idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
09/04/2018 11:33

Verringerung der Stickstoffeinträge verhindert Algenblüten in Seen

Nadja Neumann Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)

    Seit Jahrzehnten wird diskutiert, ob ein verringerter Eintrag der Stickstoffverbindungen Nitrat und Ammonium die Gewässergüte nachhaltig verbessert, obwohl Stickstoff auch durch Blaualgen aus der Luft gebunden werden kann. Um das zu klären fehlten Langzeitbeobachtungen von Seen, in denen Stickstoff verringert wurde – bis jetzt: Wissenschaftler vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) haben nachgewiesen, dass eine Reduzierung von Stickstoff im Berliner Müggelsee der Schlüssel zur Vermeidung von Algenblüten im Sommer ist.

    Bereits in den 1970ern wurden Nährstoffeinträge durch die Landwirtschaft und Abwassereinleitungen als Hauptverursacher für ein übermäßiges Pflanzen- und Algenwachstum in Seen und Flüssen erkannt. Seither setzt man im Gewässermanagement auf eine Verringerung der Phosphoreinträge. „Diese Strategie ist oft erfolgreich, allerdings längst nicht in allen Gewässern: in flachen Seen gibt das Sediment im Sommer große Mengen Phosphor ab. Dann könnte eine Verringerung des Stickstoffangebotes helfen, weil die Algen sowohl Phosphor als auch Stickstoff zum Wachsen brauchen. Bisher fehlten allerdings stichhaltige Beweise dafür, dass die – aufwendigere und teurere – Reduzierung von Stickstoffeinträgen langfristig erfolgreich ist“, erklärt Dr. Tom Shatwell, Gewässerökologe am IGB, den Ausgangspunkt der Untersuchung.

    Langzeitdaten lassen tief blicken

    Für ihre Untersuchung haben die Wissenschaftler Daten aus 38 Jahren (1979-2016) statistisch ausgewertet. Im Rahmen eines Langzeitprogramms werden der Müggelsee und seine Zuflüsse seit den 1970ern wöchentlich beprobt und unter anderem die Konzentrationen von Phosphor und Stickstoff sowie die Artenzusammensetzung der Algengemeinschaften untersucht. Der Müggelsee ist einer der wenigen Seen weltweit, dessen Belastung mit Phosphor und Stickstoff deutlich abgenommen hat und der gleichzeitig schon lange genug untersucht wird, um Rückschlüsse auf die Auswirkungen verringerter Stickstoffeinträge zu ziehen.
    Phosphor war im Müggelsee jeden Sommer im Überfluss vorhanden, weil er aus den Seesedimenten freigesetzt wurde. Die Algenmenge nahm allein durch die Verringerung des Stickstoffangebotes ab – und die Klarheit des Wassers zu. Die Annahme, dass bestimmte Blaualgenarten den fehlenden Stickstoff aus den Zuflüssen langfristig durch Luftstickstoff ersetzen würden, hat sich im Müggelsee nicht bestätigt. Tatsächlich haben sich die Blaualgen nicht vermehrt und kaum Stickstoff aus der Luft gebunden. „Die Fixierung von Luftstickstoff erfordert sehr viel mehr Energie als die Nutzung von Nitrat oder Ammonium aus dem Wasser. Die Blaualgen nutzen diese Methode offenbar nur dann, wenn es unbedingt nötig ist und wenn ausreichend Sonnenenergie zur Verfügung steht“, erklärt Dr. Jan Köhler, Mitautor und Leiter der Arbeitsgruppe „Photosynthese und Wachstum von Algen und Makrophyten“ am IGB.

    Vom Müggelsee lernen

    Bislang ist der Müggelsee das einzige Fallbeispiel im großen Stil. Allerdings ist die starke Freisetzung von Phosphor aus dem Sediment und von Stickstoff aus dem Wasser in die Luft typisch für Flachseen im Sommer, sodass sich viele andere flache Seen ähnlich verhalten dürften. „In jedem Fall sollten die Ergebnisse Ansporn genug sein, um eine gezielte Reduzierung von Stickstoff auch für andere Seen zu testen. Unsere Studie ist ein Baustein für ein effektiveres Gewässermanagement“, fasst Tom Shatwell die Relevanz der Ergebnisse zusammen.

    Über das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB):
    Das IGB ist das bundesweit größte Forschungszentrum für Binnengewässer. Es verbindet Grundlagen- und Vorsorgeforschung, bildet den wissenschaftlichen Nachwuchs aus und berät Politik und Gesellschaft in Fragen des nachhaltigen Gewässermanagements. Forschungsschwerpunkte sind u.a. die Langzeitentwicklung von Seen, Flüssen und Feuchtgebieten angesichts sich rasch ändernder Umweltbedingungen, die Renaturierung von Ökosystemen, die Biodiversität aquatischer Lebensräume sowie Technologien für eine ressourcenschonende Aquakultur. Die Arbeiten erfolgen in enger Kooperation mit den Universitäten und Forschungsinstitutionen der Region Berlin-Brandenburg und weltweit. Das IGB gehört zum Forschungsverbund Berlin e. V., einem Zusammenschluss von acht natur-, lebens- und umweltwissenschaftlichen Instituten in Berlin. Die vielfach ausgezeichneten Einrichtungen sind Mitglieder der Leibniz-Gemeinschaft.
    www.igb-berlin.de/


    Contact for scientific information:

    Dr. Tom Shatwell, Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), Abteilung 1 Ökohydrologie, +49 (0)30 64181 690, shatwell@igb-berlin.de (Interviews in Englisch und Deutsch möglich)

    Dr. Jan Köhler, Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), Abteilung 2 Ökosystemforschung, +49 (0)30 64181 687, koehler@igb-berlin.de, (Interviews in Deutsch und Englisch möglich)


    Original publication:

    Tom Shatwell, Jan Köhler (2018) Decreased nitrogen loading controls summer cyanobacterial blooms without promoting nitrogen-fixing taxa: long-term response of a shallow lake. Limnology and Oceanography. doi: 10.1002/lno.11002


    More information:



    Images

    Probenahme auf dem Müggelsee in Berlin.
    Probenahme auf dem Müggelsee in Berlin.
    Tom Shatwell, IGB
    None

    Mikroskopaufnahme der stickstofffixierenden Blaualge Anabaena crassa aus dem Müggelsee.
    Mikroskopaufnahme der stickstofffixierenden Blaualge Anabaena crassa aus dem Müggelsee.
    IGB
    None


    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars, Students, Teachers and pupils
    Biology, Environment / ecology, Geosciences, Oceanology / climate, Zoology / agricultural and forest sciences
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Probenahme auf dem Müggelsee in Berlin.


    For download

    x

    Mikroskopaufnahme der stickstofffixierenden Blaualge Anabaena crassa aus dem Müggelsee.


    For download

    x

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).