dem Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, die die Isotopenanalyse durchgeführt hat.

    [KK/FP, SJ]


    Contact for scientific information:

    Dr. Adam van Casteren
    Max Planck Institute for Evolutionary Anthropology, Leipzig
    +49 341 3550 860
    adam_van@eva.mpg.de

    Dr. Kornelius Kupczik
    Max Planck Institute for Evolutionary Anthropology, Leipzig
    +49 341 3550 861
    Kornelius_kupczik@eva.mpg.de

    Dr. Vicky M. Oelze
    University of California, Santa Cruz
    phone: +1 831-459-2365
    voelze@ucsc.edu


    Original publication:

    Adam van Casteren, Vicky M. Oelze, Samuel Angedakin, Ammie K. Kalan, Mohamed Kambi, Christophe Boesch, Hjalmar S. Kühl, Kevin E. Langergraber, Alexander K. Piel, Fiona A. Stewart, Kornelius Kupczik.
    Food mechanical properties and isotopic signatures in forest versus savannah dwelling eastern chimpanzees.
    Communications Biology, 10. August 2018, https://doi.org/10.1038/s42003-018-0115-6


    Images

    Das Issa-Tal in Tansania ist ein Lebensraum, der hauptsächlich aus Galeriewäldern und Baumsavannen besteht.
    Das Issa-Tal in Tansania ist ein Lebensraum, der hauptsächlich aus Galeriewäldern und Baumsavannen b ...
    Adam van Casteren
    None

    Die Samenschale der Brechnuss (Strychnos) weist eine deutlich höhere Zähigkeit und Festigkeit auf als Pflanzen aus dem Regenwald.
    Die Samenschale der Brechnuss (Strychnos) weist eine deutlich höhere Zähigkeit und Festigkeit auf al ...
    Adam van Casteren
    None


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Biology, History / archaeology, Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Das Issa-Tal in Tansania ist ein Lebensraum, der hauptsächlich aus Galeriewäldern und Baumsavannen besteht.


    For download

    x

    Die Samenschale der Brechnuss (Strychnos) weist eine deutlich höhere Zähigkeit und Festigkeit auf als Pflanzen aus dem Regenwald.


    For download

    x

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).